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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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nur in meinem Gesicht und benetzte meine Lippen damit. Ich versuchte, es auszuspucken, aber das Blut hatte sich schon in meinem Mund verteilt.
    Die Mueno-Klone blieben wie erstarrt stehen – ein Wachsfiguren-Kabinett mit gezückten Messern in den Händen. In ihren Blicken lag etwas, das mir ganz und gar nicht gefiel.
    Ehrfurcht.
    Ein Gefühl durchströmte mich; ein Feuer, das auf meinen Lippen begann, sich in meinem Magen fortsetzte und bald meinen ganzen Körper befiel, als würde ich innerlich verbrennen. Es verschwand jedoch genauso plötzlich, wie es begonnen hatte. Ich fühlte mich schwach und unsicher.
    Ich riss die Federn von meinem Kopf und warf sie weg. Für einen kurzen Moment ging es mir besser. Dann fielen die Muenos auf die Knie und stimmten einen Sprechgesang an.
    Mich verließ der Mut. Ich drehte mich um und rannte. Ich rannte mit Angst in meinem Bauch, als wäre ein verrückter Voodoo-Priester hinter mir her. Ich rannte, bis meine Lungen die Atmung verweigerten und meine Beine sich’ in einen brennenden Haufen unbrauchbaren Fleisches verwandelten. Ich rannte, bis mich ein stechender Schmerz in meiner Seite zwang, mich in einer dunklen Ecke zu verkriechen wie ein kleines Kind.
    Dann schoss mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf: Stolowski.
    Religionen und spirituelle Weisheiten hatten für mich nie eine größere Bedeutung gehabt. In Torley und der südlichen Hälfte des Tert begegnete man solchen Vorstellungen gewöhnlich auch nicht. Das Slag-Viertel hingegen war eine regelrechte Brutstätte von Voodoo, Animismus, Satanismus und Tech-Verehrung.
    Und dann gab es natürlich noch die Cabal Coomera; wobei ich glaube, dass deren spirituelle Haltung doch wesentlich realitätsverbundener war.
    Mich hatte noch nie ein solch eigenartiges Gefühl befallen wie in jenem Augenblick bei den Mueno-Klonen. Und dieser entsetzliche Geschmack in meinem Mund… Egal wie oft ich ausspuckte, er wollte einfach nicht verschwinden.
    Zu allem Überfluss hatte ich nun auch noch Sto verloren.
    Ich schätzte, dass ich gut zehn Klicks zurückgelegt hatte, dazu noch durch enge Gassen und verwinkelte Seitenstraßen, nie in einer graden Linie. Mit Hilfe meines Kompassimplantats glaubte ich die ungefähre Richtung ausmachen zu können, aus der ich gekommen war.
    Aber was wollte ich denn tun? Für nichts auf der Welt würde ich an diesen Ort zurückkehren. Weder für Sto noch für seinen Freund Daac.
    Nichts konnte mich dazu bringen.
    Nada.
     
    Was sollte ihm auch bei den Klonen passieren? Sie würden ihn höchstens mit Hühnerblut einschmieren und ihn in ihrem Voodoo-Club willkommen heißen. Der Verhör-Mechanoide würde ihn dann nicht mehr von den anderen unterscheiden können…
    … der Verhör-Mechanoide! Verflucht!
    Sto den Mueno-Klonen zu überlassen war eine Sache, aber ihn einfach einem Verhör durch die Medien auszuliefern war eine vollkommen andere Geschichte. Außerdem mochte ich ihn inzwischen eigentlich recht gut leiden.
    Ich stieß einen tiefen Seufzer aus.
    Die Abenddämmerung vertrieb den letzten Rest Tageslicht, und ich wanderte zurück in die Richtung, aus der ich gekommen war. Die düsteren Schatten, die sich in den schummrigen Häuserecken herumdrückten, versuchte ich zu ignorieren.
    Bei Nacht allein durch den Tert zu laufen war die beste Methode, in Schwierigkeiten zu geraten, große Schwierigkeiten. Die Situation änderte sich ständig: Ein simpler Gehweg konnte an einem Tag noch völlig verlassen, am darauffolgenden Heimstatt für zwei Familien sein. In der immer schwärzer werdenden Nacht musste ich meinen Schritt schon bald verlangsamen. Ich machte mir ernsthafte Sorgen um Stos Sicherheit. Was würden sie in der Zwischenzeit mit ihm anstellen?
    Insekten sammelten sich um die Fluoro-Lampen, die hier und da einige der wenigen Häuserwände anstrahlten; manchmal warf eine kleine Plastikkerze einen schwachen Schein auf den aufgebrochenen Gehweg, und vereinzelt fielen schmale gelbe Lichtstrahlen zwischen den Vorhängen der Fenster hindurch. Der größte Teil der Gegend lag jedoch in völliger Dunkelheit. Ich widerstand der Versuchung, meine Lampe einzuschalten und wie ein Leuchtturm umherzulaufen; stattdessen versuchte ich, unauffällig zu bleiben, und bewegte mich so leise und vorsichtig wie möglich.
    Mit Einbruch der Dunkelheit stieg die Luftfeuchtigkeit rapide an; wie eine warme, verschwitzte Hand legte sie sich über die Stadt. Feuchtigkeit sammelte sich, rann von den Dächern, und schmutzige Tropfen

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