Paris ist eine Messe wert
Gründe, drei Beispiele oder drei Tatsachen aufführe. Zwei kämen mir zu kärglich vor, vier zu üppig.
»Herr Marquis«, sagte Monsieur de La Surie, als wir wieder im Haus von Mylady Markby und in meinem Zimmer saßen, »ich weiß Euch unendlichen Dank, daß Ihr mich
coram populo
1 Monsieur de La Surie nennt und damit jene, die mich als Miroul kannten, daran erinnert, daß ich jetzt ein Landgut besitze und daß der König mich zum Junker gemacht hat. Aber, bitte, Monsieur, wenn wir allein sind, nennt mich doch weiter Miroul und erlaubt, daß ich Euch wie früher Moussu anrede.«
»Ha! mein Miroul«, sagte ich halb lachend, halb gerührt, »ersteres hätte ich längst getan, nur fürchtete ich deine Empfindlichkeit zu verletzen. Was aber den ›Moussu‹ anlangt, klingt er doch zu sehr nach perigurdinischem Diener. Nenne mich Pierre, so wie meine Familie auch.«
»Ha, Monsieur! Darf ich das?« sagte er, offensichtlich gerührt.
»Gewiß! Und, bitte, denke daran, daß du ein Edelmann bist und deinen Adel genauso wie ich durch Gefahren und durch das Schwert gewonnen hast.«
»Pierre«, sagte er, »wie träumte ich davon, Euch dereinst so anreden zu dürfen, wünschte ich mir doch oft, Euch einmal das zu sein, was Monsieur de Sauveterre dem Baron von Mespech gewesen ist.«
»Ach, mein Miroul!« sagte ich und schloß ihn unversehens in die Arme. »Das war gut gesprochen. Aber, wenn schon Sauveterre, kannst du mir zum Glück wenigstens keine Moral predigen, weil du selber die Schürzen jagst wie toll!«
»Bah, wie der Herr, so’s Gescherr!«
»Oder, wie der Diener, so der Herr, Miroul! Wer tummelte sich ungeniert in unserem Haus in der Rue der Filles-Dieu? Und wer hat sich Sorgen gemacht wegen meiner Enthaltsamkeit? Doch hören wir auf mit Herr und Diener, Miroul! Zwar kann ich mich nicht mit dir verbrüdern wie mein Vater und Sauveterre in der Normannischen Legion, weil wir beide Frau und Kinder und getrennte Güter haben. Dafür aber laß uns Brüder im Herzen sein.«
|425| »Mein Pierre«, sagte Miroul, der, sowie Rührung ihn zu übermannen drohte, rasch einen Fluchtweg suchte, »zum Abschluß dieses Gesprächs brauchten wir nur noch ein lateinisches Zitat. Fällt Euch eins ein?«
»Nicht das kleinste.«
»Mir auch nicht!« sagte Miroul lachend.
Der König wurde am 27. Februar in Chartres mit einem Aufwand an Zeremonien geweiht, der Monsieur de Rosny aufbrachte, für ihn, den echten Hugenotten, war das alles »Firle fanz «, wie er mir sagte. Aber dies eine Mal gab ich dem großen Mann nicht recht. Wie Jeanne d’Arc es schon für Karl VII. so richtig verstand, war es für einen König, der sich die Hälfte seines Reiches erst noch erobern mußte, ungemein folgenträchtig, daß er mit allem Gepränge und aller Feierlichkeit geweiht wurde. Hiermit war seine Legitimität vor all seinen Völkern bestätigt worden, und geheiligt durch die Kirche, ihre jahrhundertealten Riten und das wundersame Salböl, ging er aus der Weihe entschieden gestärkt hervor.
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|426| DREIZEHNTES KAPITEL
Am 8. März, als der König von Chartres wiederkam, ließ er mir sagen, er wolle mich zur Nacht sprechen. Denn nachdem Seine Majestät allen seinen Edelleuten Gute Nacht gewünscht hatte und bevor er den wohlbekannten Besuch empfing, nahm er sich immer ein Stündchen für geheimste Anliegen, bei denen er nicht gestört werden wollte.
»Graubart«, sagte er, »der Herzog von Feria hat die Entlassung von Monsieur de Belin verfügt, ausgerechnet jetzt, wo Belin uns in aller Stille ein Stadttor der Kapitale übergeben wollte. Er hat das Verbrechen begangen zu sagen: ›Ich bin Franzose und werde niemals spanisch sein.‹ Das kann ein Herzog von Feria, der feierlichste Idiot der iberischen Halbinsel, eben nicht dulden. Kurzum, Mayenne hat auf Veranlassung Ferias und des Legats Belin abgesetzt und dafür Brissac berufen, der als Erzligist gilt. Trotzdem hat auch Mayenne Paris verlassen, samt Möbeln und Gemälden, was nicht eben von ehernem Vertrauen in die Liga zeugt. Kurz, Graubart, kennst du Brissac? Und ist er so erzligistisch, wie man hört?«
»Sire«, sagte ich, »Brissac ist für meine Begriffe eher guisardisch denn ligistisch. Ich weiß noch, wie er aus Wut zu Guise übertrat, weil der selige König, nachdem Brissac sich in verschiedenen Kämpfen nicht bewährt hatte, über ihn sagte: ›Brissac taugt weder zu Wasser noch zu Lande.‹ Und als die Barrikaden gebaut wurden, die Heinrich III. schließlich aus Paris
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