Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Parrish Plessis 02 - Code Noir

Parrish Plessis 02 - Code Noir

Titel: Parrish Plessis 02 - Code Noir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
Vom Netzwerk:
Merry 3# hätte sich sicherlich über diese Modesünde echauffiert, doch als Arbeitsgerät war die Lampe unentbehrlich. In ihrem schwachen Schein erkannte ich die üblichen Dachsparren, Spinnenweben und Staubflusen: Ich befand mich ohne Zweifel auf dem Dachboden einer Villa. Dem Schmutz nach zu urteilen, hatte niemand den Speicher in letzter Zeit betreten. Unweigerlich erinnerte ich mich wieder an die Schimmelflecken, die ich an der Decke unseres Zimmers bewundert hatte, und ich konnte nur inständig beten, dass der Fußboden mein Gewicht aushielt.
    Mit Hilfe meines Kompassimplantats hatte ich rasch die Richtung bestimmt, in die ich mich bewegen musste. Wie ein Buckliger stand ich gebeugt unter dem schrägen Dach und dachte über meine Optionen nach.
    Für gewöhnlich verfügte jede Villa im Tert über einen Verbindungstunnel auf dem Dachstuhl, über den man in eines der angrenzenden Häuser gelangte. Der Verbindungstunnel dieser Villa wurde von Müll und nutzlosen, aber riesigen Plasma-Resten versperrt. Ein kurzer Blick genügte, um zu erkennen, dass das Dach noch völlig intakt war. Mir blieben also zwei Möglichkeiten: Entweder suchte ich mir einen Weg hinaus auf das Dach, was wohl sehr viel Lärm machen und Aufsehen erregen würde, oder ich räumte einfach den Müll vor dem Tunnel zur Seite.
    Ich entschied mich für Letzteres.
    Wenige Minuten später kroch ich im staubigen Schmutz herum und ärgerte mich über eingerissene Fingernägel und Holzsplitter in meinen aufgeschürften Händen. Das einzig Positive an der ganzen Angelegenheit war, dass ich den Cabal-Dolch als wundersame Allzweckwaffe entdeckt hatte. Egal aus welchem Material sie das Ding gefertigt hatten, eines war sicher: Wenn ich dieses Abenteuer überlebte, würde ich es herausfinden und mit Raul Minoj einen blühenden Vertrieb solcher Waffen aufbauen.
    Ich schnitt einen großen Kreis in die Mauer aus Plasma-Resten und durchbrach sie mit ein paar kräftigen Fußtritten – der Karateunterricht machte sich also doch noch bezahlt.
    Ohne vorher zu erkunden, was mich auf der anderen Seite des Verbindungstunnels erwartete, kroch ich mit dem Kopf voran durch die Röhre.
    Das war ein Fehler.
    Meine Hände, mit denen ich mich langsam vortastete, berührten etwas Lebendiges. Ich neigte den Kopf zur Seite, und zu meinem Entsetzen erkannte ich im Schein der Minenlampe einen zusammengerollten Python, der hier oben augenscheinlich überwintern wollte. Das hätte er sicherlich auch ungestört tun können, wenn ich ihn nicht unvorsichtigerweise aufgeweckt hätte.
    Die Schlange bewegte sich langsam, als wäre sie noch völlig schlaftrunken. Pythons besaßen keine Giftzähne, doch ihr Biss war äußerst schmerzhaft und verursachte meist eine Blutvergiftung.
    Bevor mich der Python angreifen konnte, packte ich ihn reflexartig hinter dem Kopf und kroch aus dem Tunnel hervor. Bis ich wieder auf den Beinen war, hatte sich die Schlange bereits um meine Arme und meine Schultern geschlungen.
    Der Schrecken lief mir kalt den Rücken hinunter. Ich atmete einige Male tief durch, um mich zu beruhigen. Es wäre eine Schande gewesen, den Python zu töten; es gab ohnehin nur noch sehr wenige einheimische Tiere in Australien, und die Schlangen sorgten dafür, dass die Rattenplage nicht überhand nahm. Dennoch: Ich war ein wenig in Eile. Ich musste meine ganze Kraft aufwenden, um mich von dem mächtigen Leib zu befreien.
    Und was jetzt, Parrish? Wenn ich den Python wieder freigab, würde er mich sicherlich beißen. Andererseits: Wenn ich das Tier gut in meinem Rucksack verstaute, würde es mir vielleicht noch einmal nützlich sein. Die Zahl der Menschen, die nicht in Panik ausbrachen, wenn man ihnen eine Schlange vor die Nase hielt, war äußerst gering.
    Ich schob den Python etwas ungeschickt, aber äußerst vorsichtig in meinen Rucksack und schnürte ihn fest zu. Das Tier versuchte mit verzweifelten Bewegungen, der Falle zu entkommen, blieb schließlich jedoch ruhig liegen.
    Ich seufzte. Erst die Kanratte und jetzt der Python – so konnte es nicht weitergehen. Wenn ich weiterhin alle Tiere einsammelte, die meinen Weg kreuzten, würden mich die Leute am Ende noch für eine Tierschützerin halten.
    Nachdem ich die Verschlusslaschen des Rucksacks noch zwei weitere Male kontrolliert hatte, schwang ich das Bündel auf meinen Rücken. Dabei versuchte ich, jeglichen Gedanken daran, dass sich der Python befreien und mich erwürgen könnte, möglichst aus meinem Gehirn zu verbannen.

Weitere Kostenlose Bücher