Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
Vom Netzwerk:
verstreut.
    Ich wertete das als ein gutes Zeichen. Sie wollten Sto lebend. Vielleicht hatten sie bereits Wetten auf seinen Prozess abgeschlossen.
    Prozess? Nun ja, ›Standgericht‹ wäre wohl die bessere Bezeichnung dafür gewesen. Dieses dünne Weißbrot würde keine faire Verhandlung bekommen. Vielleicht hatte ich ihn auch deshalb noch nicht im Stich gelassen. Ich wettete gerne auf etwas, wo die Quoten schlecht standen. Das war das Einzige, bei dem ich häufiger Glück hatte.
    Es gab einige Geschichten darüber, wie die Medien als ›Beobachter‹ bedeutender Ereignisse auftraten: keine Einmischung, objektive Berichterstattung – eine unersetzliche Nachrichtenquelle. Sie verhalfen den kleinen Leuten in der Welt zu ihrem Recht.
    Heute kämpften sie also mit offenem Visier.
    Raubvogel-Piloten besaßen mehr Feuerkraft in ihren Maschinen als die Polizei, und Rechenschaft schuldeten sie nur der Kostenstelle in ihrem TV-Netzwerk. Wenn die Medien Stolowski tot sehen wollten, war er bereits Geschichte.
    Richter, Jury, Henker und Fotograf in einem! »Sag cheese.«
    »Sag was?«, flüsterte Sto.
    Er hockte zitternd neben mir, in einem Badezimmer im vierten Stock. Sto atmete schnell und rang nach Luft.
    »Nichts«, murmelte ich. »Sei leise.«
    Wir hörten die Rotoren des Raubvogels heulen, als der Pilot das Gebäude umkreiste.
    »ACHTUNG, ACHTUNG. AN ALLE MENSCHLICHEN LEBENSFORMEN, DIE SICH IN HÖRWEITE BEFINDEN. SIE HABEN DREI MINUTEN, SICH ZU IDENTIFIZIEREN, BEVOR EIN VERHÖR-MECHANOIDE AUSGESETZT WIRD. WIDERSTAND VERSTÖSST GEGEN DAS PROGRAMMGESETZ DER MEDIEN.«
    Die Nachricht wurde in verschiedenen Dialekten gesendet. Ich fragte mich die ganze Zeit, wann genau diese drei Minuten angefangen hatten: am Ende aller Durchsagen oder am Ende der Durchsage, die man hatte verstehen können? Wenn man so wie ich ohne Spielraum für Fehler arbeitete, waren solche Dinge wichtig.
    »Parrish? Was ist ein ›Verhör-Mechanoide‹?«
    Ich deutete auf das manngroße Loch in der Decke und hob ihn dort hinauf.
    »Ich werde ein Abkommen mit dir schließen, Landei. Sollten wir das hier überstehen, werden wir beide uns mal ausführlich unterhalten. Ich glaube, ich muss dir einige Dinge erklären. Vielleicht sind wir nächste Woche dann noch am Leben. Und jetzt: Schwing deinen Hintern da hoch!«
    Diesmal tat er, was ich ihm sagte. Vielleicht war bei ihm doch nicht alle Hoffnung verloren.
    Das ist der richtige Weg, Mädchen. Du musst positiv denken!
    Ich kletterte hinter Sto her; dabei glitt mir meine Lampe vom Kopf und rollte über den Dachboden. Im Lichtstrahl sah ich Sto von einer fauchenden Katzenfamilie eingekreist. Ich wollte ihnen nicht erzählen, dass Vater Kater heute Abend nicht nach Hause kommen würde; also bahnte ich uns einen Weg und zog Sto hinter mir her. Ich schätzte, dass wir noch knapp zehn Sekunden hatten, bis der Raubvogel-Pilot den Verhör-Mechanoiden aussetzte.
    Wir schafften es, in fünf Sekunden durch einen Verbindungstunnel aufs Dach der benachbarten Villa zu gelangen. Als die zehn Sekunden abgelaufen waren, wurde das Katzenhaus von einer gewaltigen Explosion zerfetzt.
    Nun gut. Vielleicht wollten sie Sto doch nicht lebend haben!
    Ich führte uns noch durch zwanzig weitere Verbindungstunnel und wechselte dabei ständig die Richtung, bevor ich Sto eine Pause gönnte. Meine Lampe ließ ich eingeschaltet und stellte mich an einen der wenigen hohen Träger, um meinen steifen Hals zu strecken. Eine Körpergröße von fast zwei Metern war nicht gerade hilfreich bei dieser Kriecherei. Meine Hände waren abgeschürft und schwarz vor Ruß.
    »Glaubst du, dass sie uns noch immer jagen?«, wagte Sto zu fragen.
    Er beklagte sich nicht, aber er hatte sich die Füße an Splittern und Nägeln blutig gerieben.
    »Ja.« Ich hätte lügen können, aber was hätte das für einen Sinn gehabt? Angst konnte einen Menschen zu Dingen anspornen, von denen er unter normalen Umständen noch nicht einmal träumte – und Sto war nicht gerade risikofreudig.
    Lass dem Kerl noch Luft zum Atmen, Parrish, ermahnte ich mich. Immerhin war er den Dead Hearts entkommen. Vielleicht war das nicht seine Idee gewesen, aber zumindest…
    Ich zuckte unwillkürlich zusammen, als die Dioden in meinem Gehirn wieder versuchten, eine Verbindung aufzubauen, und ich ein Vibrieren in meinem Ohr spürte. Kein Wunder, dass Daac beim Anblick von Meis nacktem Hintern rot geworden war. Er war auch ein Bauerntölpel!
    »Sto?«
    Seine rot unterlaufenen Augen sahen mich

Weitere Kostenlose Bücher