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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Paris überschreiten! Und, bei Sankt Grises Bauch! jetzt, nach Bonneval, nach Senlis, wo unsere Waffen überall siegreich waren, ist der Augenblick gekommen! Er ist da! Man muß ihn nur beim Schopf packen! Die Bretagne! das heißt dem Sieg den Rücken kehren, anstatt ihm entgegenzurennen! Wenn der König sich beeilt, wie ich hoffe, meine Freunde, sehen wir bald die Türme von Notre-Dame!«
    Diese glühenden Worte rissen mich hin und erfüllten mich mit einer Begeisterung, die offensichtlich auch die anderen Anwesenden teilten, und wieder einmal, wie noch tausend weitere Male, dachte ich, daß Navarra inmitten seiner Edelleute gleichsam die Hefe im Teig war, allein durch die Kraft seiner Gascogner Sprache, durch seine treffenden, packenden Worte, immer die richtigen im richtigen Moment. Worte, nicht Reden wie bei meinem geliebten Herrn, denn die Rhetorik des Béarnaisers bestand aus Witzen, Spott und Sprichwörtern, ohne jeden Aufputz, derb und stark und so mitreißend, als galoppierte er uns mit geschwungenem Degen voran wie in der Schlacht.
    Wir blieben nur einen Tag in Beaugency, weil Navarra weiter nach Châteaudun wollte, wo sich unsere fünfhundert berittenen Arkebusiere befanden, die Chartres nicht hatten nehmen können. In der Erwartung, daß der König sich entschließe, mit Navarra nach Paris zu marschieren (was zu tun Navarra ihn in täglichen Briefen beschwor), verbrachten wir in dieser guten Stadt an die zehn höchst vergnügte Tage, und ich in dem angenehmsten Quartier, wie ich noch erzählen werde. Meine einzige Enttäuschung war, daß mein Vater, Giacomi und Quéribus bei jener königlichen Armee weilten, welche die Ligisten zu Senlis besiegt hatte, einer Armee, die dem Namen nach der Herzog von Longueville befehligt hatte, in Wahrheit aber der tapfere La Noue, der, wenngleich Hugenotte, ob seiner hohen Tugenden allerseits so geachtet wurde, daß ihn die katholischen Königlichen den »protestantischen Ritter« tauften.
    Das Quartier nun, wo es mir so wohl erging, bewohnte ich nicht gleich, mein findiger Miroul hatte mich zuerst in einem noblen Hause untergebracht, dessen Besitzer, ein Ligist, geflohen war. Doch dort besuchte mich Rosny, fand mein Logis schöner und geräumiger als seins, und ich merkte, daß ihn das grätzte, fühlte er sich doch, trotz seiner jungen Jahre, über mir |65| stehend und als mein Mentor im Krieg. Da ich seinen Hochmut und seine Einbildung kannte (die mindestens so groß wie seine Talente war), bat ich ihn inständig, unsere Wohnungen zu tauschen, die meine, sagte ich, sei für seine zahlreiche Suite doch besser geeignet, während mir, der ich nur Miroul hatte, seine bescheidenere reichen würde. Höflich lehnte er ab, jedoch mit der Miene eines, der belagert werden möchte, ehe er sich geschlagen gibt. Dem kam ich mit besten Worten und Gründen nach, bis er einwilligte, mich zu berauben. Doch liebte er mich von nun an noch mehr, und nicht undankbar und großen Worten hold, machte er sich an Navarras Hof zur Ruhmesfanfare meiner Vortrefflichkeiten.
    »Ha! Siorac, mein Freund«, sagte er leutselig wie Navarra, als er mich nach seinem Umzug besuchte, »ich sehe, Ihr seid hier nicht übel dran, nur mit Eurem Miroul allein. Aber, da ich einmal bei diesem Thema bin, wie kommt es, mein Freund, daß Eure Suite so kärglich ist? Ihr seid kein armer Mann, scheint mir, habt ein schönes Gut in Montfort l’Amaury, und wie ich hörte, war der König gegen Euch sehr freigebig mit Geldgeschenken.«
    »Das ist wahr wie die Bibel«, sagte ich, »und ich muß gestehen, daß ich für einen Zweitgeborenen nicht schlecht betucht bin. Aber bislang war ich mit geheimen Missionen beauftragt und lebte in der Verkleidung eines Kaufmanns; als solcher konnte ich nur Miroul um mich haben, der meinen Commis spielte.«
    »Schön und gut«, sagte Rosny, »aber jetzt seid Ihr beim Heer und lebt mit offenem Visier, da solltet Ihr Euren Rang zeigen und Leute um Euch haben, sonst bemißt man Eure Verdienste nach Eurer Knauserei, die bei einem Kaufmann Tugend ist, aber bei einem Edelmann Laster. Das laßt Euch von mir gesagt sein, der ich sehr sparsam bin mit meinem Gut und über meine Ausgaben täglich Buch führe. Als Nachgeborener wie ich, und ohne ein Erbe in Aussicht zu haben, mußtet Ihr Euch, wie ich, einem Fürsten anschließen. Ich an Navarra, Ihr an den König von Frankreich. In diesem Dienst seid Ihr, wie ich, zu Stand und Wohlstand gekommen, Ihr durch Eure Missionen, ich durch Kriegsbeute. Ihr

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