Parrish Plessis 02 - Code Noir
sorgsam zu behandeln. »Vorsichtig, vorsichtig«, meckerte er in weinerlichem Ton. »Behandelt sie wie rohe Eier.«
Die Installation meines Waffentresors überwachte ich persönlich. Raul und ich stellten sicher, dass niemand mein Arsenal stehlen würde, ohne dabei sich selbst und das gesamte Haus in die Luft zu jagen.
Minoj hatte mir außerdem eine Gewehrsammlung mitgebracht, die ich in Augenschein nahm. Ich suchte mir zwei Dutzend guter Waffen aus, bedauerte, dass ich keine Zeit hatte, sie zu testen, und schloss sie im Tresor ein.
Bevor ich die schwere Metalltüre wieder schloss, holte ich die kleine Kiste mit den Hautstücken aus der Tasche. Ich warf einen genauen Blick auf die Tätowierungen und versuchte, sie zu entziffern: Es war eine Reihe von Symbolen, die in der Mitte abgeschnitten waren. Ohne die Hautflächen, die einmal an diese Stücke angegrenzt hatten, würden sie nur unlesbare Hieroglyphen bleiben. Ich atmete betrübt aus und legte die Kiste in den Tresor. Hier würde sie sicher sein, bis ich herausgefunden hatte, wie mir diese Hautstücke helfen konnten.
Dann ging ich zu Minoj hinüber.
»Ich werde jetzt aufbrechen«, sagte ich.
Raul blickte mich abschätzig an. »Dies ist das erste Mal seit fünfzehn Jahren, dass ich eine Installation persönlich überwache, und du machst dich einfach aus dem Staub. Manieren sind das.«
»Teece wird sich um dich kümmern.«
Die beiden Männer sahen sich misstrauisch an. Sie waren beinahe wie zwei ungleiche Zwillinge. Äußerlich unterschieden sie sich voneinander – Teece, der überdimensionale Motorrad-Surfer-Typ; Minoj, der schmierige Krüppel –, doch was das Geschäftliche betraf, befanden sie sich auf Augenhöhe. Die Verhandlungen über den Preis für Rauls Arbeit würde zwischen den beiden zu einem wissenschaftlichen Disput ausarten.
»Ich möchte, dass du dieses Haus in einen Bunker verwandelst«, verlangte ich von Minoj. »In der letzten Zeit sind hier mehr Leute unkontrolliert hereinspaziert, als in eine Transitzug-Station.«
Minoj entließ mich mit einem Wink seiner überlangen Fingernägel und machte sich an die Arbeit.
Teece ergriff meinen Arm.
Beinahe hätte ich ihn einfach abgewiesen, besann mich dann aber eines Besseren.
Mit klarem, durchdringenden Blick sah er mich an. »Ich werde hier alles für dich regeln, Parrish. Tu mir nur einen Gefallen: Komm bitte wieder heil zurück.«
Ich nickte und lächelte ihn an.
Vielleicht verdiente ich die zweite Chance nicht, die er mir soeben angeboten hatte.
Doch ich würde sie nutzen.
KAPITEL SIEBEN
Ich beschloss, zunächst Pas aufzusuchen. Er würde mir vielleicht nützliche Hinweise geben können, und ich hatte ohnehin noch einige Dinge mit ihm zu klären.
Ich nahm den Weg durch den Stretch und kaufte unterwegs ein neues Paar Würgedrähte und ein billiges, glänzendes Seidenkostüm von einem zerzausten Straßenhändler. Ich wollte meine Mission nicht ohne Ersatzkleidung im Gepäck antreten. Früher, als ich noch mit weniger Geld hatte auskommen müssen, hatte ich mir möglichst schrille Sachen zugelegt. Heute trug ich lieber etwas Dezentes, das keine Aufmerksamkeit erregte.
Roo folgte mir in kurzem Abstand und kaute auf einem Schaschlikspieß herum; für einen Jungen, dessen Körper zur Hälfte aus mechanischen Teilen bestand, konnte er beachtliche Portionen verdrücken.
Bevor ich aufgebrochen war, hatte Raul Minoj mir noch ein Gurkha-Messer in die Hand gedrückt. Ich schob es in eine Seitentasche meines Rucksacks und betete zum großen Wombat, dass ich es nicht würde benutzen müssen.
Ich beobachtete Roo, während wir uns langsam dem Mueno-Gebiet näherten. Sein Äußeres war eine unwürdige Mischung aus stromlinienförmigen Titaniumgliedmaßen und dem weichen Körper eines Kindes. Ein verträumter Ausdruck lag auf seinem sanften Gesicht, doch in seinem Inneren lauerte der Instinkt eines eiskalten Killers. Kleine, flohähnliche Tiere hausten in seinen Haaren – dabei hatte er sie sich gerade erst gewaschen, woran sich die Tiere aber nicht im geringsten störten, im Gegenteil, sie schienen sich nun sogar noch schneller zu vermehren. Roo kratzte sich unentwegt.
Persönlicher Vermerk: Schlafe niemals in Flohsprungnähe zu diesem Kind.
An der äußeren Grenze von Torley passierten wir ein Gebäude, bei dessen Anblick ich abrupt stehen blieb. Meine Kehle war wie zugeschnürt. In jenem Haus waren zehn Schamanen bei dem Versuch gestorben, den Eskaalim in mir durch ein
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