Parrish Plessis 02 - Code Noir
in seinem Kopf einen Schalter umzulegen. Er zielte genau auf den Kopf der Spinne. Es fiel ein ohrenbetäubender Schuss, und die umherfliegenden Innereien der Spinne spritzen mir ins Gesicht.
Das war wirklich knapp, Roo!
Glida war es inzwischen gelungen, eine Seite des Netzes zu durchtrennen. Ich rollte mich zur Seite, als Roo ein zweites Mal feuerte. Der Schuss sprengte den Torso und die Beine der Spinne weg. Sie zersprangen in tausend einzelne Sensoreinheiten, die wie kleine Käfer über mich herfielen und mir in Nase und Ohren krabbelten.
Eine existentielle, abgrundtiefe Angst überfiel mich.
Der Eskaalim labte sich in dem Gefühl. Mein Körper begann zu glühen, und ein kochender Schmerz durchfuhr mich so wie einst, als eine Frau versucht hatte, mich zu vergewaltigen.
Aus meiner Brust drangen wilde Schreie. Ein Bild erschien vor meinem inneren Auge… Parrish, wie sie lebendig verbrannte. Ihre Haut und ihr Fleisch schmolzen in dem Feuer und lösten sich von den Knochen ab.
Das Netz gab mich frei. Ich brannte. Dann kam endlich die Erlösung. Ein Junge umarmte mich und erstickte die Flammen mit seinen mechanischen Armen und Beinen.
Mein Körper kühlte langsam ab. Mit der Kälte erlangte ich das Bewusstsein zurück und hörte den Sprechgesang der Schamanen. Der Klang ihrer Stimmen linderte meine Schmerzen wie eine Heilsalbe.
»Sie lebt. Aber sie ist sehr schwach«, hörte ich jemanden sagen. Ich versuchte, die Stimme einem Gesicht zuzuordnen.
»Was tust du?« Eine andere Stimme; sie klang scharf und bedrückt. Ness.
»Lasst sie.« Das war Glida-Jam. »Vielleicht hilft das.«
Was geschieht mit mir?
»Ruhig, Parrish.« Klare Worte, die einem losen Mundwerk entstammten. »Wombebe und Tug werden dir helfen.«
Wombebe? Ja, ich erinnere mich. Großer runder Kugelbauch. Wombebe.
Ich brachte ein schwaches Lächeln zustande. Ihre Hände fuhren über meinen Körper und töteten den Schmerz. Dort wo mich Wombebe berührte, schien sich eine dünne Kruste auf meiner Haut zu bilden. Sie linderte meine Pein. Das Leben war so leicht ohne Schmerz, aber auch so ermüdend…
Ich öffnete die Augen. Mein Körper fühlte sich steif und gefroren an.
»Was um alles in der Welt…?«
Über meinem Kopf stand noch immer der große Vollmond am Himmel. Dann schoben sich die Gesichter der Masoops und Schamanen in mein Blickfeld, die in einem Halbkreis um mich herum standen. In ihren Blicken lagen Erleichterung und noch ein anderer Ausdruck, den ich nicht beschreiben konnte.
Loser wimmerte an meiner Seite, das struppige Fell zu kleinen, schwarzen Locken verkohlt.
Roo hockte abseits von uns mit gesenktem Kopf an einer Hauswand.
»Warum starrt ihr mich alle so an?«
Ness legte mir seine Kutte um die Schultern. Ich blickte an mir herunter, als würde ich den Körper eines anderen Menschen betrachten. Mein Hemd war verbrannt, und von der Gürtellinie ab aufwärts war ich nackt. Meine Hose war schwarz verkohlt, als hätte ich zu nahe an einem offenen Feuer gestanden. Sogar auf meinen Stiefeln hatten sich Brandblasen gebildet.
Wombebe ergriff meine Hand und lächelte zum ersten Mal, seit ich sie kannte. »Du bis’ so schooon.«
Meinte sie etwa »schön«? Das konnte nicht sein. Ich war noch nie schön gewesen. Oder hatte sich etwas geändert?
Sie erzählten mir, was geschehen war, während Roo Wache stand. Glidas Blick fiel auf ihn. »Roo fühlt sich nich’ gut. Das Spinn’-Maschine hat ihn erschrock’n.«
Langsam setzte sich das Puzzle in meinem Kopf wieder zusammen.
»Die Spinnen-Maschine? Hast du so etwas schon einmal gesehen, Glida?«, fragte ich.
Sie dachte einen Moment lang nach. »Nein, so eine nich’. Aber and’re… Nachts komm sie raus und verändern alles.«
Ich versuchte, sie mit einem Lächeln zu ermutigen, was mir aber nicht gelang; stattdessen machte ich wohl ein ziemlich ratloses Gesicht. »Was ist das auf meiner Haut?«
Ness beantwortete die Frage. »Deine Verbrennungen waren tödlich. Wombebe hat sie irgendwie geheilt. Aber es ist eine… Narbe zurückgeblieben.«
Ich mochte den Unterton in seiner Stimme nicht.
Wombebe hatte ihren Namen gehört und kroch zu mir herüber. »Bis’ so schooon, Parrish.«
Ich berührte meine Wange.
Meine Haut fühlte sich wie die Schuppen eines Fischs an.
KAPITEL SECHZEHN
Ich strich mir mit dem Handrücken über den Wangenknochen.
»Wie sehe ich aus?«
»Parrish sieht aus wie ich«, fand Wombebe. Sie steckte den Daumen in den Mund, wankte von
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