Parrish Plessis 02 - Code Noir
zufriedene Gesicht von Leesa Tulu über meinem Kopf. Ich hätte ihr am liebsten alle Zähne einzeln ausgeschlagen.
»Warum tust du mir das an?«, schrie ich wütend.
»Das wirst du schon von ganz alleine herausfinden. In der Zwischenzeit werde ich ein kleines Experiment durchführen…«
Tulus Stimme entschwand zu einem hohlen Echo. Der Mecha presste eine Maske auf mein Gesicht, und meine Lungen füllten sich mit einem feuchten Dunst.
Ich versuchte, nicht zu atmen, doch das war natürlich aussichtslos.
Tulu befestigte ein Bionetz an meinem Kopf. Ich spürte noch, wie es sich mit heißen Nadelstichen in mein Gehirn bohrte; dann verschwamm die Welt vor meinen Augen…
Langsam kehrte mein Bewusstsein wieder zurück, doch es war kein wirkliches Erwachen, sondern eher ein Tagtraum mit geöffneten Augen. Ich konnte zwar klar denken und meinen Körper spüren, aber alles wirkte irgendwie irreal.
Was geschah um mich herum?
Ein grauer Schleier vernebelte meine Sicht; ich musste erst einige Male blinzeln, bis ich mehr erkennen konnte.
Ich saß an einem Lagerfeuer. Orangefarbene Flammen züngelten in den schwarzen Nachthimmel empor. Mir gegenüber saß eine einzelne Person im Schneidersitz, die nachdenklich an einer Pfeife zog. Sie trug ein Hemd in Regenbogenfarben, ein scharlachrotes Kopftuch, hohe Stiefel und eine billige Halskette.
Marinette will von dir Besitz ergreifen und dich reiten. Leesa Tulu sah mich mit eifersüchtigem Blick an. Sie mag deinen Geruch.
»Was soll dieser ganze Unfug?«, schrie ich wütend.
Tulu kam zu mir herüber und legte den Arm um meine Schultern. Sie glaubt, dass du ein stärkerer Wirt bist, als die anderen.
Ich blickte mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit jenseits des Feuers. Dort stand im dichten Unterholz eine Reihe durchsichtiger Gestalten mit verschwommenen Gesichtern. Sie waren schemenhafte Abbilder menschlicher Körper, die in der Nacht wie helle Irrlichter pulsierten. Einige von ihnen kamen mir bekannt vor, und unter ihnen waren ganz offensichtlich auch die Karadji – ihre blutroten Formen strahlten heller und heißer als die der anderen Geister -; doch sie verblassten mit jedem weiteren Flackern.
Ich blickte mich um und sah weitere glühende Schatten; es waren die Schamanen. Eine von ihnen erkannte ich sofort: Mei. Ihr Licht pulsierte in einem wütenden Orange, das hell und trotzig zwischen grauen erloschenen Präsenzen hervor schien.
Instinktiv sah ich an mir herunter. Mein Körper leuchtete violett, und ein reißender Elektronensturm schien in mir zu toben.
Das ist deine spiritistische Essenz. Tulu benetzte ihre Oberlippe. Der Stoff, aus dem das Leben ist.
Wut und Hass stiegen in mir auf und manifestierten sich als grellroter Strich inmitten des violetten Lichts. Ich fühlte mich nackt und schutzlos. Der Gedanke färbte die Gegend rosa, wo sich für gewöhnlich mein Magen befand.
Erschrocken blickte ich zu Tulu hinauf. Sie befand sich bereits in einer Art Trance; ihre Augen hatten sich nach hinten verdreht, und nun glänzten die weißen Augäpfel im Feuerschein. Ihr Körper erzitterte; ihre Arme zappelten unkontrolliert in der Luft, und ihr Kopf zuckte seltsam hin und her. Tulu stöhnte und krächzte. In der Ferne hörte ich das laute Wummern von Trommeln.
Sie kündigten Marinette an.
Die Wolkendecke am nächtlichen Himmel öffnete sich, und ein kräftiger Windstoß blies das Lagerfeuer aus. Ich musste hilflos mit ansehen, wie mein Körper in Luft gehoben wurde und ich meinen Platz im Kreis der Schamanen einnahm.
Verschwinde von hier!, befahl der Eskaalim.
Mein Bewusstsein schwand. Dann verlor ich jegliche Kontrolle über meinen Körper. Ein gellender Schrei entfuhr meiner Kehle. »MEI!«
Auf der gegenüberliegenden Seite des Kreises ballte sich Meis orangefarbene Gestalt wie eine kollabierende Sonne zu einem kleinen Ball zusammen, der augenblicklich damit begann, sich mit wilder Geschwindigkeit auszudehnen. Ich konzentrierte meine gesamte Energie und griff mit meinem Geist nach Mei. Unsere Präsenzen verbanden sich zu einer glühenden Supernova. Wie ein Feuersturm rasten wir an den anderen Schamanen vorbei und teilten unsere Energie mit ihnen. Dann zerriss eine gewaltige Explosion meinen Körper in tausend einzelne Lichtstrahlen.
Hustend und würgend wachte ich wieder auf. Die Schmerzen gaben mir das sichere Gefühl, dieses Mal in die Realität zurückgefunden zu haben. Mein gesamter Körper schien von innen heraus zu verbrennen. Ich
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