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Parrish Plessis 02 - Code Noir

Parrish Plessis 02 - Code Noir

Titel: Parrish Plessis 02 - Code Noir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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Frau warf das Mädchen achtlos auf einen Abfallhaufen, und ihre Gefährtinnen machten sich daran, die heruntergefallenen Gegenstände einzusammeln: eine kleine Dose mit Hautschuppen, einige Haarbüschel und ein halbleeres Behältnis mit einer blauen Flüssigkeit.
    Anschließend verpassten sie dem Mädchen ein paar kräftige Fußtritte. Eine der Söldnerinnen versuchte, mit einem Feuerzeug die Körperhaare des Mädchens in Brand zu setzten, und eine andere spuckte auf das wehrlose Kind, riss ihm das Oberteil vom Leib und zerrte brutal an seinen unausgebildeten Brüsten.
    Entsetzt beobachtete ich das Geschehen, und es dauerte nicht lange, bis sich mein Puls beschleunigte und das Adrenalin durch meine Venen jagte. Der Parasit in mir raste vor Begeisterung.
    Riechst du ihr Blut, Mensch…?
    Nein! Ich setzte mich aus meinem tiefsten Inneren zur Wehr, einem Ort, über den der Eskaalim niemals Kontrolle erlangen würde.
    Du kannst mich nicht beherrschen …
    Doch, ich kann! Mit jeder Sekunde wuchs die Kraft in mir, und ich wandelte die boshafte Energie des Eskaalim in Selbstvertrauen um. Langsam, sehr, sehr langsam fand ich zu meiner alten Stärke zurück.
    Und der Parasit verlor unaufhaltsam die Kontrolle über mich.
    »Verschwinde!«, spie ich. »Verpiss dich aus meinem Bewusstsein!«
    Offenbar hatte ich bereits die Aufmerksamkeit der Frauen erregt; sie umzingelten mich und zogen Schockstäbe hervor. Für eine schmierige Straßengang in Mo-Vay waren diese Weiber verdammt gut ausgerüstet.
    Ich fühlte mich noch immer benommen. Als ich versuchte, meine müden Muskeln in Bewegung zu setzen, durchfuhr ein Stich mein Herz wie eine heiße Nadel. Am liebsten hätte ich diese Hyänen auf der Stelle kalt gemacht; andererseits empfand ich aber auch Mitleid. Die Menschen in Mo-Vay führten alle ein seltsames, verkommenes Leben.
    So schwer es mir auch fiel: Ich musste eine Entscheidung treffen. Und zwar schnell.
    Die Frauen waren clever genug, auf Distanz zu bleiben. Eine von ihnen warf einen Schockdetonator in meine Richtung; ich wehrte ihn mit der bloßen Hand ab. Der plötzliche Schmerz durchbrach die Taubheit meines Körpers.
    Mit der anderen Hand zückte ich das Gurkha-Messer. Dann sah ich der Frau direkt in die Augen: »Wie würde es dir gefallen, wenn du dieses Kind wärst?«, zischte ich.
    Als Antwort steckte sie gelangweilt den Mittelfinger in die Nase. Ein paar der Tätowierungen auf ihrer Haut waren frisch und sahen aus, als könnten sie noch einmal bluten. Ein Bild zeigte das Gesicht eines Mannes. Ich kannte ihn.
    »Was willste denn damit sagen? Das’s doch nur’n verdammter Masoop. Seh’ ich etwa wie so’n scheiß Affe aus?« Angewidert blickte sie mit ihren grünen Augen auf das Mädchen herab.
    »Nein. Aber du könntest ihre Schwester sein.«
    »Hier in Mo-Vay kennen wir keine Familie«, erwiderte sie barsch.
    Dann stimmten die Frauen im Chor einen Sprechgesang an: »Familie is’ ’ne Fehlfunktion, ’n überholter, alter Brauch. Im Zeitalter des Posthumanismus hat so’n alter Hut nix mehr zu suchen!«
    Diese krude Weisheit hätte direkt aus dem Mund eines idiotischen Propheten stammen können. Die Frage war nur: Wo hatten diese Weiber sie aufgeschnappt?
    »Also gut, dann werde ich euch mal mit meinen Weisheiten vertraut machen.« Ich packte die Frau, die mir am nächsten stand, und drehte ihr den Arm auf den Rücken. »Lasst das Mädchen in Ruhe, oder ich schlitze ihr die Gurgel auf«, sagte ich und presste der Frau das Gurkha-Messer an die Halsschlagader.
    »Nein!«, schrie die Söldnerin, die den Schockdetonator auf mich geschleudert hatte. Die anderen stimmten in ihren Protest ein.
    Ich setzte ein schmales Lächeln auf. »Aha. Ihr seid also doch Familienmenschen.«
    Mit einem Tritt in den Hintern entließ ich die Frau in die Arme ihrer Bande; sie verschwanden schleunigst, wobei sie noch einige Schimpfworte in meine Richtung schleuderten.
    Erschöpft sank ich auf den Boden, geschwächt von der Konfrontation und der Anstrengung. Offenbar fiel ich auf der Stelle in Ohnmacht, denn das nächste, woran ich mich erinnerte, war, dass mich das kleine Mädchen weckte.
    »Los, steh’ auf. Du kanns’ hier nich’ liegen bleiben. Komm, ich bring dich an ’nen Ort, wo du schlaf’n kanns’.«
    Dankbar, endlich einen Grund zu haben, ein wenig länger um mein Leben zu ringen, folgte ich ihr ins Dachgeschoss einer Villa.
    Der Name des Mädchens war Glida-Jam. Obwohl sie äußerlich keine Ähnlichkeit miteinander hatten,

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