Partials 1 – Aufbruch
sie beim Kräutersammeln
angegriffen worden? Möglicherweise war sie einfach weggegangen, wie Kira es nun
auch vorhatte, hatte ihre Habseligkeiten gepackt und lebte von nun an auf einer
Farm oder in einer Gemeinde im Umland. Aber nein, sie wäre nicht gegangen, ohne
eine Nachricht zu hinterlassen. Hier stimmte etwas nicht.
Marcus kam als Erster. Er nickte Kira wortlos zu und überprüfte sie
mit einem digitalen Stethoskop. Sie sah ihn fragend an, doch er gab ihr ein
Zeichen, sich zu gedulden. Xochi und Isolde trafen wenige Minuten später ein.
Kira wies sie an, ebenfalls zu schweigen, während Marcus den Raum untersuchte.
Als er sich dem Verstärker näherte, piepste das Gerät leise.
»He, Xochi, hast du was dagegen, wenn ich Musik aussuche?«, fragte
er daraufhin betont laut und deutlich.
»Nein, mach nur!«, antwortete Xochi ebenso laut und gab Kira mit
einer Geste zu verstehen, dass sie Marcus’ Verhalten durchschaute. Man beobachtete
ihn.
Marcus holte einen beschrifteten Player hervor – Kayleigh zwanzigzweiundfünfzig – und überprüfte auch ihn. Dann
trennte er den Verstärker von der Stromversorgung, nahm ihn aus dem Regal und
drehte ihn mehrmals, um ihn von allen Seiten zu begutachten. Bei der Rückseite
hielt er inne und winkte den anderen, selbst einen Blick darauf zu werfen. Er
deutete auf das schwarze Metallgitter, hinter dem im Innern ein kleiner
Gegenstand versteckt war. Sie nickten und zogen sich wieder zurück.
»Pass auf mit deinem Glas!«, rief Xochi. »Beim letzten Mal hättest
du mir fast einen Player ruiniert.«
Kira füllte in der Küche einen Eimer mit Wasser und stellte ihn vor
Marcus ab. Er hielt die Anlage darüber.
»Danke. Oh, verdammt …« Er tauchte den ganzen Verstärker ein paar
Sekunden lang in den Eimer. Dann überprüfte er ihn noch einmal mit dem
Stethoskop und lächelte, als er kein Signal mehr empfing. Schließlich
überprüfte er Xochi und Isolde und nickte Kira zu. Sie verband Kayleigh 2052 direkt mit einem Lautsprecher, drehte den
Player so laut wie möglich und stellte beides mitten in den Raum.
Marcus hielt das digitale Stethoskop hoch. »Ich war in
Rufbereitschaft, als heute Morgen die Bombe hochging. In deinem Labor bin ich
mit diesem Ding zu nahe an eins von Mkeles Abhörgeräten geraten. Es ist ein
ziemlich guter Detektor.« Er warf es auf das Sofa. »Dieser Raum ist sauber, und
wer uns von draußen belauscht, wird vor allem die Musik hören.«
Kira betrachtete nacheinander ihre Freunde. »Wir sind drauf und
dran, Hochverrat zu begehen. Falls jemand nicht mitmachen will, wäre dies der
richtige Augenblick, es zu sagen.«
Xochi sah Kira an. »Ich bin nicht sicher, ob ich mit meinen
Vermutungen richtigliege …«
Kira hob die Schultern. »Glaubst du etwa, wir planen, das
Krankenhaus anzugreifen, den Partial zu befreien, ihn nach Hause zu bringen und
uns mit seinen Leuten zu verschwören, um die Welt zu retten?«
Xochi riss die Augen auf. »Eigentlich nicht. Nein, so hatte ich mir
das nicht vorgestellt.« Sie schüttelte den Kopf. Es sah fast aus, als wollte
sie lästige Wassertropfen wegschleudern. »Du willst den Partial retten? Ist das
dein Ernst?«
»Die Partials haben uns einen Waffenstillstand angeboten, und der
Senat hat abgelehnt.« Kira holte tief Luft. »Wenn wir mit ihnen
zusammenarbeiten, kann ich RM heilen. Ich weiß,
dass es mir gelingen wird. Aber ihr müsst mir vertrauen.«
Xochis Kiefer mahlten. Dazu fiel ihr nichts mehr ein. Schließlich
nickte sie. »Ich vertraue dir, Kira. Lass uns Hochverrat begehen!«
»Lass knacken!«, stimmte Marcus zu. Auch Isolde nickte. Sie war
bleich und wirkte nervös.
Kira setzte sich und sprach trotz der lauten Musik leise weiter.
»Die Senatoren sind völlig neben der Spur. Sie haben das Krankenhaus in die
Luft gejagt und wollen es Samm in die Schuhe schieben. Sie töten ihn, um in
einem politischen Machtspiel die Oberhand zu gewinnen. Madisons Baby kann jeden
Tag kommen, und wir haben immer noch keine Therapie. Die Stimme steht kurz davor, die Macht zu übernehmen.«
Xochi schnitt eine Grimasse. »Wie sieht der Plan aus?«
»Wir müssen Samm aus dem Krankenhaus befreien und von der Insel
schaffen«, erklärte Kira. »Packt eure Sachen und nehmt Campingausrüstung und
Waffen mit! Wir treffen uns an der Ecke Turnpike und Prospect Avenue. Isolde«,
sagte sie, während sie das Pistolenhalfter abnahm, »ich habe immer noch deine
Waffe …«
»Ich kann nicht mitkommen.«
»Ich dachte, du bist dabei«,
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