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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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der Entscheidung seines Herrn, trat einer von Rosnys Sekretären herein, Monsieur Choisy, ein dicker und feierlicher Mann, und vermeldete seinem Herrn zwei Nachrichten, die außerordentlichen Eindruck auf ihn machten: Mantes habe kapituliert, und der König sei in Burg Rosny eingezogen, Rosnys eigener Burg.
    »Wahrhaftiger Gott!« sagte Rosny, indem er Choisy das langatmige Wort vom Munde schnitt, »das ändert alles! Choisy, ruft meinen Arzt! He, Choisy, Choisy! Und ruft Maignan zurück!«
    So dick Choisy auch war, gehorchte er doch augenblicklich und erschien kurz darauf mit besagtem Arzt, Maignan im Gefolge.
    »La Brosse«, sagte Rosny, »bin ich imstande zu reisen?«
    »Nein, Monsieur«, sagte Doktor La Brosse, ein kleiner Mann mit einem Fuchsgesicht.
    »Ich meine nicht, zu Pferd«, sagte Rosny ärgerlich, »son dern auf einer Trage.«
    »Das ist etwas anderes«, sagte La Brosse, »der Rückzug des Admirals Coligny, den er verwundet auf einer Trage bestand, ist ja berühmt! Dennoch solltet Ihr die Gefahren einer solchen Reise nicht unterschätzen.«
    |173| »Ach was, Gefahren!« sagte Rosny in demselben kurz entschlossenen Ton. »Maignan! Wo ist Maignan?«
    »Hier, Monsieur«, rief Maignan und streckte sein langes Gesicht mit den treuen Augen vor, wach wie ein Windspiel, das auf den Befehl seines Herrn wartet.
    »Maignan, laßt schnellstens eine kräftige Trage bauen, aus Ästen, ohne sie erst zu schälen, das würde zu lange dauern, man sieht es sowieso nicht, weil mein Lager drauf kommt. Und blast zum Aufbruch. Sowie die Trage fertig ist, brechen wir auf.«
    »Monsieur, ich fliege«, sagte Maignan.
    Das war nicht nur Redensart, er flog tatsächlich, und der dicke Choisy und der spitzbäuchige La Brosse eilten ihm atemlos nach, obwohl sie mit dem Bau der Trage doch gar nichts zu tun hatten. Aber wenn Rosny einen Befehl erteilte, spritzten seine Leute wohl immer gleich hierhin und dorthin wie Tropfen.
    »Siorac«, fragte Rosny im selben straffen Ton, »seid Ihr in der Lage zu reiten?«
    »Sicherlich, Monsieur«, sagte ich.
    Doch ob groß oder klein, Baron ist Baron, und so wagte wenigstens ich es, meinen Mentor zu fragen, wohin wir gingen und wieso die Eile?
    »Erstens«, sagte Rosny, »will ich zu meinem Schloß, weil der König dort ist. Zweitens möchte ich, daß der König mich in meinem jetzigen Zustand sieht, denn sollte ich an meinen Wunden sterben (was Rosny keineswegs glaubte), weiß er, daß ich für ihn gestorben bin. Drittens gelüstet es mich, meinem König die ruhmreichste aller Trophäen zu überreichen: die Standarte des Herzogs von Mayenne. Und viertens«, setzte er mit kräftiger Stimme hinzu, »da Mantes kapituliert hat, will ich den König um das Gouvernement der Stadt bitten.«
    Beim Ochsenhorn, dachte ich, dieser Mann fackelt nicht lange, den Lohn für seine Dienste einzufordern! Und seine Leute hatte er auch im Griff, denn eine knappe Stunde, jawohl, eine knappe Stunde später, sage ich, waren die Trage fertig, die Pferde gezäumt und gesattelt, die Arkebusiere angetreten, und früher als gedacht – schließlich mußten wir im Schrittempo reisen – war auch der Bestimmungsort erreicht, denn um den Trägern die Auf- und Abstiege über die Berge bei Rouge-Voyet zu |174| ersparen, betraten wir den Marktflecken, der Rosnys Herrschaft unterstand, über die Höhe von Beuvron. So kam es, daß wir zu unseren Füßen die Ebene liegen sahen, die weithin übersät war mit Reitern und Hunden. Und als wir Anwohner fragten, wer die Jäger seien, sagten sie uns, das sei der König! Sie haben richtig verstanden! Um sich von seinem glänzenden Sieg bei Ivry zu erholen, ging unser unermüdlicher König auf die Jagd!
    So ließ Rosny denn die Träger halten, weil Henri, wie es hieß, nach beendeter Jagd zu dem Ort heraufgezogen käme, so daß die Würfel gefallen waren und er gar nicht anders konnte, als uns auf seinem Weg zu begegnen. Und weil diese schicksalhafte Begegnung unmittelbar bevorsteht, leihe ich mir jetzt sozusagen die Augen des Königs, um den Aufzug zu schildern, der sich auf ihn zu bewegte. Denn dieser Aufzug war nichts weniger als dem Zufall überlassen, sondern mit aller Kunst arrangiert.
    Schöne Leserin, da sitzen Sie halb angekleidet in Ihrem Kabinett (ein Schauspiel, das mich stets entzückt), rings um sich geschäftige Kammerfrauen, die eine hält Ihnen den Spiegel, die andere frisiert Ihnen die Haare, eine trägt Ihnen Reispuder und Rouge auf, eine andere legt Ihren Putz zurecht, eine

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