Partnerin wider Willen
sinnierte Dana. Sie nahm ein Schluck von ihrer Cola.
»Ha, ha«, machte Ellen nur.
»Sie gewöhnen sich schon noch an mich«, meinte Dana unbeirrt.
Ellen kommentierte das nicht weiter.
Dana wechselte das Thema. »Mal abgesehen von mir, wie gefällt es Ihnen in der neuen Stadt? Gegenüber Berlin ist das ja eine ziemliche Veränderung. Was hat Sie eigentlich hierher verschlagen? Die Liebe vielleicht?«, schoss sie gleich eine ganze Salve Fragen ab.
»Soll das ein Verhör werden?«
»Ich will nur etwas mehr über Sie erfahren.«
»Wozu?«
»Nur so.«
»Berufskrankheit, was?«, feixte Ellen.
»Kennen Sie sicher«, konterte Dana und entlockte Ellen damit ein kurzes Lächeln. »Also? Bekomme ich eine Antwort?«
»Nein.« Sie würde den Teufel tun, dachte Ellen, und die unerfreulichen Ereignisse der letzten Wochen dieser neugierigen Journalistin auf die Nase binden. Soweit kam es noch.
»Sie wissen aber schon, dass das meine Neugier nur anstachelt«, sagte Dana.
»Das ist Ihr Problem.«
»Also wirklich. Sie sind so zugeknöpft wie ein Wintermantel im Eissturm. Wenigstens ein kleines bisschen können Sie doch über sich verraten.«
»Damit ich es morgen in der Zeitung lese? Als pointenreiche Geschichte aufgepeppt?« Ellen schüttelte den Kopf. »Nein, danke.«
»Das trauen Sie mir zu?«
»Wundert Sie das etwa?«
Danas Gesicht zeigte eine Mischung aus Reue und Schalk. »Na ja«, meinte sie nur.
Ellen schaute auf Danas Pappteller, auf dem nur noch Saucenreste klebten. »Sind Sie fertig? Können wir weiter?« Sie wischte sich die Finger an der Papierserviette sauber und knüllte sie zusammen. Dana sammelte die Papp- und Papierreste zusammen und brachte sie zum Abfalleimer.
Die Fahrt zu Doktor Gruber dauerte eine knappe Viertelstunde. Er wohnte in einem Reihenhaus in einem der kleinen Vororte. Gruber war circa fünfunddreißig und sah nicht schlecht aus, allerdings merkte man ihm an, dass er in letzter Zeit wenig Schlaf bekommen hatte. Er wirkte grau und energielos. Von Kesslers Tod hatte auch er in der Zeitung gelesen, und das hatte, wie er selbst zugab, seinen Tag verschönt. Als Ellen Gruber auf die Szene in Kesslers Büro ansprach, schwollen die Adern auf dessen Schläfen an. Er stieß einen kräftigen Fluch aus. »Dieser Scheißkerl. Erst sorgt er mit einem falschen Anlagetipp dafür, dass meine finanziellen Nöte noch größer werden, und dann gibt er dieses lächerliche Angebot bei der Zwangsversteigerung ab. Ein Euro über dem Mindestgebot.«
»War Kessler denn der einzige Bieter?«
»Tja, ein Druckfehler in der Zeitung.« Verbitterung schwang in Grubers Stimme. »In der Bekanntmachung war der falsche Tag angegeben. Dienstag statt Montag. Blöd gelaufen.«
»Steckte Kessler dahinter?« Nach dem, was Ellen heute Vormittag schon gehört hatte, lag der Verdacht nahe.
»Ich konnte es ihm nicht beweisen. Auch das andere nicht.«
Ellen schaute fragend. »Was meinen Sie mit ›das andere‹?«
»Kessler hatte eine Vorbestellung für meine Villa. Er hat mich ausspioniert, meine Freundschaft gesucht und mich zielgerichtet ruiniert. Er war ein Schwein.«
Nun war Ellen doch einigermaßen sprachlos. »Eine Vorbestellung?«, wiederholte sie entgeistert.
»Ja«, bestätigte Gruber. »Wie beim Bäcker, wenn Sie eine größere Partie Brötchen ordern, wissen Sie. Nur statt Brötchen eine Gründerzeitvilla mit Landschaftsgarten.« Seine Stimme klang bitter.
»Da sind Sie sicher?«
»Allerdings. Kessler selbst rieb es mir selbstgefällig unter die Nase. Natürlich in Abwesenheit von Zeugen.«
Ellen schaute Dana an. Die war offensichtlich ebenso bestürzt; sie schüttelte mit dem Kopf. »Wie ging das Ganze denn vor sich?«, fragte Ellen.
»Ich hatte einen Golden Retriever, wissen Sie.« Gruber schluckte sichtlich bedrückt und atmete einmal tief durch. »Mein früherer Nachbar mochte keine Hunde. Er hatte schon öfter damit gedroht, meiner Stella den Hals umzudrehen. Sie büxte manchmal aus und durch die Hecke in seinen Garten. Eines Tages fand ich sie, tot. Rattengift. Natürlich ging ich davon aus, dass mein damaliger Nachbar meine Stella vergiftet hatte.«
»Wann kamen Ihnen Zweifel?«, fragte Dana.
»Erst viel später. Ich war ja so blöd.« Gruber ballte die Fäuste. »Heute bin ich mir sicher, dass Kessler dahintersteckte.«
»Was sollte es ihm nützen, Ihren Hund zu töten?« Ellen sah darin keinen Sinn.
»Wie gesagt, damals waren wir befreundet. Er wusste, wie sehr ich an Stella hing. Kurz
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