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Partials 1 – Aufbruch

Partials 1 – Aufbruch

Titel: Partials 1 – Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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außer dem
weichen gelben Kern nichts mehr übrig war. Sie betrachtete ihn einen Moment
lang, dann warf sie ihn nach Marcus. Der Halm flog nur ein paar Zentimeter
weit, dann hielt er inne und flatterte ihr mit wildem Kreiseln in den Schoß.
    »Netter Wurf«, grinste Marcus. Er blickte über ihre Schulter hinweg.
»Da kommt Isolde.«
    Kira winkte ihrer Stiefschwester zu. Isolde war groß, bleich und
hatte blondes Haar. Sie war in Nanditas behelfsmäßigem Heim der einzige Ausreißer
mit heller Haut. Isolde winkte zurück, allerdings wirkte ihr Lächeln ein wenig
gezwungen und müde. Marcus rutschte zur Seite, um ihr auf dem Rasen Platz zu
machen, doch Isolde schüttelte höflich den Kopf.
    »Danke, aber dies sind meine besten Sachen.« Sie stellte die
Aktentasche ab, blieb mit verschränkten Armen vor den beiden stehen und blickte
ins Leere.
    »War es ein harter Tag im Senat?«, fragte Kira.
    »Gibt es je einen angenehmen Tag?« Isolde sah sich nach einer
Sitzgelegenheit um, seufzte und ließ sich im Schneidersitz auf der Aktentasche
nieder, damit die hellgraue Hose nicht mit dem Gras in Berührung kam. Kira
musterte sie beunruhigt. Isolde erwähnte kaum einmal ihre Arbeit, ohne sich
schmachtend über Senator Hobb zu äußern. Wenn sie diese Gelegenheit nicht
wahrnahm, war sie wirklich sehr erschöpft. Isolde starrte noch eine Weile ins
Leere, bis sie sich endlich aufraffte, das Wort an Kira und Marcus zu richten.
»Ihr seid wohl nicht sehr oft außerhalb der Stadt unterwegs, oder?«
    »Eigentlich nicht«, antwortete Kira. Marcus schüttelte den Kopf. »Im
Grunde nur, wenn wir für Bergungseinsätze angefordert werden. Aus eigenem Antrieb
so gut wie nie. Warum?«
    »Weil gerade beschlossen wurde, Grenzkontrollen einzuführen«,
berichtete Isolde. »Die Stimme hat letzte Woche einen
Wachturm angegriffen. Sie haben das ganze Gebäude umgeworfen und die Soldaten
verschleppt, die dort Dienst getan haben. Wenn man den Überfall auf das alte
Lager der Schule dazunimmt, dann ist mindestens eine Zelle der Stimme direkt hier in East Meadow aktiv, vielleicht sind es
sogar noch mehr.« Sie hob die Schultern. »Das ist ungemütlich nahe. Der Senat
meint, man könne die Verdächtigen am besten entdecken, indem man alle Leute,
die die Stadt betreten oder verlassen, durchsucht und verhört.«
    »Die Stadtgrenze ist weitläufig«, gab Kira zu bedenken. »Man kann doch
unmöglich das ganze Gebiet überwachen.«
    »Das heißt aber nicht, dass man es nicht versuchen sollte«,
antwortete Marcus. »Es ist besser als nichts, und …«
    »Bitte nicht!« Isolde rieb sich die Schläfen. »Diese Argumente habe
ich heute schon hundertmal gehört, und das reicht mir. Die Abstimmung ist gelaufen,
die Überprüfungen werden durchgeführt, also sollten wir nicht länger darüber
diskutieren.«
    »Wie hat Senator Hobb abgestimmt?«, fragte Kira. Isolde war seine
persönliche Assistentin. Die junge Frau öffnete ein Auge, schielte Kira müde
an, öffnete auch das zweite und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Wenn du es schon wissen willst – er war dafür«, erklärte sie. »Er
hält nicht viel davon, Bürgerrechte zu opfern, will aber auch nicht
widersprechen, wenn es darum geht, einen weiteren Angriff zu verhindern.« Sie
hob die Schultern. »Ich glaube nicht, dass er recht hat, aber es gibt wohl
keine besseren Möglichkeiten. Da die Stimme inzwischen bereits Menschen entführt, weiß man nicht, was sie sonst noch alles
vorhat.«
    »Was will die Stimme überhaupt erreichen?«,
fragte Kira. »Ich kann es mir einfach nicht zusammenreimen. Vorräte brauchen
die nicht. Essen und Kleidung liegen auf der ganzen Insel herum. Trotzdem
überfallen sie East Meadow und die Farmen. Damit gewinnen sie doch keine
Unterstützer, denn jeder wird nur wütend und nervös und … Ich kapier’s nicht.
Der Angriff auf den Wachturm setzt eine wochenlange Planung voraus. Wozu das
alles? Sie haben weder Vorräte erbeutet noch eine Botschaft hinterlassen.
Möglicherweise konnten sie den entführten Soldaten ein paar Reservemagazine
abnehmen. Davon abgesehen hat es ihnen nichts gebracht.«
    »Sie haben jetzt zwei Soldaten«, erwiderte Marcus. »Vielleicht war
es nur ein Scheinangriff, um eine Fahnenflucht zu vertuschen.«
    Isolde schüttelte den Kopf. »Soweit wir es sagen können – oder
soweit der Senat es vermuten kann –, wollen sie vor allem die Regierung
schwächen. Wenn sie genügend Ziele treffen und Unruhen auslösen, wenn sie an
genügend

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