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Parrish Plessis 02 - Code Noir

Parrish Plessis 02 - Code Noir

Titel: Parrish Plessis 02 - Code Noir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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plötzlich hell aufleuchtete und dann langsam porös wurde. Die Söldner versuchten, von der anderen Seite durchzukommen.
    Loyl sah dem ganzen wie versteinert zu.
    »Los, beweg dich!«, rief ich nochmals.
    Er ignorierte mich, warf sich flach auf den Boden und feuerte mit der Sprag auf das Plasma.
    Falls er mir damit Zeit verschaffen wollte: Er brauchte nicht den Helden zu spielen; das war mein Job.
    Ohne lange zu zögern, kroch ich in die Ventilatoröffnung. In engen Schächten und Versorgungsleitungen herumzukriechen, wurde allmählich zur Gewohnheit. Das letzte Mal war ich durch einen Wäscheschacht vor den Milizen geflohen. Der Schacht der Klimaanlage unterschied sich nur insofern von ihm, als dass er nach oben und nicht nach unten führte. Der Untergrund war staubig und rutschig.
    Für meine Größe besaß ich einen recht kräftigen Oberkörper, doch gerade das bereitete mir am meisten Probleme: meine Größe. Bei dem Versuch, mich samt dem Rucksack auf meinem Rücken durch die enge Öffnung zu zwängen, wäre ich beinahe stecken geblieben. Aber der Gedanke daran, was uns diese Armee von wild gewordenen Teenager-Söldnern antun würde, trieb mich weiter.
    Mit einiger Mühe schaffte ich es, mich umzudrehen.
    »Komm jetzt! Nimm meine Hand!«, forderte ich Daac flehentlich auf und streckte ihm den Arm entgegen.
    Er rannte auf mich zu und feuerte dabei blind nach hinten auf seine Verfolger, die nun den Korridor hinunter stürmten. Einer der Männer zielte mit einem Gewehr auf ihn und schoss einen Fanghaken ab. Loyl machte einen weiten Satz, um meinen Arm noch zu erreichen; doch so sehr er sich auch streckte, es war zu spät. Das Ende des Fanghakens bohrte sich in seinen Nacken und betäubte ihn mit einem Stromstoß.
    Loyl schrie auf und brach zuckend zusammen.
    Ich hätte ihm helfen sollen, aber der Anblick seines betäubten Körpers lähmte mich: Es war noch nicht lange her, da hatte Jamon meine Beine betäubt und dann versucht, mich zu vergewaltigen.
    Wenn ich noch einmal darüber nachdachte, war ich vielleicht doch keine Heldin.
    »Ich werde dich holen«, sagte ich in meiner Verzweiflung zu Daac, obwohl er mich nicht mehr hören konnte. Dann wandte ich mich ab und kletterte die Röhre soweit hinauf wie ich konnte.
    Vollkommen außer Atem legte ich mich auf ein kleines Podest, um kurz auszuruhen. Von unten drangen Stimmen und Schüsse zu mir herauf, die gegen die Öffnung des Ventilators prallten. Ich rechnete fest damit, dass sie ein Netz in den Schacht schießen und mich damit fangen würden. Meine Muskeln fühlten sich an, als würden sie jeden Moment vor Anspannung zerreißen, und mein Gehirn verkrampfte sich vor Furcht.
    Und dann dieser gewaltige Lärm.
     
    Am Ende musste ich erleichtert feststellen, dass nichts und niemand mir folgte.
    Ich lag zusammengekauert auf dem kleinen Absatz, zerrissen von Selbstzweifeln und Vorwürfen, weil ich Loyl Daac hilflos zurückgelassen hatte.
    Hilflos zurückgelassen? Deine eigene Situation ist auch nicht viel besser, Parrish. Du steckst im Schacht einer Klimaanlage fest!
    Ich robbte langsam vorwärts, musste aber nach wenigen Metern erkennen, dass die Röhre allmählich immer enger wurde. Meine Füße fanden auf dem rutschigen Untergrund keinen Halt mehr, und da ich wegen meines Rucksacks auch nicht zurück kriechen konnte, steckte ich wie ein Pfropfen in einem Abflussrohr und fragte mich, was es wohl für ein Gefühl sein würde, bei lebendigem Leibe tiefgefroren zu werden. Meine Fingernägel krallten sich panisch in das Metall der Seitenwände, rutschten aber immer wieder ab.
    Wenige Minuten später jagte eiskalte Luft durch den Schacht. Es dauerte nicht lange, und ich klapperte mit den Zähnen; die Kälte schlich sich wie ein tödlicher Virus in meinen Körper. Diese Bastarde versuchten tatsächlich, mich einzufrieren!
    Offenbar verweigerte mein Gehirn bei solchen Temperaturen den Dienst, denn es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis ich mich an den Cabal-Dolch erinnerte. Nur mit Mühe erreichte ich seinen Schaft und zog ihn aus dem Gürtel.
    Ich schnitt ein zweifingerbreites Loch in das Metall, durch das ich die Außenhaut der Röhre berühren konnte: Erleichtert stellte ich fest, dass sie aus weniger widerstandsfähigem Material bestand. Derart ermutigt arbeitete ich weiter und hatte bald eine Öffnung geschaffen, die groß genug war, um ins Freie zu klettern.
    Meine Füße berührten einen weichen Holzboden. Ich zog meine Mienenlampe aus dem Rucksack und setzte sie auf.

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