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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Larissa beendete. Und wie hätte es auch anders sein sollen? Weder mein Herz noch mein Körper vermochten ihr jemals gleichgültig zu begegnen, zu ähnlich sah Larissa meiner Liebsten, und weil sie dieser noch viel mehr gleichen wollte, fand ich die Liebe, die ich in den Augen meiner Angelina suchte, immer auch in den ihren, nur ohne die schamhafte Züchtigkeit meiner Gemahlin, sondern gierig und lockend. Wohl mied ich diese Blicke, trotzdem verwirrten sie mich, und weil ich deswegen ein schlechtes Gewissen hatte, strafte ich Larissa für ihr herausforderndes Benehmen, indem ich mich gegen sie mit einer Kälte wappnete, die meinem Empfinden gewiß nicht entsprach und die mir Angelina in ihrer Unschuld so manchesmal zum Vorwurf machte.
    Am Tag nach jenen traurigen Nachrichten besuchte mich Monsieur de Rosny und sagte, nachdem er mir kondoliert hatte, der König hebe die Belagerung von Paris nun auf, weil er sie mit seiner unzureichenden Armee nicht fortsetzen könne, und wolle sich in Dieppe verschanzen. Deshalb habe er, Rosny, von ihm meinen Urlaub erbeten und erhalten, damit ich auf meinem Gut Chêne Rogneux in Montfort l’Amaury genesen und meine Familie über die erlittenen Verluste trösten könne. In seiner geradezu väterlichen Güte (obwohl er zehn Jahre älter |126| war als ich) lieh mir Monsieur de Rosny ein halbes Dutzend Arkebusiere zur Verstärkung meines kleinen Geleits und riet mir, mich gut mit Geld zu versehen, falls ich unterwegs auf papistische Truppen stieße und Lösegeld zahlen müßte. Zum Glück blieb ich davon verschont, denn derzeit trommelte Mayenne alle Eiferer des Reiches zum Kampf gegen ihren legitimen Souverän zusammen.
     
    Wie freudig klopfte mir das Herz in der Brust, als ich im Morgendunst die Türme meiner Baronie erblickte. Mein König hatte mich für meine Dienste so freigebig belohnt, daß ich mir von dem erhaltenen Geld im Lauf der Jahre nicht nur Land hatte hinzukaufen, sondern auch mein Anwesen so bedeutend verstärken können, daß es uneinnehmbar geworden war, außer durch Kanonen. Wohl weiß ich, daß es keine guten Mauern ohne gute Männer gibt und daß auch der stärkste Wall nichts hilft, wenn er nicht stark verteidigt wird. Doch bildeten Rosnys Arkebusiere zusammen mit meinem Gesinde just eine Truppe von zwanzig Mann, denen ich Pissebœuf zum Sergeanten und meinen Junker Saint-Ange zum Hauptmann gab, und die ganze Zeit, die ich dort weilte, exerzierten sie in und außerhalb der Mauern, was den ligistischen Nachbarn wohl einigen Respekt einflößte. Freilich hatten sich die streitbarsten längst zu Mayenne aufgemacht, halb aus Glaubenseifer, halb aus Beutegier, und nur die gemäßigten waren im Land geblieben, oder jene Duckmäuser, die den Entscheid der Waffen abwarteten, bevor sie sich für den Sieger erklärten.
    Der Namhafteste unter diesen war Ameline, der Pfarrer von Montfort l’Amaury, den ich als ersten im Saal meines Hauses antraf und der sich sehr verwunderte, mich zu erblicken. Und listig, einer augenblicklichen Eingebung folgend, verbarg ich ihm meine Verwundung und sagte, ich zöge mich auf mein Gut zurück, weil ich als Katholik Gewissensskrupel hätte, einem hugenottischen König zu dienen, solange sich dieser nicht bekehrte. Pfarrer Ameline lobte meine Skrupel um so mehr, als er dahinter die gleiche Vorsicht vermutete, die auch ihn abhielt, zu früh Partei zu ergreifen. Dank seiner Vermittlung wurde diese Version meiner Heimkehr nach Chêne Rogneux jedenfalls ringsum geglaubt und verbreitet, was mich für die ganze Zeit meines Aufenthalts vor guisardischen Überraschungen |127| wenigstens so gut schützte wie die Vorführung meiner Wehrhaftigkeit.
    Ich hatte den Saal meines Hauses getreu nach dem Vorbild des Saales von Mespech ausbauen lassen, mit einem Kamin an jeder Schmalseite, weil ich es wie mein Vater verabscheute, mir den Bauch zu rösten, während der Rücken vereiste. Außerdem hatte ich die dicken Mauern für eine Wendeltreppe durchbrechen lassen, die zu meinem Schlafgemach und meiner Bibliothek hinaufführte, um den Umweg über lange, windige Galerien zu vermeiden, die an den Bauten unserer Väter das traditionelle Übel sind. Da ich bei meinem Eintritt gesehen hatte, wie Florine über besagte Wendeltreppe verschwand, dachte ich, sie wolle Angelina meine Ankunft melden, und ließ mich samt meiner ausgehungerten Leute um den langen Tisch nieder, den die Mägde sogleich mit Fleisch und Wein eindeckten, um die trockenen Kehlen und hungrigen

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