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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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Information, die du willst, nicht wesentlich mehr wert ist?«
    »Da ist die Tür. Versuch dein Glück da draußen. Du wirst schon sehen, wie lange dein Freund überleben kann, wenn die Kopfgeldjäger und die Miliz an seinem Arsch kleben.«
    Wie auf Kommando erschien auf dem Vid-Schirm eine weitere Nachrichtenmeldung über die Hinrichtung von Razz Retribution. Auf dem Foto konnte ich die Sommersprossen auf Stos blassem Gesicht erkennen. Hinter ihm beugte sich der Motorradfahrer über den Tank der Maschine, den Kopf nach unten gerichtet und den Rücken zur Kamera.
    Daac stieß einen tiefen Seufzer aus und streckte sich wie eine übergroße Ledercouch auf meinem Boden aus. »Also gut, Parrish. Abgemacht. Ich sage es Sto. Und dass du mir bloß gut auf den Jungen Acht gibst.«
     
    In jener Nacht tat ich kein Auge zu. Ich lag in meiner eigenen Wohnung auf dem Boden, während sich in meinem Bett zwei Menschen vergnügten, die ich kaum kannte, und ein dritter so laut schnarchte, dass fast die Gläser und Tassen aus dem Schrank fielen. An geruhsamen Schlaf war nicht zu denken.
    Ich stand sehr früh auf, fühlte mich völlig zerknittert, und mein Herz pochte wie wild. Die Kopfgeldjäger würden nicht lange brauchen, um mich mit dem Verschwinden von Stolowski in Verbindung zu bringen. Es wäre besser, wenn ich ihn aus Torley rausschaffen und nach Plastique bringen würde – möglichst ohne viel Wind zu machen.
    Wir könnten beide bei Doll Feast untertauchen. Sie würde bestimmt ein Auge auf Stolowski werfen und mir ein wenig Geld borgen, damit ich Easy-tell besorgen könnte. Mit Easy-tell konnte man auf simple, aber auch sehr grobe Weise in die entlegensten Gehirnwindungen eines Menschen eindringen. Das Zeug brachte selbst Hartgesottene zum Reden und entlockte ihnen gar minutiöse Details aus dem Unterbewusstsein. Hin und wieder zog das Prozedere allerdings das Erinnerungsvermögen eines Konsumenten in Mitleidenschaft. Das passierte aber nur selten, und in den schlimmsten Fällen endete alles mit einem Kater, der sich Tage lang hinzog.
    Mein Gewissen biss mir bei dem Gedanken daran in den Hintern, aber ich war verzweifelt genug, es zu riskieren.
    Dann war da natürlich noch die Sache mit Jamon. Wenn es ihm mit unserem morgendlichen Tête-à-Tête ernst war, könnte jeden Moment einer seiner Dingomutanten auf meiner Türschwelle erscheinen. Ich musste erkennen, dass meine Wohnung als Zufluchtsort spätestens in vier Stunden ausgedient haben würde.
    Vier Stunden dringend benötigten Schlafs.
    Ich weckte Mei als Erste.
    »Mei? Mei! Komm, wach auf. Dein Bettgefährte muss verschwinden. Heute wird einiges passieren.«
    Mei wurde rasch munter; ich fragte mich ob sie überhaupt geschlafen hatte. Sie kniff dem dürren Rotschopf in den Arm.
    »Du bist echt süß. Lust, irgendwann mal mit mir auszugehen?«
    Sto erwachte mit dem gequälten Kreischen eines Neugeborenen. Der Lärm riss Daac aus seinen Träumen, und er schlug um sich wie ein epileptischer King Kong.
    Ich kam mir vor wie ein Zirkusdirektor in der Manege.
    Das plötzliche Hämmern an der Tür brachte alle abrupt zum Schweigen.
    Als ich die ersten Rufe durch die Türe hörte, wusste ich sofort, dass der Besucher jemand war, den ich nicht sehen wollte. Ich deutete zur Decke hinauf.
    Daac begriff sofort. Welche Versprechung er Stolowski auch immer ins Ohr flüsterte, sie verfehlte ihre Wirkung nicht, und wir schoben ihn durch die mannsgroße Öffnung in der Decke.
    Die Fenster meiner Wohnung waren schon vor Jahren versiegelt worden, und die Decke war der einzige andere Ausweg im Dachgeschoss. Durch das Loch kam man zu einem der Brückenwege, die die Villen miteinander verbanden – enge, schlecht konstruierte Schleichwege über den Dächern des Tert. Es war allerdings nicht ganz ungefährlich, diese Route zu benutzen…
    »Daac«, flüsterte ich, »zieh dich aus.«
    Mei machte sich daran, ihm die Jacke auszuziehen.
    »Wie werde ich dich finden?« Daac starrte mich hilflos an, als würde ich mit seinem einzigen Freund auf der Welt auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
    Als ich mich vom Stuhl abstieß und auf den Dachboden schwang, zog ich einen Comstift aus meinem Anzug und warf ihn ihm zu. Weiß der Teufel, warum ich das tat. Die einzige andere Person, die einen meiner Comstifte besaß, war meine Schwester, die in der nördlichen Hemisphäre lebte. Aber Geschäft ist Geschäft, und der Comstift war für Daac die einzige Möglichkeit, mich zu erreichen, wenn ich erst einmal in

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