Partnerin wider Willen
aus und schlenderte zur Tür des Verlages. Durchs Fenster sah sie den verlassen daliegenden Büroraum. Nur probehalber drückte sie an der Klinke der Eingangstür – aber sie gab nach. Der pure Leichtsinn, dachte Ellen. Hier könnte jeder reinspazieren. Sie öffnete die Tür und ging an verwaisten Schreibtischen und Schränken vorbei zur Treppe, hoch in den ersten Stock. Kurz vor Danas Bürotür zögerte sie. Was mache ich hier, fragte sie sich erneut und verharrte. Mit einem Mal kam sie sich total blöd vor. Sie schüttelte den Kopf. In diesem Moment wurde die Tür von innen geöffnet. Dana trat heraus und lief fast in Ellen hinein.
»Hoppla«, rief Dana. »Welch’ Überraschung.« Sie machte einen Schritt zurück. »Was verschafft mir die Ehre? Es wird doch keine Sehnsucht sein?«
»Ich . . . wollte mich nur bedanken, dass es mit dem Foto so schnell ging«, war die einzige Erklärung, die Ellen so ad hoc einfiel.
»Oh, keine Ursache.« Dana schloss ihre Bürotür ab.
»Ich komme gerade aus Kesslers Stammrestaurant«, berichtete Ellen. »Es sieht so aus, als ob Frau Bergrath tatsächlich die Geliebte Kesslers gewesen ist.«
Dana zog den Schlüssel aus dem Schloss und ließ ihn in die Jackentasche gleiten. »Bringt uns das weiter?«
»Gruber steigt damit zum Hauptverdächtigen auf. Sein Alibi ist wacklig, und er hat gleich eine ganze Sammlung von Motiven. Erst ruiniert Kessler ihn, und dann spannt er ihm auch noch die Freundin aus.«
»Die nach Kesslers Ableben prompt zu Gruber zurückkehrt«, fügte Dana hinzu. Sie gingen gemeinsam den Flur zurück, durch den Ellen gerade gekommen war.
»Werden Sie ihn festnehmen?«, wollte Dana wissen. »Das wäre gut. Ich kann nicht die ganze Zeit nur schreiben, dass die Polizei ermittelt. Mal von einer Verhaftung zu berichten, würde wieder Schwung in die Sache bringen. Davon abgesehen, Grubers Geschichte geht an die Nieren.«
»Ihr Wunschkandidat?«
»Wie gesagt. Eine gute Geschichte.«
Sie durchquerten jetzt das leere Büro. An der Eingangstür drückte Dana an einem Codeschloss mehrere Zahlen, zog die Tür auf, schob Ellen hindurch und zog die Tür wieder hinter sich zu.
»Wir haben noch keine Handhabe gegen Gruber«, sagte Ellen draußen auf der Straße. »Ein starkes Motiv allein reicht nicht. Ihre Story muss warten.«
Dana schaute sie an. Ellen glaubte, sie wolle widersprechen. Aber zu ihrer Verwunderung hörte sie Dana sagen: »Schon was gegessen? Ich war gerade auf dem Weg. Gleich um die Ecke gibt es eine Pizzeria. Und dort schmeckt es richtig gut.«
Ellen konnte sich nicht recht entschließen.
»Ach, ich vergaß«, erinnerte sich Dana. »Meine Gesellschaft und Ihre Freizeit, das geht nicht zusammen.«
»Na ja«, räumte Ellen ein. »Ich war an dem Tag vielleicht ein wenig . . .« Wie sollte sie es nennen?
». . . Schlecht drauf?«
»Hm.«
»Und heute sind Sie besser gelaunt?«
»Eigentlich nicht«, gestand Ellen. Nach Brittas Anruf fühlte sie sich ziemlich mies. Sie wollte im Moment einfach nicht allein sein. Anders war es nicht zu erklären, dass sie hier stand und ernsthaft darüber nachdachte, mit Dana essen zu gehen. »Aber zur Abwechslung hat es mal nichts mit Ihnen zu tun.«
»Oh. Na dann.« Danas Blick ruhte fragend auf Ellen. »Pizza?«
Ellen nickte. »Pizza.«
Dana deutete nach links. »Es sind nur ein paar Schritte.«
Und tatsächlich. Kaum dass sie um die Ecke bogen, sah Ellen schon die Reklameleuchtschrift der Pizzeria. Sie lag höchstens fünfzig Meter die Straße hinauf. Gewohnheitsmäßig tasteten Ellens Augen die Umgebung ab. Dabei fiel ihr Augenmerk auf einen Mann, der aus einem parkenden Ford stieg. Eigentlich war an dem Mann nichts Besonderes – außer dass er in der Hand einen Müllbeutel hielt. Wer transportierte seinen Müll im Auto durch die Gegend und trug ihn dann auch noch spazieren?
Während Ellen sich noch wunderte, kam der Mann auf sie beide zu. Dann ging alles sehr schnell. Der Mann hob den Plastikbeutel, und seine rechte Hand schwenkte wie der Ausläufer eines Krans über Danas Kopf. Als sie dort ankam, griff die linke Hand unter den Müllbeutel und kippte ihn um. Die rechte Hand zog sich zurück, und der gesamte Inhalt des Beutels ergoss sich über Dana.
Danas Schrei, eine Mischung aus Schreck und Ekel, hing in der Luft. Gleichzeitig sprang sie reflexartig einen Schritt zurück, aber es war zu spät. Gurkenschalen, Bananenschalen, Salatblätter, gammlige Tomaten und Früchte waren schon auf sie
Weitere Kostenlose Bücher