Parker Pyne ermittelt
könnte ihr nichts nachweisen, da sich die Juwelen nicht in ihrem Besitz befinden.«
»Und in diesem Moment wird die Bedeutung des Orts eindeutig klar. Wenn die Juwelen einfach neben die Strecke geworfen worden wären, dann hätte man sie finden können. Daher liegt die besondere Bedeutung auf dem Moment, als der Zug das einzige Mal über das Meer fährt.«
»In der Zwischenzeit haben Sie hier alles für den Verkauf der Juwelen vorbereitet. Sie müssen nur noch die Edelsteine weitergeben, denn der Raub hat ja tatsächlich stattgefunden. Mein Telegramm hat Sie aber rechtzeitig erreicht. Sie sind meinen Anweisungen gefolgt und haben die Schachtel mit den Juwelen bis zu meiner Ankunft für mich beim Tokatlian hinterlegen lassen. Andernfalls hätte ich meine Drohung wahr gemacht und den Fall der Polizei übergeben. Sie haben auch meiner Anweisung Folge geleistet, mich hier zu treffen.«
Edward Jeffries blickte Mr Parker Pyne flehentlich an. Er war ein gut aussehender, junger Mann, groß gewachsen und blond, mit einem runden Kinn und Knopfaugen. »Wie kann ich Ihnen das bloß erklären?«, fragte er hoffnungslos. »Ich muss wie ein gemeiner Dieb auf Sie wirken.«
»Überhaupt nicht«, meinte Mr Parker Pyne. »Im Gegenteil. Ich behaupte sogar, dass Sie geradezu erschreckend ehrlich sind. Ich bin daran gewöhnt, Menschen in Kategorien einzuordnen. Sie, mein sehr geehrter Herr, fallen geradezu zwangsläufig in die Kategorie des Opfers. Nun erzählen Sie mir die ganze Geschichte.«
»Ich kann sie in einem Wort erzählen – Erpressung.«
»Ja?«
»Sie haben meine Frau kennengelernt. Sie haben sicherlich bemerkt, was für eine reines, unschuldiges Wesen sie ist – die das Böse nicht kennt.«
»Absolut, vollkommen.«
»Ihre Ideale sind von bewundernswerter Reinheit. Wenn sie jemals herausfinden sollte – was ich getan habe, dann würde sie mich verlassen.«
»Das bezweifle ich. Aber darum geht es hier auch nicht. Was haben Sie denn getan, mein junger Freund? Ich nehme an, es ist eine Frauengeschichte?«
Edward Jeffries nickte.
»Während Ihrer Ehe – oder vorher?«
»Vorher – oh je, nein, nein. Vorher!«
»Nun, raus damit. Was ist geschehen?«
»Nichts. Überhaupt nichts. Das ist ja der grausamste Teil von allem.«
»Es war in einem Hotel auf den karibischen Inseln. Eine sehr attraktive Frau wohnte im selben Hotel, eine Mrs Rossiter. Ihr Ehemann war ein brutaler Kerl; er hatte furchtbare Wutanfälle. Eines Nachts bedrohte er sie mit einem Revolver. Sie floh vor ihm und kam in mein Zimmer. Sie war halb wahnsinnig vor Angst. Sie – sie bat mich, bis zum Morgen bei mir bleiben zu dürfen. Ich – was hätte ich denn tun können?«
Mr Parker Pyne betrachtete den jungen Mann, und der junge Mann erwiderte seinen Blick mit entwaffnender Rechtschaffenheit. Mr Parker Pyne seufzte. »Anders ausgedrückt und um es ganz offen zu sagen, man hat Sie übers Ohr gehauen, Mr Jeffries.«
»Wirklich –?«
»Genau so war es. Ein sehr alter Trick – aber er ist bei weltfremden jungen Männern oft erfolgreich. Ich nehme an, als Ihre bevorstehende Hochzeit angekündigt wurde, legte man Ihnen die Daumenschrauben an?«
»Ja. Ich erhielt einen Brief. Wenn ich nicht einen bestimmten Betrag überweisen würde, dann würde mein zukünftiger Schwiegervater alles erfahren. Wie ich – wie ich diese Frau ihrem Mann entfremdet hatte. Dass man sie aus meinem Zimmer hatte kommen sehen. Der Ehemann würde die Scheidung einreichen. Wirklich, Mr Pyne, das alles ließ mich wie einen niederträchtigen Schuft dastehen.« Er wischte sich erschöpft über die Stirn.
»Natürlich, ich verstehe. Und daher haben Sie gezahlt. Und von Zeit zu Zeit wurden die Schrauben nachgezogen.«
»Ja. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Rezession hat unsere Geschäfte hart getroffen. Ich konnte einfach nicht genügend Bargeld auftreiben. Dann verfiel ich auf diesen Plan.« Er nahm seine Tasse kalten Kaffees, betrachtete ihn geistesabwesend und trank ihn. »Was soll ich bloß tun?«, fragte er herzergreifend. »Was soll ich bloß tun, Mr Pyne?«
»Sie werden meinen Anordnungen Folge leisten«, sagte Parker Pyne entschieden. »Ich werde mich um Ihre Peiniger kümmern. Was Ihre Frau angeht, so werden Sie sofort zu ihr gehen und ihr reinen Wein einschenken – zumindest teilweise. Der einzige Punkt, der nicht der Wahrheit entsprechen wird, sind die Vorgänge in der Karibik. Sie müssen ihr die Tatsache vorenthalten, dass man Sie –
Weitere Kostenlose Bücher