Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
Vom Netzwerk:
Ausweise verkaufte. Ich bestellte einen Whisky-Latte. Als mir die Kellnerin den Drink brachte, wunderte ich mich darüber, wie die Leute dieser Tage ihre Fingernägel verzierten. Die Frau hatte sich zwei lebendige kleine Eidechsen als Lassogram in die Nägel brennen lassen. Die Tiere krümmten und wanden sich, als sie meine Rechung schrieb. Was machten die Viecher nur, wenn sie die Teller abwusch und sich den Hintern abwischte?
    »Süß, nicht wahr?«, flötete die Kellnerin verzückt.
    »Glaubst du an Reinkarnation?«, fragte ich süßlich.
    »Was ist denn das? Eine Art Teufelsanbetung?«
    Ich legte meine Hand auf die ihre, als sie den Kaffee absetzte, und berührte das Lassogram mit einer meiner Lasernadeln. Eine Echse strampelte sich frei; die andere bewegte sich in die falsche Richtung, und ich trennte ihr den Kopf ab.
    »Hey, was machst du da?«, bellte die Kellnerin.
    »Ich bin professioneller Eidechsen-Telepath. Pass bloß auf, dass dir in deinem nächsten Leben nicht auch irgendein Arschloch den Kopf abschneidet.«
    Sie riss ihre Hand weg, stapfte wütend davon und beschwerte sich dabei lauthals über die Idioten, mit denen sie sich bei ihrer Arbeit abgeben musste.
    Ich war recht sanft im Umgang mit Tieren – nein, eigentlich nicht nur mit Tieren, mit allen wehrlosen Dingen. Ich glaube, wenn man selbst lange genug ein schlichtes Dasein fristet, entwickelt man seine eigenen ethischen Grundsätze. Ich war in meinem Leben genug herumgestoßen und missbraucht worden, und der Überlebenskampf war für mich kein Hobby mehr. Er war ein verfluchter Kreuzzug.
    Ich trank einen Schluck von meinem Whisky. Es war eigentlich nicht meine Art, mich sinnlos zu betrinken, aber ich hatte diesem unglaublichen Leder-Hulk Daac versprochen, den Babysitter für seinen knochigen Freund zu spielen, und ich wusste, dass ich Doll nicht länger als ein paar Stunden trauen konnte.
    Vielleicht sollte ich doch noch ein Glas trinken!
    Diesmal schickten sie mir eines dieser Schoßhündchen als Bedienung.
    »Kennst du Mikey?«, fragte ich es.
    »Natürlich, werte Dame.« Seine Stimme besaß einen seltsamen künstlichen Widerhall. »Wir haben alle Doppelgänger. Wir sind alle Brüder.«
    Ich wusste nicht recht, ob das ein Scherz sein sollte.
    Nach dem zweiten Whisky-Latte fühlte ich mich schon wesentlich besser. Milch und Whisky. Unschuld und Laster.
    Als ich ein weiteres Glas ansetzte, erfüllte ein Duft meine Sinne: ätzend und chemisch.
    Ein Priester mit verstaubter, dunkler Kutte, Stehkragen und Hut schlurfte herein und setzte sich mir gegenüber auf das zerrissene Vinylpolster der Bank.
    »Besetzt«, schnappte ich schroff.
    »Schön, dich wiederzusehen, Parrish.«
    Ich blickte zum ihm hinüber. »Ich kenne dich nicht.« Ein kaltes, unangenehmes Prickeln breitete sich auf meinem Rücken aus, und mir sträubten sich die Nackenhaare.
    »Lass uns beten, dass du dich rasch erinnerst.« Er beugte den Kopf nach vorne.
    Der ätzende Gestank wurde immer stärker. Dieser Geruch kam mir vertraut vor. Lang? Io Lang? Ich packte mein Glas, um meine rechte Hand abzulenken, die instinktiv nach dem Würgedraht greifen wollte.
    Lang stieß ein mieses Kichern aus. »Es besteht kein Grund für so… so brutale Methoden, Parrish. Das ist doch nur ein Geschäfts treffen.«
    Ich musterte ihn, um etwas Vertrautes in seinem Gesicht zu finden. Das hier war nicht der Mann, den ich bei Jamons Party kennen gelernt hatte. Seine Nase war krumm und viel zu lang, und seine Haut war gerötet und pellte sich an einigen Stellen. Seine Kutte war mit Rosenkränzen und Kreuzen behängt.
    »Sag bitte nichts«, bemerkte ich sarkastisch, »du bist der eineiige Zwillingsbruder von Io Lang.«
    »Du musst schon noch etwas genauer hinsehen, meine Liebe.«
    Er hob den Kopf, sodass ich sein ganzes Gesicht sehen konnte – und für einen kurzen Moment änderte sich seine Form: die Hautfarbe, die Knochenstruktur, der Ausdruck, und der Mann, der mich vor dem vergifteten Fisch gewarnt hatte, kam unverkennbar zum Vorschein.
    »Wie hast du das gemacht?«, flüsterte ich. Sich zu verkleiden war eine Sache, aber das hier war… reine Magie.
    »Sagen wir einfach, ich habe mir diese Fähigkeit verdient.« Sein Gesicht wurde wieder zu dem des Priesters. »Vielleicht kannst du das auch.«
    Seine Worte ließen mein Herz schneller schlagen. Sofort realisierte ich, was es bedeuten würde, über solch eine Fähigkeit zu verfügen. Ich tat mein Bestes, mir die Aufregung nicht anmerken zu

Weitere Kostenlose Bücher