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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Während des Essens blätterte sie unkonzentriert in einer Zeitschrift, die auf dem Tisch gelegen hatte. Sie überflog einen Artikel, in dem es um die Frage ging, ob dasAbschmelzen der Polkappen Auswirkungen auf den Blutdruck habe.Dann betrachtete sie die Fotos einer Modemesse in Madrid, wo nur Models mit Übergewicht und in völlig zerlumpter Bekleidung auf den Laufsteg durften.
    Als sie den letzten Bissen in den Mund gesteckt hatte, schaute sie nach draußen. Für einen Moment vergaß sie zu kauen.
    Da saß er immer noch.
    Sie hatte den Mann fast vergessen.Aber er saß immer noch auf seiner Bank. Es gab keinen Zweifel. Es warderselbe Mann, den sie schon zweimal vom Fenster ihrer Wohnung aus beobachtet hatte. Jetzt schien er sie direkt anzuschauen. Rasch wandte sie den Kopf in eine andere Richtung.
    «Der hockt da schon die ganze Zeit», sagte der junge Wirt, «komischer Typ.»
    Eva Helberger nickte.
    Dann hatte sie es eilig, zu bezahlen.Als sie das Boot verlassenund gerade den asphaltierten Weg betretenhatte, stand der Mann plötzlich auf. Wieder schaute er direkt in ihre Richtung.
    Er war dunkel gekleidet und nicht sehr groß. Obwohl er schlank war, wirkte er kräftig. Sie sah es aus demAugenwinkel, tat aber, als würde sie ihn nicht bemerken. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Sie würde so schnell wie möglich nach Hause gehen. Dort würde sie telefonieren.
     

Zwei
    Der Kriminalpolizist Kai Döring saß an seinem Schreibtisch im Büro der Mordkommission, hatte einen lauwarmen Hot Dog mit extra vielen Röstzwiebeln aus der Schachtel genommen und wollte gerade den ersten Bissen zu sich nehmen, als sein Telefon läutete.
    «Nun hör dir das an», sagte er zu seinem Kollegen Sven Liebmann, der ihm gegenübersaß und auf der Tastatur seines Computers tippte. «Jedes Mal, wenn ich etwas essen will, klingelt dieses Scheißding.»
    «Das liegt aber nicht daran, dass dein Telefon so oft läutet, sondern daran, dass du dauernd isst.»
    «Nun nimm schon ab… bitte…!», sagte Döring. Dann biss er sicherheitshalber in seinen Hot Dog und machte eine bedauernde Geste,um zu zeigen, dass er mit vollem Mund ja nun wirklich nicht telefonieren könne.
    Sven Liebmann verdrehte dieAugen und griff nach dem Hörer.
    «Was… Wer? Ja, ich sitze an Herrn DöringsApparat. Ich muss nachschauen, ob ich ihn finde… Ich habe nicht verstanden; würdenSie Ihren Namen bitte wiederholen… Sie wollen Kai Döring persönlich sprechen. Gut, Moment bitte. Ich sehe nach.»
    Sven Liebmann legte eine Hand über die Sprechmuschel und grinste seinen Kollegen an: «Eine Dame. Für dich. Sie will nur mit Kai reden.»
    «Wie heißt sie?», fragte Döring leise und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    «Helberger. Eva Helberger.»
    «Oh Gott, nein. Nein, auf keinen Fall. Ich bin nicht da, hörst du. Sag ihr, dass ich schwerkrank bin. Nein, sag ihr besser, dass ich tot bin. Sag irgendwas. Wimmel sie ab.»
    Sven Liebmann wandte sich wieder derAnruferin zu: «Hören Sie… Wie bitte? Ob ich mit jemandem gesprochen habe? Ja, ich habe mit unserer Sekretärin gesprochen… Nein, das war keine Männerstimme. Kai Döring ist nicht da. Ich habe gerade erfahren, dass er krank ist… Nein, ich weiß nicht, was er hat… Ich kann ihm einen Zettel auf den Tisch legen, dann wird er Sie anrufen, wenn er wieder ins Büro kommt.»
    Sven Liebmann hatte einen Kugelschreiber in der Hand und begann nun, kleine Strichmännchen auf seine Schreibtischunterlage zu zeichnen.
    «Es istdringend? Wenn es dringend ist, dann werden Sie wohl mit mir vorliebnehmen müssen. Jetzt sagen Sie mir doch endlich, was passiert ist… Was? Einen Mann? Sie haben einen Mann gesehen. Gut. Und was ist mit diesem Mann?… Er sitzt auf einer Bank. Ich verstehe. Schon seit Stunden.»
    Kai Döring sah seinen Kollegen an und stopfte sich den letzten Bissen seines Hot Dogs in den Mund. Dann nahm er die Serviette und säuberte seine mit Ketchup verschmierten Hände.
    «Was macht denn dieser Mann…? Ja. Ja, das habe ich begriffen. Er saß dort, bevor Sie eingeschlafen sind. Er saß dort, als Sie wieder aufgewacht sind. Dann sind Sie aus dem Haus gegangen, haben etwas gegessen, dabei haben Sie den Mann wiedergesehen.… Ja? Gut, der Mann istaufgestanden, als er Sie gesehen hat. Und jetzt sitzt er wieder da. »
    Kai Döring schüttelte den Kopf, dann tippte er sich an die Stirn.
    «Aber was sollen wir machen?», fragte Sven Liebmann. «Sollen wir den Mann festnehmen, weil er auf einer Bank

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