Parrish Plessis 01 - Nylon Angel
gebannt an. Wenn er wieder angefangen hätte zu heulen, hätte ich ihn in tausend Stücke gerissen und seine Körperteile meistbietend versteigert.
»Wir gehen jetzt runter und suchen nach einer Com-Station. Das wird es dem Verhör-Mechanoiden schwerer machen. Da unten muss er mehr Menschen scannen, wenn er uns finden will. Vielleicht können wir ihn auch ganz abschütteln.«
Meine Ansprache war nicht sehr überzeugend, aber ich verspürte plötzlich das dringende Bedürfnis, mit Stos dickem Freund zu sprechen. In der Tat schien mir das in diesem Moment das Wichtigste auf der Welt zu sein.
KAPITEL SIEBEN
»Wo hast du gesteckt?«
»Hör zu, du Hinterwäldler«, zischte ich das Bild von Daac auf dem Com-Schirm an, »worauf bist du verdammt noch mal aus? Warum bist du so penetrant und rufst mich dauernd an? Du verwandelst meinen Kopf noch in ein Tonstudio.«
Ich merkte, wie Sto versuchte, über meine Schulter zu schauen, und stieß ihn mit dem Ellbogen zur Seite.
Wir waren in eine Villa geraten, die bis oben hin mit Klonen von Topaz Mueno voll gestopft war. Auf dem Boden lagen verschmierte Teppiche, die mit Essensresten bedeckt waren. Von den Decken herab und in den Türöffnungen hingen blutverschmierte Bündel von Fell und Federn.
Ein Geruch, den man so schnell nicht vergaß.
Die Klone sprachen nicht denselben Dialekt wie ich, aber mit gutem Zureden und Händen und Füßen war es mir gelungen, Zugang zu ihrer Com-Station zu bekommen. Gegen Geld natürlich. Im Moment standen sie in einem Halbkreis neugierig und argwöhnisch hinter uns. Es gab ja auch nicht viele Besucher, die durch das Dach zu ihnen kamen!
»Was meinst du mit ›Hinterwäldler‹?« Daac runzelte die Stirn.
»Ich will einfach wissen, warum du mir nicht erzählt hast, dass ihr vom Land kommt?«
Er zuckte mit dem Kopf, als würde er schnell nachdenken. »Würdest du das an meiner Stelle laut rumposaunen?«
Geduld war nicht meine Stärke – und würde es auch nie sein. Ich senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Nun, du hättest es zumindest der Idiotin anvertrauen können, die nichts ahnend durch die Gegend läuft und versucht, deinen Freund zu beschützen.«
»Tut mir Leid.« Er grinste mich seltsam an, als hätte ich etwas Lustiges gesagt.
Ich hatte keine Zeit mehr, mich länger mit ihm zu unterhalten; irgendetwas sagte mir, dass der Verhör-Mechanoide ganz in unserer Nähe war. »Ich muss jetzt verschwinden.«
»Wo seid ihr?«, verlangte Daac zu wissen.
»Warum willst du das wissen?«
»Es geht um unsere Abmachung, Parrish. Ich möchte sie den neuen Umständen anpassen. Ich habe einen sicheren Ort für S… für unseren Freund gefunden. Kannst du mich morgen an der Südgrenze von Tower Town treffen?«
»Du willst unsere Abmachung anpassen?« Wovon redete er da?
Daac zögerte, als kämpfe er mit einem schwierigen Problem. Vielleicht versuchte er aber auch gerade nur, Meis Bondage-Knoten zu entwirren, dachte ich ein wenig lüstern.
»Die Dinge haben sich für uns geändert«, sagte er.
»Für mich auch«, erlaubte ich mir zu erwidern.
»Du wirst dich also mit mir treffen?«
»Ja«, sagte ich und brach die Verbindung ab.
Ich drückte einem der Mueno-Klone etwas von dem wenigen Geld in die Hand, das ich noch besaß. Dann gab ich ihnen ein Zeichen, dass ich durch die Tür im Untergeschoss verschwinden wollte. Sto presste sich dicht an mich und folgte mir enger als mein eigener Schatten.
Ich hasste Männer, die sich wie Klammeraffen benahmen!
Wir schoben uns aus dem Raum heraus und eine kleine Fluchttreppe hinunter. Die Klone scharten sich hinter uns; ihre Nähe war mir nicht geheuer. Ein Hauch frischer Luft drang zu mir, als ich die schwere Eisentür aufschob.
Wir sind fast hier raus, fast in Sicherh…
Plötzlich schrie ein junger Kerl zwischen ihnen auf. Er hielt einen handtellergroßen Bildschirm hoch. Die bekannte Eröffnungsmelodie der One-World Nachrichten ertönte, und eine Beschreibung von Sto schallte aus dem Lautsprecher.
Typisch für diesen verfluchten Tert! Typisch für diese verfluchte Welt! Ein bettelarmes Voodoo-Nest mit Vorhängen aus Hühnergedärm, keine Möbel, aber irgendjemand besitzt einen Mikro-Bildschirm.
Ich stieß die Tür mit voller Kraft auf, um uns schnell aus diesem Loch herauszumanövrieren. In dem Moment löste sich vom Türpfosten über mir ein schweres Federbündel und fiel auf meinen Kopf. Frisches Blut spritzte mir ins Gesicht. Ich versuchte, es abzuwischen, verteilte es aber
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