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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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Angeln.
    Im Inneren schlug uns ein beißender Gestank entgegen, der nicht von etwas Menschlichem stammen konnte. Sofort stellte ich meine Geruchssensoren auf eine niedrigere Stufe. Das Würgen hinter mir verriet mir, dass der Gestank Sto heftiger zusetzte. Manche Männer hatten wirklich schwache Mägen.
    Ich bemitleidete ihn… für den Bruchteil einer Sekunde.
    Wir standen in einem Raum, der völlig leer war, abgesehen von einigen verrotteten Brettern. Sto setzte sich auf einen leicht angesengten Holzstapel, den jemand wie eine Bank hergerichtet hatte.
    »Erkennst du denn kein behandeltes Holz, wenn du es siehst?«, fragte ich ihn und erwähnte dabei nicht die schäbige Katze, die sich unter der Bank zusammengerollt hatte und ihr Fell leckte.
    »Behandelt? Womit?«
    »Sie tränken das Zeug mit Pestiziden. Wenn du es verbrennst und den Rauch tief inhalierst, schickt dich das Zeug auf den schärfsten Trip aller Zeiten.«
    Sto sprang auf, als hätte ihn etwas gestochen.
    Eigentlich war es nicht die richtige Zeit für eine ausgiebige Fragestunde, doch meine Neugier gewann die Oberhand. Dieser Typ benahm sich wie ein Lamm, und alle Welt hielt ihn für einen kaltblütigen Killer. Das ergab einfach keinen Sinn.
    »Wo kommst du in Wirklichkeit her, Sto? Ich meine, wo bist du geboren?«
    Ein Schleier legte sich über seine blassgrünen Augen. Seine Lippen begannen zu zittern, und die Worte sprudelten förmlich aus ihm heraus. »Aus den Mid… aus den Midlands. Ich wurde gezwungen, mich einer Gang anzuschließen, den Dead Hearts. Wir… Ich konnte entkommen. Bitte, s… sag niemandem etwas davon.«
    Ich konnte einiges vertragen, doch Heulerei gehörte nicht dazu. Warum eine gute Emotion mit Tränen verwässern? Wenn ich mich schlecht fühlte, wurde ich immer wütend, aber wenn ein Ochse wie Sto vor mir in Tränen ausbrach, dann verwirrte mich das. Sollte ich ihn einfach fallen lassen, so wie der da stand? Oder sollte ich mich um ihn kümmern? Im Fall von Sto tendierte ich eher zu ›Liebe Deinen Nächsten‹ – eine Gefühlsregung, die mir ansonsten eher fremd war…
    Tut er dir Leid, oder bist du ihn leid, Parrish?
    Sto war ein nerviger kleiner Hund, aber nach allem, was ich gehört hatte, war der Tert ein Paradies verglichen mit der Dead-Heart-Minenbau-Gesellschaft. Dort draußen wurden Zwangsarbeiter gefangen gehalten, weil das billiger war als die Instandhaltung der Bergbau-Mechanoiden. Es war eigentlich verboten, Menschen unter Tage arbeiten zu lassen, weil die Minen alt und gefährlich waren; doch niemand wusste wirklich, was sich außerhalb der Grenzen der Megametropole abspielte.
    Es interessierte auch niemanden.
    Australien hatte sich als Land schon seit jeher zur Küste hin orientiert; aber seit es keine Pipelines mehr gab, die das Landesinnere mit Trinkwasser versorgten, waren dort riesige Gebiete vordorrt und der Vergessenheit anheim gefallen. Heute gab es dort nur noch wilde Tiere, Schlangen und einige äußerst brutale Minen-Gangs.
    Sto war es gelungen, einer dieser Banden zu entkommen, und sie hatten sicherlich unlängst ihre eigenen Leute auf ihn angesetzt. Und nun waren auch noch die Medien und die Miliz hinter ihm her, und das alles nur, weil er als Anhalter auf das verkehrte Motorrad gestiegen war. Manche Menschen wurden wirklich mit Pech an den Füßen geboren…
    Mein Ohrstecker vibrierte erneut. Ich musste den Anruf abbrechen, bevor sich mein Kopf in eine Stimmgabel verwandelte.
    »Hör zu Sto. Da draußen schwirrt ein Raubvogel herum. Wir müssen ihn abschütteln und eine Com-Station finden. Ich bekomme Kopfschmerzen, weil dein Kumpel nicht aufhört, dauernd meine Nummer zu wählen.« Ich deutete auf mein Ohr.
    Als Antwort schenkte mir Sto ein schwaches Lächeln, und noch viel schlimmer: Seine blassgrünen Augen wurden feucht und sahen mich voller Vertrauen an.
    Verdammt. Ich hasste Vertrauen.
    Ein dumpfer Knall brachte eine Wand zum Einsturz, und eine blutige, abgerissene Katzenpfote fiel mir vor die Füße.
    Das war ein Warnschuss gewesen.
    Der zweite Schuss traf die Holzstapel, und die Bretter gingen lichterloh in Flammen auf.
    Raubvogel!
    Sto und ich stürmten hustend zur nächsten Treppe, die nach oben führte.
    Der Pilot des Raubvogels hätte ohne weiteres das ganze Gebäude in Schutt und Asche legen können; daher schloss ich, dass er uns lediglich ein wenig Angst einjagen wollte. Andernfalls hätten wir beide längst wie eine der Katzen ausgesehen – einzelne Körperteile, in allen Ecken

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