Partnerin wider Willen
ermahnte Ellen ihn. »Rück raus damit.«
»Kessler hatte Flunitrazepam im Blut. Das Zeug ist Bestandteil von Narkosemitteln. Wird von Bösewichtern gern auch als K.o.-Tropfen verwendet.«
»Kessler wurde also betäubt.«
»Genau. Und anschließend im Wasser abgeladen. Wo er dann ertrank.«
»Steht das fest?«
»Alles spricht dafür, meint der Doc.«
Ellen nickte. »Na gut. Dann wissen wir das schon mal.« Sie griente vor sich hin. »Tja, tut mir leid für dich, Kollege.«
»Wieso?« Marco klang verdutzt.
»Deine Lieblingstheorie hat damit einen Schönheitsfehler. Frau Kessler hätte ihrem Mann zwar die Tropfen in einen Drink geben, ihn aber kaum durch die Gegend schleppen können.«
Dafür wusste Marco eine einfache Lösung. »Sie kann einen Komplizen gehabt haben.«
Ellen feixte. »Du gibst nicht auf, was?«
»Nicht, dass ich an der Theorie hänge, aber widerlegt ist sie noch lange nicht«, erwiderte Marco. Dann kam er auf den Ausgangspunkt zurück: »Das war aber noch nicht alles vom Doc. Er hat die übrigen Verletzungen des Opfers genauer untersucht. Dabei fand er neben den Hämatomen eine Risswunde in der Innenhand. Und in der Wunde Farbabrieb. Mikroskopisch winzige, gelbe Partikel.«
»Irgendeine Idee, welchen Ursprungs?«
»Leider nicht. Er schickt eine Probe in die KTU.«
»Wäre ja auch zu schön gewesen«, seufzte Ellen.
Marco brummte so etwas wie Zustimmung. »Okay«, meinte er dann. »Ich kümmere mich jetzt um die Familie Kessler. Wann kommst du wieder rein?«
»Auf jeden Fall vor Feierabend. Dann stimmen wir uns ab.«
»In Ordnung.«
Ellen unterbrach die Verbindung. Automatisch wanderte ihr Blick wieder in den Rückspiegel. Für einen Moment war sie versucht, auf die Bremse zu treten. Dana würde ihr hintendrauf rauschen, sich ein paar ihrer Knochen brechen und die nächsten Wochen im Krankenhaus, oder zumindest zu Hause im Bett, verbringen. Wo sie keinen Schaden anrichten konnte.
Ellen erfreute sich einige Sekunden an der Vorstellung, verwarf die Durchführung der Idee aber schließlich schweren Herzens. So wenig sie Dana auch mochte – das war dann doch eine Spur zu drastisch. Mit etwas Glück würde die Journalistin der Sache ja müde, hoffte Ellen. Leuten immer wieder dieselben Fragen stellen, Aussagen vergleichen, Alibis überprüfen, das war langwierig und auf Dauer wenig aufregend. Vielleicht gab Dana Wegener sich ja morgen schon mit der Kurzfassung vom Tag zufrieden. Möglich auch, dass es dann bereits eine neue, spannendere Story gab. Allerdings brauchte es schon einiges, um einen Mord zu toppen. Zwei Ereignisse vom Format Superstory in einer Stadt wie Perleberg?
Ellen seufzte. Nein, eher unwahrscheinlich. Dana Wegener blieb ihr wohl noch eine Weile erhalten. Sie bog in die Lenzer Straße und parkte den Wagen direkt vor dem Gebäude von Kessler Immobilien. Danas Motorrad stoppte unmittelbar hinter ihr. Ellen stieg aus dem Wagen. »Zu Gerstäcker gehe ich allein rein«, sagte sie zu Dana, die gerade abstieg.
»Oh nein. Das ist nicht unsere Abmachung«, widersprach Dana sofort. »Ich komme mit, und zwar überall hin.«
»Aber Gerstäcker weiß, wer Sie sind«, widersprach Ellen. »Und ich wette, er hat Ihren heutigen Artikel gelesen. Wie erklären wir ihm unser gemeinsames Erscheinen?«
»Müssen wir das?«, fragte Dana schlicht.
Ellen versuchte ruhig zu bleiben. »Ich hole nur eine Liste«, sagte sie betont akzentuiert. »Sie verpassen nichts.«
»Das weiß man vorher nie«, meinte Dana lax.
»Dana!« Ellens unterdrückte Ungeduld schlug deutlich durch. »Übertreiben Sie es nicht.«
Doch Dana ließ sich nicht abwimmeln. »Ich traue Ihnen nicht. Sie verlassen das Gebäude vielleicht durch einen Nebeneingang und nehmen ein Taxi. Dann stehe ich dumm da.«
Ellen fasste sich gereizt an die Stirn. »Sie schaffen mich.«
»Falls Gerstäcker wirklich fragt, sage ich einfach, ich kann Sie nicht mehr aus den Augen lassen, weil mein Chefredakteur eine Fortsetzung von ›Kommissarin Knöllchen‹ von mir erwartet.« Dana grinste frech.
Ellen blitzte sie böse an. »Wehe.«
Dana lachte und folgte Ellen, die genervt davonstakte.
Auf Gerstäckers Liste standen fünf Namen. Der Computer im Büro, wo Ellen rasch anrief, brauchte nicht lange, um die neuen Anschriften der Personen zu finden. Sie fuhren die Adressen nacheinander ab.
Nummer eins war ein älteres Ehepaar, das sich beim Bau seines Hauses total übernommen hatte und noch während der Bauphase erkennen musste, dass
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