Parrish Plessis 01 - Nylon Angel
leben. Hauptsache sie bekommen was zu fressen.«
»Ich habe gehört, dass sie in den Kanälen leben und… und Menschenfleisch fressen.« Sto wurde so bleich wie das Sendesignal auf einem Vidschirm. Seine Sommersprossen stachen wie Hautkrebs hervor.
»Ja«, sagte ich vergnügt, »und am liebsten fressen sie Rothaarige.«
KAPITEL FÜNF
Die Tränensäcke unter Doll Feasts Augen zitterten verdächtig. Sie war einmal eine sehr schöne Frau gewesen, aber der Stress und der andauernde Kampf um ihr Territorium hatten ihre Spuren hinterlassen; ihre Stimme klang rau und heiser, und ihre Haut war übersät mit Runzeln und Falten.
Ich kannte ihren Körper beinahe genauso gut wie meinen eigenen.
»Welchen Nutzen hat er für dich?« Sie nickte in Richtung Sto.
Stolowski saß im hinteren Teil von Dolls Labor, gähnte herzhaft mit weit geöffnetem Mund und schaute sich Pornos an. Inmitten von glänzenden Plastikgesichtern und perfekten Ersatzkörperteilen schienen seine blasse Erscheinung und sein unförmiger Körper völlig fehl am Platz zu sein.
Nachdem ich seinen Hintern durch die dreckigen Dachgeschosse von Shadouville geschleift hatte, hatten wir uns ins Freie gewagt und den Transitzug nach Plastique genommen. Ich hatte ihn in einen der neusten Wagons mit funktionierender CCU-Abschirmung gelotst und gehofft, dass wir uns so die Kopfgeldjäger vom Hals halten konnten.
»Ich glaube, die Cabal Coomera haben ihn in eine Falle gelockt. Einer von ihnen hat Stolowski auf seinem Motorrad mitgenommen, dann hat er Razz mit ihrem Auto in die Luft gejagt. Die Vid-Kameras auf dem Hi-way haben ein schönes Brustbild von Sto geschossen, und die Miliz verdächtigt ihn nun der Komplizenschaft«, sagte ich.
»Das erklärt aber noch immer nicht, warum du dich mit ihm abgibst.«
»Nun, er muss irgendetwas über den Attentäter wissen. Du weißt schon… Narben, fehlende Zähne, solche Dinge oder wie er roch. Unter dem Einfluss von Easy-tell…«
»E-tell? Wie willst du das bezahlen?«
»Du kannst mir doch bestimmt ein wenig Geld borgen, Doll, nicht wahr?«, fragte ich sie nur ungern. Ich hatte nie um etwas gebettelt, kein einziges Mal, doch die Verzweiflung kann einen zu manch merkwürdigen Entscheidungen treiben.
Doll schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Nein. Ich möchte, dass du diesen idiotischen Traum aufgibst, Parrish. Die Cabal Coomera sind ein Männerclub. Jemanden wie dich wollen sie sicherlich nicht in ihren Reihen haben. Selbst wenn du einen von ihnen aufspüren solltest, werden sie dich niemals aufnehmen. Bei ihnen wirst du keine Zuflucht finden.«
»Ich muss von Jamon loskommen, Doll. Begreifst du das denn nicht?« Wut stieg in mir auf. »Du bist wirklich keine große Hilfe.«
In ihrem Gesicht konnte ich Resignation lesen. »Stell dich nicht so an, Parrish. Du weißt doch, wie die Dinge hier stehen. Ich will keinen Krieg mit Jamon. Wenn Tedder erfahren würde, dass ich Ärger mit Jamon habe, würde er mir auf der Stelle in den Rücken fallen, und ich wäre raus aus dem Geschäft. Denk einmal darüber nach. Du könntest dann nirgendwo mehr hin. So wie es im Moment aussieht, kann ich dir nur meinen Schutz anbieten. Akzeptiere dein Leben, so wie es ist, und werd damit fertig.«
Ich starrte sie an.
»Mensch Parrish«, säuselte Doll, »du weißt doch, was ich für dich empfinde. Pass auf: Ich hab ein wenig freie Zeit. Was hältst du davon, wenn wir uns in eine etwas… privatere Umgebung zurückziehen würden, hm?« Sie berührte mein Gesicht.
Ich trat einen Schritt zurück und fühlte mich plötzlich krank. Auf ihre Art manipulierte Doll die Menschen genauso wie Jamon. In dem Moment wäre ich sie alle am liebsten auf einen Schlag los gewesen: Doll, Mondo, einfach jeden, der einen Teil von mir besitzen wollte.
Ich fühlte mich wie eine Ertrinkende.
»Ich brauche etwas Zeit, um mir die Dinge durch den Kopf gehen zu lassen, Doll. Kannst du für ein paar Stunden auf Stolowski aufpassen? Das schuldest du mir zumindest.«
Doll nickte bedächtig; sie war sichtlich traurig darüber, dass ich ihr Angebot nicht angenommen hatte. »Ich werde ein Auge auf ihn werfen. Aber mach keine Dummheiten. Willst du eines meiner Mädchen als Schutz mitnehmen?« Sie schaute mich besorgt an.
»Ich kann selbst auf mich aufpassen.«
»Ja, Parrish. Natürlich kannst du das.«
In Plastique ging es ausgesprochen geschäftig zu. Ich ging zu einer Kaffeebar, die zwischen dem Toxischen Sushi und einem Laden lag, der gefälschte
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