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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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die Tatnacht. Es gibt zwei Polizisten, die einer Beschwerde wegen Ruhestörung nachgegangen sind und ihn zur fraglichen Zeit…»
    «Das weiß ich alles.Aber er hatte ein Motiv, die Hochzeit seines Vaters zu verhindern. Er muss den Mord nicht selbst ausgeführt haben. Er gehört in den Kreis der Verdächtigen.»
    «Robert, das glaubst du selbst nicht. Wenn einer aus dem Schneider ist, dann ist es Michael Helmbrecht.»
    Marthaler antwortete nicht. Er hatteAngst, sich zu verrennen. Wahrscheinlich hatte Charlotte von Wangenheim recht.
    «Das Problem ist, dass der Innenminister nur auf einen Fehler von dir gewartet hat. Du hast ihm eine Steilvorlage geliefert. Er verlangt, dass du vom Dienst suspendiert wirst. Er sagt, ein Polizist, der eineAnzeige wegen schwerer Körperverletzung am Hals hat, kann nicht weiter imAmt bleiben.»
    Marthaler hatte die Augen geschlossen. Er schüttelte den Kopf. «Leute, was ist das bloß für eine Hühnerkacke? Ich will nicht mehr. So können wir doch nicht arbeiten, wenn bei allem, was wir tun, einer von außen reinquatscht.»
    «Ich habe mit Eissler gesprochen», sagte Charlotte.
    Marthaler senkte den Kopf wie ein Delinquent, der das Urteil ahnt und keine Möglichkeit mehr sieht, es abzuwenden. «Und?», fragte er leise.
    «Der Polizeipräsident steht hinter dir. Genau wie ich. Du bleibst im Dienst.»
    Marthaler atmete durch. Er überlegte, ob er sich bedanken sollte, ließ es aber bleiben.
    Charlotte von Wangenheim waraufgestanden und packte ihre Unterlagen ein.
    «Ich muss jetzt los», sagte sie. «Es gibt eine Krisensitzung beim Chef des LKA.Es wird nichts dabei rauskommen.Aber einer muss ja die Drecksarbeit machen. Egal…»
    Sie nickte in die Runde, dann verließ sie den Raum. Wenige Sekunden später öffnete sie noch einmal die Tür.
    «Wisst ihr, was der Unterschied zwischen einer Batterie und unserem Innenminister ist?»
    «Nun sag schon!»
    «Die Batterie hat auch eine positive Seite.»
     

Neunzehn
    Marthaler stieg in den Keller des Weißen Hauses, wo Carlos Sabato und seine Mitarbeiter ihreArbeitsplätze hatten. Die Tür zu Sabatos Labor war verschlossen. Marthaler klopfte, dann betrat er den Raum, ohne darauf zu warten, dass man ihn hereinbat.
    Der Kriminaltechniker stand mitdem Rücken zur Tür vor einem schmalen Regal, das von seiner massigen Gestalt fast vollständig verdeckt wurde. Er hatte einen großen Kopfhörer aufgesetzt und bewegte seinen Körper zu einer Musik, die nur er hören konnte. Gleichzeitig blätterte er in einem riesigen Buch.
    Marthaler bewunderte die leichtfüßige Eleganz, mit der Sabato trotz seiner Leibesfülle zu tanzen verstand. Ein verhalten-charmanter Tanz, den der korpulente Naturwissenschaftler ganz für sich alleine aufführte. Er brauchte keine Zuschauer. Und ganz offensichtlich wollte er auch keine Zuschauer.
    Um seinen Freund nicht in Verlegenheit zu bringen, verließ Marthaler das Labor wieder, schloss die Tür von außen und klopfte noch einmal, diesmal sehr viel lauter. Kurz darauf hörte er Sabatos dröhnende Stimme.
    «Herein, verdammt nochmal.»
    «Carlos, entschuldige…»
    «Robert, du Trampeltier, ich habe gerade ein wenig Musik gehört…»
    «Ja», sagte Marthaler, «ich nehme an, du lauschst wieder den Kampfliedern der spanischen Arbeiterklasse.»
    Sabatos Eltern hatten als junge Leute auf Seiten der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft, hatten später im Untergrund gearbeitet und waren Mitte der fünfziger Jahre nach Deutschland geflohen, um ihrer Verhaftung durch die Polizei des Generals Franco zu entgehen. Bis heute war Carlos stolz auf diese Tradition seiner Familie, welche, wie er sagte, zu hundert Prozent aus Staatsfeinden bestand.Als ihn Marthaler einmal gefragt hatte, wie er eine solcheHaltung mit seinem Beruf als Polizeibeamter vereinbaren könne, hatte der Kriminaltechniker geantwortet, dass er nicht für den Staat arbeite, sondern für die Leute, die inihm lebten.
    Jetzt lachte Sabato. «Von wegen Arbeiterklasse…» Er setzte seinen Kopfhörer ab und stülpte ihn Marthaler über die Ohren.
    «Und?», fragte er nach einer Weile. «Gefällt’s dem Hauptkommissar?»
    Marthaler grinste: «Stevie Wonder», sagte er. «Sir Duke.Nummer-eins-Hit im Jahr… warte, wann war das…? Ich schätze 76 oder 77.»
    Sabatogrunzte zufrieden. «Exacto! Prüfung bestanden!» Er schaltete die Musik aus und zeigte auf den freien Stuhl neben seinemSchreibtisch. «Du darfst dich setzen.»
    Dann schaute er Marthaler lächelnd

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