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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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und eine Jungfer von fünfzehn sind leckere Sachen.«
    |56| »Kann sein«, sagte Poussevent.
    »Und sind zwei Ärsche bekannt, ist hundert Jahre Dank.«
    »Hundert Jahre doch nicht«, sagte Poussevent.
    »Das ist wegen dem Reim, du Schafskopf«, sagte Pissebœuf. »Ich fahre fort. Also, wenn besagter Henricus sich nichts aus Weibern macht, zieht er der Scharte das Kurzschwert vor.«
    »Verstehe.«
    »Also, als Ketzer in diesen Dingen, wie der Béarnaiser in der Religion, kann er nur unser Verbündeter sein.«
    »Nichts dagegen«, sagte Poussevent.
    »He, was seh ich,
Cap de Diou
!« schrie Pissebœuf, indem er, mit vollem Munde kauend, auf die Aufschüttung des Grabens sprang. »Was ist los in diesem beschissenen Saint-Symphorien? Die Wachen sind weg! Was braut sich da zusammen? Herr Hauptmann! Herr Hauptmann!« schrie er nach Monsieur de Rosny, und als Rosny, der mehrere Klafter entfernt stand, ihn nicht hörte, lief er auf seinen Stelzenbeinen zu ihm hin, und hinterher japste der dicke Poussevent: »He, dein Helm, Pissebœuf! Monsieur de Rosny wird dich abkanzeln, wenn du mit nichts auf der Rübe ankommst!«
    Was Monsieur de Rosny auch tat, dann aber dankte er Pissebœuf und lobte ihn für seine Wachsamkeit und schickte einen Arkebusier zu Châtillon hinüber, zu welchem Zweck der Arkebusier Waffen, Rüstung und Kleider ablegte, durch die Loire watete und fluchte: »Dieses Lausewasser ist kälter als tausend Ligistenweiber auf einem Haufen!«
    Kurz darauf ging es wie ein Lauffeuer um, daß der König auf dem Fährkahn von Châtillons Insel herüberkomme, und mit ihm Navarra, der soeben eingetroffen war. Bei Navarras Namen gerieten unsere Leute in einen solchen freudigen Aufruhr, daß sie wild durcheinander zum anderen Inselufer gerannt wären, um ihn zu sehen, hätten Rosny und die Sergeanten nicht mit Stimmgewalt alle in die Gräben befohlen, Helm und Küraß umgeschnallt, Muskete geschultert und die Hand am Radschloß. Alles gehorchte, trotzdem schnatterten leise die Münder.
    »Da kommen unsere beiden Heinriche«, sagte Pissebœuf nach einem Blick über die Schulter, »der eine groß, der andere klein. Der eine Hirsch – oder Hirschkuh –, der andere Bock.«
    »Wer ist der Bock?« fragte Poussevent.
    »Unserer: Du erkennst ihn am Geruch. Poussevent, der Tag |57| ist unser! Der Béarnaiser Bock wird es der Ziege Mayenne besorgen.«
    »Ich glaube eher«, sagte Poussevent ungerührt, »die Ziege nimmt die Hufe in die Hand!« Denn im selben Moment hörte man deutlich Trompeten schmettern und auf der Höhe von Saint-Symphorien zum Rückzug blasen.
    »Sankt Grises Bauch, sie ziehen ab!« rief Navarra, der plötzlich von des Königs Seite vorschnellte und mit seinen kurzen Beinen auf die Aufschüttung sprang. »Ha! mio cozin Mayenne«, rief er auf okzitanisch,
»que cagada!«
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    Worauf unter den Arkebusieren die einhellige Meinung umlief, wenngleich gedämpft und auf okzitanisch, mit Rücksicht auf den König und seine Armee, daß Mayenne sich aus purer Angst vor den Weißschärpen zum Teufel geschert habe, und da solle er ewig braten, Amen!
    Navarra schickte Aufklärer aus, den Vorort zu erkunden, und sie bestätigten bei ihrer Rückkehr, daß Mayenne abgezogen war und nur einige Verstümmelte und Verwundete zurückgelassen hatte. Als wir diese Gefangenen dann verhörten, zitterten sie wie Espenlaub und schlotterten an allen Gliedern, weil sie glaubten, daß sie gehängt würden – immerhin hatten die Aufklärer von Greueltaten in Saint-Symphorien berichtet –, aber Seine Majestät als wahrer König und Christ ließ sie mit unseren eigenen Verwundeten ins Hospital von Tours transportieren, nach beendetem Kampf machte er keine Unterschiede zwischen den Franzosen.
     
    Mit Erlaubnis von Monsieur de Rosny war ich unter denen, die Saint-Symphorien nach dem Überfall inspizierten, Miroul und der Page Moineau schlossen sich mir an, und zu meinem Erstaunen auch Pissebœuf samt seinem Gefährten, »um für meine Sicherheit zu sorgen«, sagte er, aber auch, denke ich, weil er mit eigenen Augen den »Haufen Scheiße« sehen wollte, den Mayenne in dem Vorort hinterlassen hatte, neugierig wie ein Eichhörnchen, mit dem er übrigens den kleinen Kopf auf einem langen, hageren Hals, die hurtigen schwarzen Augen und großen Ohren gemeinsam hatte.
    |58| Und wahrhaftig, da gab es leider viel zu sehen an diesem schönen Maienmorgen: niedergebrannte oder noch brennende Häuser, wo die Unseren zu löschen und zu retten versuchten, was

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