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Parrish Plessis 02 - Code Noir

Parrish Plessis 02 - Code Noir

Titel: Parrish Plessis 02 - Code Noir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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ich froh, dass er zumindest seinen Stolz nicht verloren hatte, denn schließlich war das das einzige, was in seinem Leben etwas bedeutete. Del Morte hatte eine neue Krebsvariante entdeckt, mit der er die Robokids infiziert hatte: Es war eine Art chemische Blutung, die die Robokids langsam von innen heraus zerstörte. Nun, da Del Morte verschwunden war, wusste niemand, wie man diese Krankheit aufhalten konnte. Andererseits interessierte sich auch niemand wirklich für das Schicksal der Robokids.
     
    Es war bereits weit nach Mitternacht, als wir endlich Pas’ Haus erreichten. In weite, schmutzige Seidenhosen gekleidet und eine rote Schärpe um den Oberkörper gewickelt saß er auf den Stufen seiner Villa und hielt Hof über eine verstreute Ansammlung von Muenos, von denen jeder eine Ikone oder ein Klagesymbol an seine Brust presste.
    Als wir näher kamen und unsere Schritte laut von den Wänden der umliegenden Villen widerhallten, zückten die Muenos instinktiv ihre Messer. Nur Pas blieb ruhig.
    »Oya!« Er machte eine ausladende Geste, als hätte er mich bereits erwartet.
    Vielleicht war er wirklich über mein Kommen informiert; die Muenos bewachten ihre Grenzen intensiver als jeder andere im Tert.
    Ein anerkennendes Raunen ging durch die Menge. Ich hatte mir hier mit meinen Taten einen Namen gemacht – wobei ich eigentlich nichts Außergewöhnliches getan hatte. Ich hatte eine Kanratte getötet, die von den Muenos ›die Große‹ genannt worden war. Und dann war mir ein Bündel gesegneter Federn auf den Kopf gefallen, als ich verzweifelt versucht hatte, einer Voodoo-Session zu entkommen.
    Auf sonderbare Weise hatten die Muenos diese beiden Ereignisse mittlerweile in den Status von Legenden erhoben. Die Klone betrachteten mich als die menschliche Inkarnation ihrer Kriegergöttin Oya, der Hüterin der Pforte des Todes. Nun musste ich mit dem ermüdenden Nebeneffekt leben, dass die Muenos jedes Mal eine ausschweifende Zeremonie abhielten, wenn sie meiner angesichtig wurden.
    Ich hatte mir bereits einige Male überlegt, die Rolle der angebeteten Gottheit abzustreifen, doch Pas hatte sich in der Vergangenheit um die Straßenkinder gekümmert und mir im Krieg gegen Jamon Mondo zur Seite gestanden. Und davon einmal abgesehen: In gewissen Situationen konnte es sich als absoluter Vorteil erweisen, eine Göttin zu sein. Zudem konnte ich als Frau der Umgarnung der Muenos nur schwer widerstehen.
    Pas und ich hatten also so etwas wie ein geheimes Abkommen: Ich würde als Oya dafür sorgen, dass er der Anführer der Muenos blieb, und im Gegenzug würde er meinen Befehlen gehorchen.
    »Ich muss mich sofort waschen, Pas. Ich habe kontaminiertes Wasser abbekommen«, sagte ich, ohne ihm Zeit für eine lange Begrüßung zu geben.
    Er winkte mich in sein Haus hinein. »Mi casa es su casa, Parrish!«
    »Kümmere dich um den Jungen!«, rief ich über meine Schulter hinweg und verschwand durch die Türöffnung.
    Pas’ Haus unterschied sich nicht von denen anderer Muenos, abgesehen von einer Com-Station und einem abgetretenen Teppich: Hühnerfedern, Kruzifixe und Amulette lagen in den Räumen verteilt, und in den Schrankregalen stapelten sich unzählige Kerzen. An einem Ort wie diesem hatte ich mich mit dem Eskaalim-Parasiten infiziert.
    Pas’ ausgemergelte Frau lenkte mich mit einem Nicken ihres kahlgeschorenen Kopfs in ein Hinterzimmer. Der Raum war vollständig mit schäbigen Fliesen ausgelegt. In seiner Mitte fing ein Abflussgitter das Wasser aus einem Schlauch auf, der lose von der Decke baumelte. Das andere Ende des Schlauchs war mit einem großen Bottich verbunden, an dessen Seite der Aufsatz eines funktionstüchtigen – das hoffte ich zumindest – Biofilters herausragte. Ich zog mich aus und stellte mich unter den schwachen Wasserstrahl. Danach hing ich meinen Lederanzug zum Trocknen auf und zog mein neues Kostüm an.
    Als ich damit fertig war, ging ich zu Pas in den Com-Raum hinüber. In einer Ecke des Zimmers entdeckte ich ein hässliches Möbel, das ich gehofft hatte, nie wieder zu sehen: den Knochen-Thron. Als ich das letzte Mal auf diesem Ding gesessen hatte, hatte mich eine Vision überfallen, die mir noch Tage später Kopfschmerzen bereitet hatte.
    »Oya.« Pas bedeutete mir, auf dem Thron Platz zu nehmen.
    Mit einem strengen Blick wollte ich Roo davor warnen, eine unpassende Bemerkung zu machen, doch ich sah, dass er ohnehin damit beschäftigt war, sich mit einem seiner Sprungmesser eine schleimige Mischung aus

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