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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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ligistische Städte, in die er sich zurückziehen konnte, um dem Kampf auszuweichen.
    Ich weiß nicht, war es auf dieser Ratssitzung oder etwas später, daß die beiden Könige sich auf die Belagerung von Paris einigten? Der Plan lag jedenfalls schon in der Luft, weil sie an diesem Tag beschlossen, daß Châtillon und Rosny Chartres erobern sollten, welches bekanntlich der Kornspeicher der Hauptstadt war: Wer Chartres hatte, der hatte mit dem Getreide aus der Beauce die Ernährung der Kapitale in der Hand.
    Der Angriff auf Chartres sollte geheim bleiben und sehr schnell erfolgen, Navarra vertraute Châtillon deshalb dreihundert Mann Reiterei und fünfhundert berittene Arkebusiere an, kein Fußvolk, aber Leitern und Gerät, um Mauern zu erklimmen, und Branderraketen zum Sprengen der Tore. Wir zogen in aller Herrgottsfrühe los, um die ligistischen Spione zu meiden; keine Trommeln und Fanfaren, sondern so lautlos wie möglich; unser Ziel kannte niemand außer Châtillon und Rosny, und wir ritten die Strecke von Tours bis Bonneval in einem einzigen Zug, ohne abzusitzen, gegessen und getrunken wurde im Sattel.
    Kurz vor Bonneval trafen wir auf eine kleine ligistische Abteilung, fünfundzwanzig Reiter stark. Bei unserem Anblick flohen sie, doch nahm unsere Vorhut sie aufs Korn, ohne sie vernichten zu können, und machte ein paar Gefangene, durch die wir erfuhren, daß drei- bis vierhundert feindliche Berittene in der Nähe waren. Um sie bei unserem Ritt nach Chartres nicht auf den Fersen zu haben – denn wir konnten uns denken, daß die vorher Entwichenen sie über uns unterrichten würden –, wurde beschlossen, sie anzugreifen. Aber zu meinem Erstaunen schickte Châtillon seine Arkebusiere weiter Richtung Chartres, als halte er seine Kavallerie für ausreichend.
    Zum Kampf kam es unversehens. Als man einen kleinen, aber steilen Hügel erklomm, um die Gegend zu überschauen, sichtete man plötzlich den Feind, der kaum zweihundert Schritt weiter den Hügel von der anderen Seite heraufzog. Das Treffen erfolgte mit furchtbarer Gewalt. Beide Parteien schlugen mit |61| Lanze und Stoßdegen so hart aufeinander ein, daß binnen kurzem über vierzig Pferde und Männer drunter und drüber auf einem Haufen lagen. Dem Himmel sei Dank, ich fiel nicht, obwohl mich eine Lanze um ein Haar getroffen hätte. Mein Stoßdegen brach dicht unterm Griff, den ich meinem Feind mit einer Wucht an den Kopf warf, daß er, glaube ich, Sterne sah, denn ich hatte Zeit, vor dem nächsten Angriff meinen zweiten Stoßdegen vom Sattelbaum zu lösen. Derweile schleuderte Miroul seine Messer rechts und links nach den Knechten, die zwischen unseren Pferden umherliefen, um ihnen in die Weichteile zu stechen. Am schlimmsten ist es in solchem Getümmel, wenn Lanze oder Degen brechen und man auf einmal wehrlos ist, will man nicht die Pistole ziehen, was als letztes Mittel bleibt – aber nur einmal. Und das tat Monsieur de Rosny, als ein ligistischer Reiter, der das ritterliche Gesetz, nach welchem Pagen zu verschonen waren, schändlich mißachtete und den kleinen Moineau, der auf seinem Araber herbeieilte, ihm einen neuen Stoßdegen zu reichen, mit seiner Lanze durchbohrte: Er büßte sein Verbrechen, Rosnys Stahlladung zerschmetterte ihm Kettenhemd und Brust.
    Sosehr Monsieur de Rosny in diesem erbitterten Kampf auch beschäftigt war, »Wische und Stiche« auszuteilen, wie Jeanne d’Arc gesagt hatte, behielt er mich, den Novizen im Krieg, gleichwohl im Auge, und als ich einem fliehenden Feind nachsetzte, schrie er mir nach, es sein zu lassen. Und als ich gehorchte und an seine Seite zurückkehrte, sagte er, das sei keine wahre Flucht, wie ich in meiner Unschuld glaubte, vielmehr lösten sich die Ligisten nur von uns, um sich neu zu formieren und noch wütender anzugreifen. Was sie auch taten, solange ihrer zehn zusammenkamen, eine Standhaftigkeit, die ich bewundern mußte.
    Nach zwei vollen Stunden, die mich ein Jahrhundert dünkten, erlahmte der Kampf, und schließlich gaben die Ligisten auf, indem sie zweihundert auf dem Platz ließen, die wir neben den Unseren begruben, im Tode vereint, wie sie es hätten im Leben sein sollen, Franzosen doch alle und Untertanen desselben Königs. Monsieur de Rosny, dessen Pferd einen Lanzenstoß durch Nüstern und Kiefer erhalten hatte, seinen Reiter aber noch trug, weinte heiße Tränen, als man vor ihm den armen Pagen Moineau in die Erde senkte, von dem er oft gesagt hatte, er sei viel zu flink, als daß ihn je einer

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