Partitur des Todes
ergeben…»
«Und das habt ihr so schnell herausgefunden?», fragte Marthaler.
Sabatolächelte zufrieden. «Warte, das ist noch nicht alles.Auf dem Tisch, an dem die Frau saß, stand ein Aschenbecher. In diesemAschenbecher hat die Spurensicherung eine zerknüllte Quittung aus einem Zugrestaurant gefunden.Aufgrund der ausgedruckten Uhrzeit und der Kennnummer sind wir weitergekommen. Dieser Zug ist gestern nach langen Verzögerungen am späten Nachmittag aus Paris abgefahren.»
«Dann können wir also annehmen, dass die Frau direkt aus Paris gekommen ist, um sich hier mit Joachim Morlang zu treffen. Irgendwie muss sie vom Bahnhof zum Main gekommen sein. Wahrscheinlich mit einem Taxi. Und wahrscheinlich hat sie ein Hotel gebucht, in dem sie übernachtet hat.»
«Oder auch nicht.»
Marthaler schaute Sabato fragend an.
«Es gibt noch mehr», fuhr der Kriminaltechniker fort. «Wir haben an einem Glas und am Besteck die Fingerabdrücke der Französin gesichert. Dieselben Fingerabdrücke finden sich aber noch an einer anderen Stelle auf dem Boot. Es gibt im vorderen Teil eineArtAbstellraum. Dort scheint sich die Frau ebenfalls aufgehalten zu haben. Ihre Abdrücke waren überall zu finden.Außerdem lag in dieser Kammer eine leere Weinflasche, an der ein Büschel Frauenhaar klebte.An den Haarwurzeln befanden sich kleine Anhaftungen von Kopfhaut. Ich wette, wenn ihr die Frau findet, wird sie am Kopf eine Verletzung aufweisen, zumindest eine kleine.»
«Also war sie in einen Kampf verwickelt.»
«Sieht danach aus», antworteteSabato. «Wahrscheinlich hat man ihr die Flasche auf den Kopf gehauen.Am Flaschenglas wurden die Fingerabdrücke Erkan Önals gesichert.Allerdings waren dieseAbdrücke stark verwischt. Jemand hat nach ihm diese Flasche angefasst, jemand, der Handschuhe trug.»
«Also gehst du davon aus, dass sie nicht die Täterin ist. Und dass sie lebt.»
«Richtig. Wenn der Schlag mit der Flasche gut platziert war, dürfte sie allerdings für eine Weile bewusstlos gewesen sein. Vielleicht hat der Täter sie weggeschafft. Jedenfalls hat er sie nicht wie die anderen an Ort und Stelle umgebracht. Und das muss etwas zu bedeuten haben.Aber frag michnicht, was.»
«Gute Arbeit», sagte Marthaler.
«Danke gnädigst», erwiderte Sabato.
«Ich frage mich nur, warum ich das alles nicht schon früher erfahren habe. Warumich erst zufällig in dein Verlies kommen muss, um auf den Stand der Ermittlungen gebracht zu werden.»
Einen Moment starrte Sabato seinen Freund ungläubig an, dann begann er zu brüllen: «Bist du noch ganz bei Trost? Drei Mal war ich heute Morgen bei Elvira und hab nach dir gefragt. Jedes Mal hieß es, der Hauptkommissar ist noch nicht da. Seit sechs Uhr bin ich schon wieder im Labor, während du wahrscheinlich noch geschlafen hast. Und dann kommst du Depp und…»
Marthaler lachte. «Es sollte ein Scherz sein, Carlos. Wahrscheinlich bin ich nur deshalb mit dir befreundet, weil du auf allesreinfällst. So dumm kann ein Spruch überhaupt nicht sein, dass du ihn nicht ernst nehmen würdest. Ich glaube, du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der noch nie gemerkt hat, wenn ich einen Witz gemacht habe.»
Und das waren exakt dieselben Worte, die Sabato einmal zu Marthaler gesagt hatte. Marthaler wollte gerade die Tür zu seinem Vorzimmer öffnen, als ihm Kerstin Henschel entgegenkam.
«Los, Robert. Komm mit nach oben. Es scheint Neuigkeiten zu geben.»
Als sie ins Weiße Haus umgezogen waren, hatte man ihnen die unteren beiden Stockwerke als Domizil der Ersten Mordkommission zur Verfügung gestellt. Was eigentlich als Provisorium geplant gewesen war, war längst zu einer festen Bleibe geworden. Während sich im Erdgeschoss die Büros befanden, hatten sie die ehemalige Mietwohnung im ersten Stock dazu benutzt, um ihreAkten zu lagern. Seit heute war dort die Telefonzentrale untergebracht. Die Leute der Technischen Abteilung hatten in der Nacht Leitungen verlegt, Computer aufgestellt und Telefone angeschlossen.
«Charlotte von Wangenheims Aufruf an die Presse war ein voller Erfolg», sagte Kerstin Henschel. «Seit die Hotline freigeschaltet ist, sind schon Hunderte von Hinweisen eingegangen.»
«Oh Gott», sagte Marthaler. «Und wer soll das alles bearbeiten?»
«Ich weiß nicht. Es sitzen gute Leute an den Telefonen. Und wir haben sie vorbereitet. Sie sammeln alles, geben aber nur das an uns weiter, was einigermaßen vielversprechend ist. Und die Spinnerwerden gleich aussortiert. Trotzdem wird es
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