Partials 1 – Aufbruch
töten.« Haru zielte auf Marcus. »Sie haben unseren
Späher geschnappt, Gabe ins Gesicht geschossen und uns mit Gewehren von der
Insel gejagt, und auf einmal soll das bedeuten, dass sie Frieden wollen? Auf
einen solchen Frieden kann ich verzichten.«
»Er ist ein Verbündeter«, beharrte Kira. »Er kann uns beim
Wiederaufbau helfen.«
Haru schüttelte den Kopf, als wäre die ganze Welt verrückt geworden.
»Die verdammten Seuchenbabys! Hast du überhaupt eine Ahnung, wie viel wir
verloren haben, als wir den Partials vertraut haben?« Er deutete zornig zur
Stadt. »Früher waren alle Häuser dort bewohnt. Die Gebäude waren intakt, die
Schulen waren voller Kinder. Neunundneunzig Komma neun Prozent der Einwohner
sind tot, Kira. Wenn das noch einmal passiert, sind noch zwei Menschen übrig.
Zwei auf der ganzen Insel. Da wird nichts wieder aufgebaut.«
»Sie sterben«, erklärte Kira. »Genau wie wir. Wenn wir
zusammenarbeiten, können wir uns beide retten …«
»Ich will nicht beide retten!«, rief Haru. »Ich will mein Kind
retten und alle Partials auf der Erde umbringen.«
»Wir sind hier, weil wir dein Kind retten wollen.« Kira hob die
Stimme. »Du kannst ihn die ganze Nacht lang bewachen, wenn du willst, aber der
Senat wird ihn morgen früh töten, und wir haben immer noch keine Therapie. Wenn
ich mit ihm gehe, können wir eine solche Therapie entdecken.«
Haru starrte sie an, in seinem Blick rangen Wut und Verwirrung
miteinander. »Ich lasse nicht zu, dass du ihn mitnimmst.«
»Sie hat dem Kind einen Namen gegeben, Haru.« Kiras Stimme brach.
Sie riss sich zusammen und sprach entschlossen weiter. »Dein Baby hat einen
Namen: Arwen Sato. Deine Tochter heißt Arwen Sato.« Sie blickte zu Jayden
hinüber. »Deine Nichte heißt Arwen Sato.« Dann durchbohrte sie Haru förmlich
mit Blicken. »Wir können sie retten.«
»Nicht rechtzeitig.« Haru hatte Tränen in den Augen, sein Gesicht
lief rot an, und er bleckte die Zähne.
»Nein«. Jayden schaltete sich ein und zielte auf Haru. »Kira hat
recht. Leg die Waffe weg!«
»Bist du verrückt?«
»Ich hasse die Partials so sehr wie du«, erklärte Jayden. »Aber
Maddy verlässt sich auf uns. Wenn es nur den Hauch einer Chance gibt, das Kind
meiner Schwester zu retten, dann will ich sie ergreifen.«
»Willst du dann lieber ihren Mann töten?«
»Wenn er die Waffe weglegt, ist alles in Ordnung.« Jaydens Augen
waren eiskalt. »Ihr anderen, legt die Waffen auf den Boden!«
Haru gehorchte langsam, und die anderen drei hinter ihm folgten
seinem Beispiel. Xochi sammelte die Waffen ein, während Jayden die Männer in
Schach hielt. Kira rüttelte an der verschlossenen Tür. Den Schlüsselbund fand
sie nach einigem Suchen in den Taschen des toten Soldaten.
»Der lebt noch.« Marcus hatte sich unterdessen den zweiten Soldaten
vorgenommen.
»Stabil?«, fragte Kira.
»Wenn wir die Blutung aufhalten.«
»Verbinde ihn!« Kira richtete sich auf. »Wir sperren ihn mit den
anderen ein – sie können ihm nach dem Aufstand helfen.«
»Da wir gerade dabei sind«, sagte Xochi. »Wir müssen hier
verschwinden. Der Typ hat Verstärkung angefordert, und sobald sie den Aufstand
auch nur teilweise unter Kontrolle haben, schicken sie jeden entbehrlichen
Soldaten hierherauf.«
Kira nickte. »Geh los und peil die Lage!« Xochi nickte und rannte
zur Treppe. Kira musste mehrere Schlüssel probieren, bis sie den richtigen
gefunden hatte. Das Zimmer war abgedunkelt, Samm saß mitten im Raum gefesselt
auf einem Stuhl. Sein Körper war mit Schnittwunden, Schorf und Prellungen
übersät.
»Du siehst grässlich aus«, sagte Kira.
»Schon gut.« Samm grunzte vor Schmerzen, doch Kira hätte schwören
können, dass sie den Anflug eines Lächelns entdeckte. »Ich habe ein verstärktes
Blutplättchensystem.«
Kira suchte den Schlüsselbund ab, um die richtigen Schlüssel für die
Fesseln zu finden. Es gab zwei Paar Handschellen und drei Vorhängeschlösser,
die sie der Reihe nach aufsperrte.
»Du hättest mich nicht retten müssen«, sagte Samm.
»Du hättest auch mich nicht retten müssen.« Sie öffnete das letzte
Schloss, zog die Ketten weg und hielt inne. Er wandte den Blick von der Tür ab
und richtete ihn einen Moment lang auf sie, als sie noch neben ihm kauerte.
Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Sie spürte seinen
Atem auf der Haut. »Danke.«
Samm stand auf und folgte ihr auf den Flur. Er blinzelte im Licht
und drehte den Kopf hin und her, um die
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