Parrish Plessis 02 - Code Noir
habe ich Recht?«
Er setzte sich aufs Bett. »Du zuerst.«
»Jemand hat mich damit beauftragt, Tulu zu finden«, begann ich wahrheitsgemäß. »Das habe ich dir auch bereits gesagt. Durch Meis Entführung und die Voodoo-Puppen ist die ganze Sache lediglich ein wenig persönlicher geworden.«
»Und für wen arbeitest du?«, verlangte Daac zu wissen.
»Ich schütze die Namen meiner Kunden; das weißt du.«
Ich beobachtete das Mienenspiel auf Daacs Gesicht, das von dem Neonlicht, das durch das Fenster fiel, in gelben und violetten schimmerte. Vielleicht waren es auch die Strapazen der vergangenen Zeit, doch ich glaubte eher, dass sein Fanatismus die Linien seines Gesichts verhärtet hatten; es war nicht mehr so attraktiv wie früher.
»Tulu ist ein sehr erfahrenes Medium, Parrish. Mit ihrer Hilfe könnten wir durch dich vielleicht die Eskaalim erreichen«, gab er mir zu bedenken.
»Warum durch mich? Es gibt genügend andere, die ebenfalls von diesen Mistviechern besessen sind!«
»Das haben wir bereits versucht, aber… aber bisher hat noch niemand das Prozedere überlebt«, sagte Daac in teilnahmslosem Tonfall.
»Aha. Du brauchst also ein Versuchskaninchen. Alle anderen sind leider gestorben, und nun bin ich die Nächste auf der Liste. Ist es so?«
Daac sah mich mit finsterem Blick an; der Sarkasmus in meiner Stimme war ihm entgangen, so wie er einfach alles ignorierte, was mit seiner Weltsicht nicht kompatibel war.
»Du bist stärker, als alle anderen, Parrish. Du hast bereits zwei Kontaktversuche überlebt. Wenn ich durch dich irgendwie mit diesem Wesen in Verbindung treten könnte… Das wäre unserer Sache sehr dienlich.«
Ich konnte meine Wut nicht länger verbergen. »Dienlich sein? Welcher Sache? Was hast du vor? Willst du eine Armee aus Formwandlern erschaffen, mit denen du einen neuen Krieg beginnen kannst?«
Daac antwortete nicht direkt auf meine Frage, und das brauchte er auch nicht. Sein kalter, berechnender Blick verriet mir, dass ich Recht hatte.
»Wir werden unser Territorium zurückerobern, Parrish. Es ist unser Land. Alles wird sich zum Besseren wandeln, und ich werde den Abschaum aus dem Tert vertreiben – das schwöre ich dir!«
Abschaum! Damit meinte er ohne Zweifel die bedürftigen Menschen auf der Straße, und genau in diesem Punkt hatten Daac und ich fundamental gegensätzliche Ansichten. Wenn ich die Bevölkerung des Tert als menschlichen Abschaum bezeichnete, dann tat ich das mit aufrechtem Stolz.
Daac hätte diese Menschen am liebsten auf der Stelle ausradiert.
Leben und leben lassen – das war für mich nicht nur eine leere Phrase. Die Geschichte der Menschheit war ein einziges, großes Blutbad, das man kurz gefasst auf den ewigen Streit darum reduzieren konnte, wer das Recht und Gott auf seiner Seite hatte.
Die meisten Menschen hatten es bis heute nicht begriffen: Wir waren alle gleichzeitig im Recht und im Unrecht. Das war doch eigentlich nicht so schwer zu verstehen, oder? Und von diesem Standpunkt aus betrachtet, waren alle anderen Probleme eine Sache der persönlichen Auslegung. Wenn es etwas gab, das ich mehr hasste, als alles andere – mehr als Verrückte, Betrüger und Schönheitsoperationen –, dann waren es Fanatiker, die andere Menschen für ihre Zwecke manipulierten.
Und trotzdem spielten meine Hormone jedes Mal verrückt, wenn dieser eine bestimmte Fanatiker namens Loyl-me-Daac in meine Nähe kam. Nichtsdestotrotz würde ich es nicht zulassen, dass er mit den Eskaalim eine Armee formte. Doch das wollte ich ihm noch nicht verraten.
Bleib ruhig, Parrish. Spiel das Spielchen mit. Du musst ihn kalt erwischen.
Dieser Plan beruhigte mich ein wenig. »Also, wo ist Tulu?«, fragte ich.
»Das erfahren wir erst morgen Früh, wenn meine Informanten zurückkommen und sich ihre Belohnung abholen.« Daac stieß ein herzhaftes Gähnen aus und ließ sich nach hinten aufs Bett fallen. »Weck mich, wenn die Sonne aufgeht.«
Ich beobachtete ihn im Schlaf und fühlte mich völlig hin und her gerissen: Im einen Moment wollte ich mich einfach davonstehlen; im nächsten wollte ich mich neben ihn legen. Meine moralischen Zweifel kämpften noch immer mit meiner körperlichen Lust, als Daac bereits der Kiefer heruntergeklappt war, und er leise schnarchte.
Im Morgengrauen gewann mein Verlangen allmählich die Oberhand, und ich spürte ein Kribbeln zwischen meinen Schenkeln. Ich rüttelte Daac mit dem Fuß wach.
»Los, steh auf. In dieser Flohbude bekomme ich sonst noch die
Weitere Kostenlose Bücher