Partials 1 – Aufbruch
einfach
herumkommandieren.«
»Sie vertreten die Regierung«, gab Marcus zu bedenken. »Es ist ihr
Job, andere herumzukommandieren, und ehrlich gesagt halte ich es für eine gute
Sache, mit Leuten zu reden, die viel unterwegs sind, um Informationen zu
sammeln. Sie haben ja niemanden drangsaliert, auch wenn ich zugeben muss, dass
der Jüngere sich ziemlich danebenbenommen hat.«
»Die Leute auf der Insel leiden unter Verfolgungswahn«, meinte
Nandita. »Sie haben das Schlimmste über mich gedacht, und Kira hat das
Schlimmste über sie gedacht.« Sie warf Kira einen scharfen Blick zu. »Dein
Verhalten war völlig ungerechtfertigt, und wenn du das nicht änderst, wirst du
bald mehr Ärger bekommen, als dir lieb ist.«
»Tut mir leid.« Kira schüttelte den Kopf, aber dann brach es aus ihr
heraus. »Wenn die wollen, dass ich ruhig bin, dann sollen sie mich auf meiner
Wiese vor dem Haus in Frieden lassen, statt mich zu verhören. Wie wäre es
damit?«
Nandita sah den Pferden nach, die am anderen Ende der Straße um die
Ecke bogen. »Es wird immer schlimmer«, sagte sie. »Jede neue Grenzkontrolle,
jede neue Ergänzung des Zukunftsgesetzes – das verärgert die Leute nur noch
mehr.« Sie wandte sich an Isolde. »Wenn die Stimme eine Revolution anstacheln will, dann macht sie ihre Sache ganz ausgezeichnet.«
Auf einmal war Kira sehr verlegen. Nandita hatte tatsächlich die
ganze Unterhaltung belauscht.
»Was geschieht jetzt?«, fragte Marcus. »Läufst du weg und schließt
dich der Stimme an?«
»Ich renne weg und heile RM «, erwiderte
Kira. »Ohne RM gibt es kein Zukunftsgesetz mehr.
Außerdem beginne ich mit einem Experiment. Wir haben Daten aus einem ganzen
Jahrzehnt über die Wirkung des Virus bei Kindern, aber ich habe noch keine
Untersuchung darüber gesehen, was mit dem Virus bei jenen geschieht, die immun
sind. Es wird Zeit, das zu ändern.«
Isolde sah sie fragend an. »Wie denn?«
»Ich nehme meinem geliebten, hilfsbereiten und opfermütigen festen
Freund eine Blutprobe ab«, erklärte Kira. »Dann infiziere ich die Blutprobe mit RM .«
Marcus pfiff durch die Zähne. »Dein fester Freund, das klingt
traumhaft.«
Nandita warf Marcus einen kritischen Blick zu und bückte sich, um
ihr Gartenwerkzeug einzusammeln. »Man muss es ja nicht gleich übertreiben.«
10
»Autsch!«
»Halt still, du großes Baby!« Kira legte die Nadel weg, mit der sie
Marcus’ Fingerspitze angestochen hatte, und presste ein schmales Glasröhrchen
auf die Stelle. Es lief rasch voll, anschließend füllte sie noch ein weiteres
Reagenzglas. Dann verschloss sie beide Behälter, stellte sie in einen Ständer
und legte einen kleinen Wattebausch auf Marcus’ Finger. »Das war’s schon.«
»Ich weiß nicht, wie du das gemacht hast, aber der Finger fühlt sich
so gut an, als hättest du es gleich beim ersten Versuch richtig hinbekommen.
Ich verneige mich vor deinen Fähigkeiten.«
»Ich bin ein Genie«, sagte Kira. »Nimm die Watte weg!« Er hob das
Baumwollgespinst hoch, und Kira versorgte die kleine Wunde mit einem festen
Pflaster. »Du bist offiziell der älteste Mensch, dem ich jemals in der
Entbindungsstation eine Blutprobe entnommen habe. Jetzt verordne ich dir noch
zwei davon, und dann bist du im Handumdrehen wieder auf dem Damm.« Sie beugte
sich vor und gab ihm rasch zwei Küsse.
»Hm«, machte Marcus und fasste sie an den Hüften. »Was hast du
gesagt – wie viele soll ich davon nehmen?«
»Nur zwei«, antwortete Kira. »Aber es kann sicher nicht schaden, die
Dosis zu erhöhen.« Sie beugte sich wieder vor und leckte sich die Lippen, doch
er hob eine Hand und hielt sie auf.
»Nein, als Sanitäter fühle ich mich einfach nicht wohl damit. Man
darf mit Medikamenten nicht herumspielen. Was ist, wenn ich eine Überdosis
abbekomme?« Er schob sie sanft weg. »Ich könnte ja abhängig werden.«
Kira drängte sich wieder an ihn. »Du bist vielleicht ein Trottel.«
»Oder wenn ich eine Resistenz entwickle?« In gespieltem Entsetzen verzog
er das Gesicht. »Zwei jetzt und zwei später, und auf einmal sind zwei nicht
mehr genug, und ich brauche vier oder acht oder zwanzig, um überhaupt noch eine
Wirkung zu spüren. Glaubst du wirklich, ich könnte so viele Küsse aushalten?«
Kira kam wieder auf ihn zu und flüsterte verführerisch. »Ich glaube,
das verkraftest du.«
Er wartete reglos ab, während sie sich näherte, bis sich ihre
Gesichter fast berührten, dann hielt er sie im letzten Moment auf, indem er ihr
einen
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