Partnerin wider Willen
aufs Revier für seine Aussage.«
»Ja, gut. Ich werde dann auch da sein.« Ellen kam bei ihrem Wagen an und stieg ein. Auf dem Beifahrersitz lag die Düpow-Akte von Gerstäcker. Die würde sie jetzt noch schnell zu Dana bringen und dann zurück zur Dienststelle fahren. Was Marco da erzählt hatte, klang sehr interessant. Die Aussage von Ben Kessler wollte Ellen um keinen Preis verpassen. Kessler senior hatte über seine subtilen Methoden hinaus richtig Dreck am Stecken – und, wie es aussah, sogar fast wortwörtlich eine Leiche im Keller. Das würde noch spannend werden.
Dana war nicht im Verlag. Ellen hinterließ die Akte bei einem ihrer Kollegen. Wieder im Büro, fand sie eine Nachricht von der KTU vor, mit der Bitte um Rückruf.
»Was gibt es denn?«
»Der Doc hat uns eine Probe geschickt. Es handelt sich um den gelben Farbabrieb in Kesslers Handwunde.«
»Ja, und? Was habt ihr gefunden?«
»Spuren von Eisenglimmer, was darauf schließen lässt, dass es sich um Rostschutzfarbe handelt. Den Bericht schick ich dann noch rüber. Aber ich dachte, ich sag mal Bescheid.«
»Rostschutzfarbe«, wiederholte Ellen. »Gut. Noch weitere Hinweise?«
»Falls Sie damit meinen, wie das Zeug in die Wunde kam – das rauszufinden, ist Ihr Job. Aber wenn Sie mir eine Probe bringen, kann ich Ihnen sagen, ob diese zu den Spuren in der Wunde passt.«
»Danke.« Ellen legte auf. »Rostschutzfarbe«, murmelte sie. »Warum konnte es nicht Bootsfarbe sein. Das hätte wenigstens das Suchfeld eingeschränkt.«
Eine Stunde später traf Marco ein. Hinter ihm betrat Ben Kessler das Büro. Ellen bot ihm einen Sitzplatz und Kaffee an. Ihr Blick wanderte zu Marco. »Was gefunden?«
»Allerdings. Der Doktor und die Spurensicherung sind vor Ort.« Marco schaute verstohlen zu Kesslers Sohn. »War kein schöner Anblick.« Er stellte sich neben Ellen. »So, Herr Kessler, dann erzählen Sie noch mal, ganz ausführlich. Wie war das vor zehn Jahren?«
Ben Kessler fuhr sich nervös mit der Hand durchs Haar. Er brauchte ein paar Sekunden, um sich zu sammeln. »Ich war damals dreizehn«, begann er schließlich. »Es war Samstag, und mein Vater hatte mir versprochen, dass wir angeln fahren. Und dann kam ihm was dazwischen, was Geschäftliches.« Bens Stimme bekam einen bitteren Unterton. »Wieder mal. Er schob den Angelausflug zum x-ten Mal auf.« Die Bitterkeit wich Verärgerung. »Ich war sauer und wollte ihm den Termin irgendwie versauen. Eine Vorstellung davon, wie, hatte ich nicht. Ich schnappte mir einfach das Moped vom Gärtner und fuhr meinem Vater nach. Natürlich verlor ich den Anschluss an seinen BMW. Gerade wollte ich umkehren, als er plötzlich wieder auftauchte. Auf einem Rastplatz. Mein Vater stand neben einem Kleintransporter und sprach mit einem Mann – ich vermute, dem Fahrer. Ich war stinksauer. Was konnte es da draußen in der Einöde so Wichtiges zu besprechen geben?« Die Enttäuschung Ben Kesslers war auch nach so vielen Jahren noch spürbar. »Ich fuhr an dem Rastplatz vorbei, hielt in einiger Entfernung an, schlich mich zurück.« Ben machte eine Pause. Es fiel ihm offensichtlich schwer, weiterzuerzählen. »Auf dem Angelausflug wollte ich ein paar Fotos machen, deshalb hatte ich meine Kamera in der Jackentasche. Jetzt kam mir die Idee, Bilder damit zu machen, um meinen Vater später zur Rede zu stellen. Von wegen wichtiger Termin und so. Ich fotografierte ihn und den anderen Mann. Sie stiegen in das Innere des Wagens. Es verging eine Weile. Dann kamen sie wieder zum Vorschein, sahen sich merkwürdig unruhig um. Mein Vater gab dem anderen ein Zeichen, der schob was ziemlich Schweres heraus. Erst als sie den leblosen Körper an Armen und Beinen zwischen sich hielten, wurde mir klar, dass das ein Mensch war, den sie in den Wald schleppten. Ich schlich ihnen nach, knipste automatisch weiter, wie sie den Mann durch den Wald trugen und schließlich ablegten. Der andere Mann lief eilig zum Parkplatz zurück, keine fünf Meter an mir vorbei. Ich presste mich auf den Waldboden. Er kam mit einem Spaten wieder. Entsetzt wurde mir klar, dass sie einen Menschen vergraben würden. Ich rührte mich nicht, lag nur da, zitternd und nicht in der Lage, mich zu bewegen. Mein Vater und der andere Mann waren sicher schon eine halbe Stunde weg, als ich mich endlich traute aufzustehen. Immer noch zitterte ich am ganzen Körper. Ich glaube, ich stand mehrere Tage unter Schock.«
»Stellten Sie Ihren Vater zur Rede?«
»Nein. Ich war
Weitere Kostenlose Bücher