Paris ist eine Messe wert
habt es, wie man sagt, ›zu etwas gebracht‹, eh’ hundert Jahre um waren.«
»Wieso hundert Jahre?« fragte ich lachend.
|66| »Eine Redensart meines Herrn Vaters, der seinen jüngeren Söhnen immer predigte:
Hundert Jahre leben!
Hundert Jahre streben!
Er meinte damit, daß seine Nachgeborenen sich anstrengen sollten, es ›zu etwas zu bringen‹ und auch zu Herrschaft zu gelangen.«
»Das habt Ihr getan«, sagte ich, »und ich ebenso.«
»Ich habe erst angefangen!« sagte Rosny und hob stolz das Haupt. »Ich stehe erst am Beginn meines Weges, mein Baronstitel ist eine erste Stufe zu den Höhen, die ich anpeile, indem ich Gott, dem Staat und mir aufs beste diene.«
»Welchselbige Höhen ich Euch von Herzen wünsche, Monsieur de Rosny«, sagte ich mit einer Verneigung.
»Und ich Euch nicht minder gönne«, sagte Rosny, sich ebenfalls verneigend, doch merkte ich deutlich an seinem Ton, daß er bezweifelte, meine Höhen könnten auch nur die Hälfte der seinen je erreichen. »Indessen«, fuhr er launig fort, »wäre ich Euch sehr verbunden, Monsieur de Siorac, da Ihr zu meinen Edelleuten gehört, wenn Ihr Eure Suite vergrößern würdet, und somit die meine.«
»Gewiß werde ich das tun«, sagte ich, »da es um Euren Ruhm geht wie um meinen. Aber, ratet mir, wie weit soll ich in dieser Bemühung gehen?«
»Weiter jedenfalls, als Ihr seid, nicht aber so weit wie ich, der ich über Euch stehe, weil der König von Navarra Euch mir übergeben hat. Ihr solltet mein Abbild sein, ohne meinen Glanz nachzuäffen.«
»Monsieur de Rosny«, sagte ich mit neuerlicher Verneigung, »ich höre.«
»Schön, bleiben wir bei meinem Beispiel. Ich habe meinen Leibarzt La Brosse. Dann einen Masseur, einen Narren, einen Koch, einen Wahrsager, einen Komödianten, der mir die Dichter liest, zwei Sekretäre, die Herren Choisy-Morelli und La Fond, zwei Junker, Monsieur La Vergne, den Ihr kennt, und Monsieur Maignan, der in Kürze herkommt, zwei Knappen und vier Pagen.«
»Vier Pagen?«
»Einen für den häuslichen Dienst, der mir Pantoffeln und |67| Leuchter bringt, mein Bett macht, mich bei Tisch bedient, der mir, kurz gesagt, eine Art Kammerfrau ist, allerdings ohne den niederen Gebrauch, den Calvin verdammt – der aber, ach! der im Feld keine Seltenheit ist, nicht mal bei Edelleuten. Zweitens einen Stallpagen, der meine Pferde striegelt. Drittens einen, den ich mit Sendschreiben durchs Land schicke oder auch mit mündlichen Botschaften. Und viertens einen, der im Kampf meine Arkebuse samt Zubehör trägt und mich mit Stoßdegen versorgt, falls einer bricht. Das war die Aufgabe des armen Moineau, Ihr wißt, was aus ihm wurde.«
»Die Pagen eingerechnet«, sagte ich erschrocken, »sind das sechzehn Mäuler zu stopfen und sechzehn Leiber zu kleiden!«
»Was Euch betrifft«, sagte Rosny, »so kommt Ihr mit einem Drittel aus. Wenn Ihr mir glauben wollt, Siorac, mein Freund, dann nehmt Ihr zwei Pagen. Einen fürs Haus und einen fürs Feld. Sodann einen Junker aus guter Familie, der Eure Pistolen lädt, Euch im Getümmel zur Seite steht und Euch am Hof Ehre macht. Dazu einen Waffenknecht und einen Stallknecht. Und Euer Miroul gibt in einem Euren Sekretär und den Aufseher der Pagen, der sie züchtigt, wenn nötig, und nötig ist es, denn kaum aus den Eierschalen, werden diese Schlingel laut und frech.«
Ich sah zu Miroul hin: Sein blaues Auge blickte starr wie Eis und sein braunes tief betrübt. Der Gedanke, daß er bei mir nicht mehr allein regieren sollte, ging ihm wider den Strich.
»Ha!« sagte ich, »das mag alles gut sein, aber woher nehme ich das Brot für so viele Münder?«
»Ja, Ihr müßt Beute machen!« sagte Rosny, die Brauen wölbend. »Der Krieg ernährt seinen Mann. Wenn er ihn nicht tötet. 1580, nach der Einnahme von Cahors, schickte ich meine Leute zur Plünderung der Stadt aus, und sie schafften mir eine Eisenkassette herbei, darin lagen viertausend schöne blanke Ecus. Seitdem, müßt Ihr wissen, gab es keinen Sieg, der mir nicht klingende Münze eingebracht hätte, von den wohlgeborenen Gefangenen ganz zu schweigen, die ich machte und die mir Lösegeld zahlen mußten. Eine Suite hilft einem, Vermögen zu sammeln. Deshalb, Siorac, müßt Ihr Eure Leute gut wählen, nicht nur nach der Tapferkeit, sondern vor allem nach Geschick, flinken Augen, rascher Hand. Mögen sie auch ein bißchen diebisch sein, das schadet nicht, wenn sie nur treu sind.«
|68| Tief befriedigt, die Dinge meiner Häuslichkeit
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