Parrish Plessis 02 - Code Noir
Becher mit Wasser an seine Lippen.
Er trank einen Schluck und fuhr sich dann mit der Zunge über die trockenen Lippen.
»Dein Licht hat so grell gestrahlt wie die Sonne«, murmelte er.
»Nein«, berichtigte ich ihn. »Das war Mei.« Ich deutete mit einem Kopfnicken auf sie.
Er schloss die müden Augen und tat meinen Einwand mit einem Stirnrunzeln ab. »Mei ist stark, ja. Aber du… Dein Schein war… war eine Offenbarung.«
Loyl sah mich mit stechendem Blick an, doch ich wandte mich rasch ab. Über solche Dinge wollte ich mich jetzt nicht unterhalten, oder anders formuliert: Eigentlich hatte ich nie wieder von diesem Auserwählten-Quatsch hören wollen. Nie wieder! Es war schlimm genug, dass mich die Muenos als ihre Oya anbeteten, und nun bezeichnete dieser alte Mann mich als eine Offenbarung. Das war zuviel des Guten.
Die Lippen des Karadji bebten. »Du musst uns in unserem Kampf unterstützen.«
Kampf? Was für ein Kampf?
Tief in meinem Inneren spürte ich, wie sich der Eskaalim bei diesem Wort regte. Ich ging fort und ließ den Karadji allein; er hatte ein weiteres Thema angeschnitten, über das ich mich nicht unterhalten wollte.
Schaum teilte Glukose-Tabletten und Wasser an die Schamanen aus; Daac trieb sie zur Eile an.
Ich setzte mich auf einen Tisch, verbarg mein Gesicht tief in den Händen und dachte über meine Optionen nach. Mein erster Impuls war, sofort von hier zu verschwinden. Doch konnte ich das so einfach? Sollte ich die Datenplatte mit den Forschungsergebnissen mitnehmen und riskieren, dass Ike den gesamten Bestand löschte, wenn ich ohne Passwort auf die Daten zugriff? Vielleicht sollte ich besser bei Daac und Schaum bleiben und auf ihre Hilfe vertrauen; aber ich hatte eine Abmachung mit den Cabal – und Daacs Tod war ein Teil davon. Doch würden sie sich noch an ihre Versprechen halten, wenn sich die Forschungsergebnisse erst einmal in Daacs Besitz befanden?
Es gab keine einfache Antwort auf diese Fragen.
Frustriert schüttelte ich den Kopf und nahm von Schaum ein paar Tabletten entgegen.
»Ich werde mich draußen mal nach einem Transportmittel umsehen«, sagte ich.
Mei beäugte mich misstrauisch. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du dich jetzt aus dem Staub machst?«
»Das ist ganz allein meine Sache«, grummelte ich bedrohlich.
»Kennst du sie?« Mei deutete auf die Schamanen.
»Vielleicht. Und du?«
»Mit diesen Leuten ist nicht zu spaßen, Parrish. Möchtegernerlöser wie dich saugen sie mit einem Strohhalm leer.«
Ich versuchte, mich zu beherrschen. »Dann werde ich dir auch einen guten Rat geben…« Meine Stimme ließ erahnen, dass ich kurz vor einem Wutausbruch stand.
Mei hob eine Augenbraue.
»Leg dich nicht mit mir an, Mei. Kameradenschweinen wie dir ziehe ich das Fell über die Ohren. Und das meine ich wörtlich!«
Zugegeben, es gab ein paar alte Animositäten zwischen Mei und mir, doch jetzt war sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt, um solche Streitigkeiten wieder aufzuwärmen – andererseits bot sich für so etwas nie die geeignete Gelegenheit. Der Ärger durchbrach meist von selbst die dünne Schicht der Beherrschung, unter der er sich ansonsten verbarg.
Vielleicht war aber auch die Tatsache, dass Loyl mit seiner Hand nicht von Schaums Rücken ablassen konnte, der Grund für meine Aggressionen.
In Meis Augen lag rasende Wut, als sie sich im Raum nach einer Waffe umsah. Offenbar hatte auch sie einige Schwierigkeiten damit, ihre Emotionen zu kontrollieren.
»Es geht dir um Loyl, richtig? Du bist eifersüchtig«, keifte sie schrill.
»Nein. Ich habe von etwas völlig anderem geredet. Vertrauen. Du hast mich verraten Mei. Du magst dich vielleicht nicht daran erinnern, oder du willst es einfach nicht, aber ich…«
Mei ballte ihre Finger mit den langen Nägeln zu wahren Klauen zusammen und stürzte sich wie eine Wildkatze auf mich.
Ich schickte sie mit einem Schulterwurf zu Boden, doch sie rappelte sich in Sekundenbruchteilen wieder auf und packte meinen Hals. Wir stolperten über einen der Tische und rollten ineinander verkeilt über den Flur.
Sie erwischte mich mit einem Fingernagel unter dem Auge. Ich versuchte aufzustehen, aber sie drückte mich mit ihrem Gewicht zu Boden.
Eine wütende Stimme unterbrach unseren Kampf. »Parrish, du führst die Schamanen hier raus!«
Ich zerrte Meis Hand von meiner Gurgel. »Dann… schaff… mir dieses… Biest vom Hals!«, hustete ich.
Daac tat wie ihm geheißen. Er nahm Mei unter den Arm, als wäre sie ein
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