Partials 1 – Aufbruch
verkrampften Muskeln zu lockern.
Jayden bugsierte Haru und die anderen in den Raum. Haru spuckte Samm
an, als er an ihm vorbeikam. Samm reagierte nicht. Marcus hatte inzwischen den
Soldaten verbunden und schleppte ihn zu den anderen in den dunklen Raum. Kira
schloss ab.
In diesem Moment öffnete sich die Tür am Ende des Flurs. Jayden und
Kira fuhren sofort herum und hoben die Waffen, doch es war nur Xochi, die aufgeregt
auf sie zurannte.
»Wir müssen sofort verschwinden. Die Soldaten haben die Verteidigung
des falschen Raums aufgegeben und sich zur Entbindungsstation zurückgezogen.
Jetzt durchsucht der Mob das ganze Gebäude nach diesem Ding.« Sie wies mit dem
Kinn auf Samm. »Es ist nur die Frage der Zeit, bis sie hier auftauchen.«
»Gebt mir eine der erbeuteten Waffen!«, verlangte Samm.
»Können wir ihm eine Waffe anvertrauen?«, fragte Jayden.
»Über diesen Punkt sind wir längst hinaus.« Xochi überließ dem
Partial Harus Gewehr. Kira spannte sich unwillkürlich an, als Samm es übernahm,
doch falls er dies bemerkte, ließ er sich nichts anmerken. Er überprüfte die
Waffe mit kundigen Bewegungen, ging in die Hocke und sammelte rasch die
verstreute Munition vom Boden auf.
Dann stand er auf. »Wie kommen wir hinaus?«, fragte er völlig ruhig.
»Im Nordflügel gibt es eine Treppe für das Personal«, antwortete
Marcus. »Sie ist auf allen Etagen abgesperrt, deshalb ist sicher niemand dort,
aber wir können die Schlösser herausschießen.«
»Das kann die Meute auch«, widersprachen Samm und Jayden wie aus
einem Mund. Sie wechselten einen Blick, Jayden zog die Augenbrauen hoch.
»Also der Aufzugsschacht«, entschied Kira. »Dort gibt es eine
Leiter, die bis ganz nach unten führt. Wir haben uns dort umgesehen, als Marcus
und ich auf der Pflegeschule waren. Von dort aus gelangen wir in den Keller und
können hinten durch den Lieferanteneingang fliehen.«
Samm runzelte die Stirn. »Das könnte gefährlich werden, während der
Mob das Gebäude durchsucht. Die Aufzüge sind doch höchstwahrscheinlich noch in
Betrieb.«
Marcus pfiff durch die Zähne. »Jetzt möchte ich wirklich mal eure
Stadt sehen. Habt ihr tatsächlich genug Saft, um Aufzüge zu betreiben?«
»Ah!« Samm nickte. »Unbenutzte Aufzugsschächte.«
Sie liefen rasch den Korridor entlang, bis sie in einem Seitenflur
auf einen Lastenaufzug stießen. Der Schacht war ein Abgrund. Sie befanden sich
im dritten Stock, und das Krankenhaus hatte zwei Kellergeschosse und darunter
noch eine Ebene für den Antrieb der Aufzüge. Kira beugte sich über die Kante
und spähte hinab. Weiter als zwei oder drei Etagen konnte sie nicht sehen. Sie
nahm ihren ganzen Mut zusammen und kletterte los. Marcus folgte ihr sofort,
dann die anderen. Jayden bildete den Abschluss, nachdem er die Tür hinter ihnen
wieder verschlossen hatte. Kiras Rucksack war schwerer denn je, er baumelte
über dem sieben Stockwerke tiefen Abgrund, und die Sanitätstasche pendelte wie
wild. Eine Etage tiefer hörten sie draußen auf dem Flur laute Stimmen. Im
Erdgeschoss hämmerte jemand wie wild gegen die Türen. Die lauten metallischen
Schläge hallten durch den ganzen Schacht.
»Wo müssen wir raus?«, flüsterte Xochi.
»Ganz unten.« Auch Kira sprach so leise wie möglich. »Dort gibt es
eine Laderampe, die früher die Lieferanten benutzt haben, außerdem kaum
benutzte Gänge und Nebenausgänge. Dort wird uns niemand bemerken.«
»Und wenn doch?«, fragte Samm.
Darauf wusste Kira keine Antwort.
Die Gänge waren stockfinster, denn dieser Bereich wurde nicht mit
Strom versorgt, und es gab keine Fenster, durch die das Mondlicht hereinfallen
konnte. Ferne Rufe und Lärm verrieten, dass der Mob bis in den Keller
vorgestoßen war. Kira suchte im Rucksack nach einer Taschenlampe und schaltete
sie ein. Sie richtete den schmalen weißen Strahl gegen eine Wand. Marcus und
die anderen schlossen rasch zu ihr auf und suchten im Schacht nach einem
Ausgang.
»Weißt du noch, wo die Laderampe ist?«, flüsterte Marcus.
»So ungefähr.«
»Wahnsinn.«
Kira fand den Ausgang des Aufzugsschachts und schaltete die
Taschenlampe aus, ehe sie die Luke öffnete, um keine unerwünschte
Aufmerksamkeit zu erregen. Als sie den Flur auf der anderen Seite dunkel und
leer vorfand, schaltete sie das Licht wieder ein, deckte den Strahl jedoch mit
der Hand ab. Das schwache rötliche Glühen reichte gerade aus, um die Wände zu
erkennen. »Hier entlang!« Vorsichtig schlichen sie den Gang hinunter.
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