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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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in eine Toreinfahrt und betrat den Innenhof des Lesecafés. Während ihres Studiums hatte Tereza hier eine Zeit lang als Bedienung gearbeitet, und hier hatte Marthaler sie kennengelernt. Da das Städel-Museum nicht weit war, verbrachte sie inzwischen oft ihre Mittagspause in seinem alten Stammcafé; und manchmal, wenn er freihatte, trafen sie sich hier, um gemeinsam eine Kleinigkeit zu essen.
    Als die Kellnerin ihn sah, winkte sie ihm zu: «Ich bin gleich bei dir», rief sie.
    Carola war im Laufe der Jahre zu Terezas bester Freundin geworden. Mehrmals in der Woche trafen die beiden sich, telefonierten oftlange miteinander, und wenn sie zusammen waren, konnte es passieren, dass sie einander irgendetwas ins Ohr flüsterten und anschließend zu kichern begannen wie pubertierende Teenager. Obwohl er Carola ebenfalls mochte, erwischte sich Marthaler gelegentlich dabei, wie er mit einemAnflug von Eifersucht auf die große Vertrautheit der beiden Frauen reagierte. Immerhin war er klug genug, Tereza nichts davon spüren zu lassen.
    «Ah, der vielbeschäftigte Herr Hauptkommissar», sagte Carola in schnippischem Ton, als sie jetzt auf ihn zukam.
    Marthaler sah sie prüfend an. «Haben wir uns nicht bisher geduzt? Bist du schlecht gelaunt? Hab ich dir was getan?»
    Carola hob die Brauen. Dann schüttelte sie den Kopf. «Lass gut sein! Vergiss es! Willst du was bestellen?»
    «Ja», sagte er, «kannst du mir rasch ein Käsebrötchen und einen Cappuccino machen?Aber es muss schnell gehen; ich hab nicht viel Zeit.»
    «Alles andere hätte mich gewundert», sagte Carola und trabte davon. «Was soll das, Robert?»
    «Was soll was?»
    Marthaler stand im Türrahmen des Besprechungsraums und schaute in die Runde.
    Charlotte von Wangenheim waraufgestanden und hatte die Fäuste in die Hüften gestemmt. Ihr Gesicht war gerötet.
    «Wieso warst du gestern Abend nicht auf der Pressekonferenz? Wieso schickst du Elvira vor, um dich zu entschuldigen? Wo bleibst du? Was machst du?»
    «Ich habe verschlafen», sagte er. «Ich habe gestern neunzehn Stunden gearbeitet und heute Morgen weder einen Wecker noch ein Telefon gehört.»
    «Und wieso rufst du dann nichtan, um zu sagen, dass du später kommst?»
    «Weil ich nicht noch mehr Zeit verlieren wollte.»
    «Was ist der Unterschied zwischen einem Polizisten und einem Schimpansen?», fragte Charlotte.
    Alle schauten ihre Chefin ratlosan.Als niemand reagierte, gab sie die Antwort selbst: «Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Schimpansen kommunizieren können.»
    Marthaler war der einzige, dem nicht zum Lachen zumutewar. «Soll das heißen, du wirfst mir vor…?»
    «Ich werfe dir vor, dass du dich vor der Pressekonferenz gedrückt hast, dass du dich nicht an unsereAbsprache gehalten hast. Und ich bitte dich, dir die Alleingänge abzugewöhnen. Im Übrigen wollte ich einen Witz erzählen, sonst nichts.»
    «Gut»,sagte Marthaler und setzte sich auf einen der freien Plätze am Tisch. «Du hast einen Witz erzählt, und es haben alle gelacht. Dann könnt ihr mir jetzt vielleicht sagen, ob es Neuigkeiten gibt.»
    «Allerdings», sagte Charlotte, «es gibt Neuigkeiten, aber keine erfreulichen: Gegen dich liegt eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung vor.»
    «Noch ein Witz?»
    «Ganz und gar nicht. Und ich denke, du weißt sehr wohl,worum es geht.»
    Diesmal lachte außer Marthaler niemand. «Nee, Leute. Doch nicht Helmbrecht, oder? Der Typ hat sich durch die Dunkelheit angeschlichen und dann mit der Faust aufs Autodach gehauen. So fest, so laut, dass ich kurz davor war, einen Infarkt zu bekommen. Dann habe ich die Fahrertür geöffnet…»
    Charlotte schnitt ihm das Wort ab: «Die Einzelheiten kannst du dir für die Verhandlung sparen. Er sagt, dass du ihm das Schienbein zertrümmert und dich dann geweigert hast, einen Arzt zu holen.»
    «Ich kann mir denken, was der Typ sagt. Und es ist mir vollkommen egal. Habt ihr ihn bereits vernommen?»
    «Dazu müssten wir ihn erst mal vorladen.»
    «Aber Michael Helmbrecht sitzt in einer unsererArrestzellen im Präsidium.»
    «Sitzt er nicht.»
    «Ich habe ihn heute Nacht festnehmen lassen, Charlotte.»
    «Und heute Morgen war seinAnwalt da und hat ihn wieder rausgeholt. Es gab keinerlei Grundlage, ihn weiter festzuhalten. DerAnwalt ist übrigens ein Freund unseres Innenministers. Die beiden haben früher in derselben Kanzlei gearbeitet.»
    «Verdammter Mist», sagte Marthaler.
    «Nein. Das Ganze ist vollkommen in Ordnung. Helmbrecht hat ein Alibi für

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