Partnerin wider Willen
Zeituhr. Der Code wird lediglich einmal die Woche geändert.«
»Das ist wenig hilfreich«, sagte Marco. »Wir brauchen die Namen aller Leute, die hier arbeiten.«
»Es sind nur noch ein paar Fliesenleger und Anstreicher am Werk. Ab und an ein Sanitätsinstallateur. Ich mache Ihnen eine Liste«, bot Lohmann an. »Dauert nicht lange. Ich könnte gleich . . .« Er wies mit dem Kopf zum Computer.
Ellen nickte. »Ja, danke. Das wäre nett.«
Während Lohmann am Computer saß, rückte Marco näher an Ellen heran. »Wenn der Tote ein illegaler Arbeiter ist, werden wir seinen Namen kaum auf der Liste finden«, flüsterte er.
»Schon klar. Aber ich habe ein komisches Gefühl. Einen illegalen Arbeiter auf so spektakuläre Weise zu entsorgen, wäre doch idiotisch. Den würde man irgendwo still und heimlich loswerden wollen. So wie den Mann damals vor zehn Jahren.«
»Stimmt«, musste Marco zugeben.
Lohmann kam wieder, und sie unterbrachen ihr Gespräch. Der Bauleiter gab Ellen einen Zettel. Die bedankte sich. »Wir kommen morgen wieder auf Sie zu, Herr Lohmann.« Wenn sie nach der Obduktion hoffentlich wussten, wer da im Keller gestorben war. Dann würden sie auch über die illegalen Arbeiter sprechen. »Für heute war’s das erst mal.«
Draußen hatten die Feuerwehrleute ihre Gerätschaften fertig zusammengepackt. Der erste der zwei Wagen fuhr bereits ab. Am anderen wurden gerade die letzten Klappen geschlossen. Ellen trat neben einen der Löschmänner. »Sagen Sie, wann ging eigentlich der Notruf in Ihrer Zentrale ein?«
»Neunzehn Uhr fünfundvierzig. Als wir hier ankamen, hatte sich der Brand bis in den Gang ausgebreitet. Gut, dass das Feuer kaum Nahrung fand, sonst wäre die Sache nicht so glimpflich abgegangen.«
»Glimpflich?« Für das Opfer war es nicht gerade glimpflich ausgegangen.
»Äh, ich meine . . .«, stotterte der Mann.
»Schon gut.« Ellen winkte ab. Sie trat vom Wagen zurück. Jemand tippte ihr von hinten auf die Schulter. Sie drehte sich um und schaute in Danas dunkle Augen. »Ich fahre jetzt auch. Danke fürs Essen. Und mach dir keine Sorgen wegen Kranz.«
Ellen nickte verdattert. Mit gemischten Gefühlen schaute sie Dana nach, die zu ihrem Motorrad ging.
»Ihr duzt euch?« Das war wieder Marco.
Ellen fuhr herum, blinzelte verwirrt. »Äh, na ja, unter Frauen«, stotterte sie.
Marco kniff die Augen zusammen. »Ihr werdet doch wohl nicht Freundinnen?«
»Das glaube ich kaum.«
»Na, dann ist ja gut.«
»Wieso? Was wäre denn so schlimm daran?«
Marco grunzte komisch. »Dass ich ausgerechnet dir das erklären muss. Du hast doch am eigenen Leib zu spüren bekommen, wie sie ist. Es gibt nichts, was sie nicht zu einer Schlagzeile umfunktioniert. Glaubst du, sie nimmt dabei Rücksicht auf Freundschaften?«
Ellen zögerte. Bis gestern hätte sie noch mit einem klaren Nein auf diese Frage geantwortet. Aber Dana hatte ihr versprochen, gerade eben wieder, dass sie ihr Wissen über sie, Ellen, nicht benutzen würde.
Mit einer unwirschen Handbewegung beendete Ellen das Thema. »Ist doch egal.«
Ein forschender Blick Marcos traf sie. Er sagte nichts mehr, aber Ellen konnte in seinem Gesicht deutliche Verwunderung lesen.
7.
D en Sonntag verbrachte Ellen mit Hausarbeit. Sie kam dabei kaum voran. Gerade wischte sie ein und dasselbe Fensterbrett zum dritten Mal ab. Vor Ellens Augen tauchten immer wieder die Bilder des gestrigen Abends auf. Dana, die ihr aufmerksam zuhörte und versprach, Kranz’ Attacke gegen sie auszubremsen. Dana, wie sie sie tröstend in die Arme nahm. Dana, die sie ungestüm küsste. Besonders diese Erinnerung hielt Ellen gefangen. Danas Lippen auf ihre gepresst. Ein Herz, das bis zum Hals schlug. Ihr eigenes Herz! Ellen runzelte unzufrieden die Stirn. Dana war eindeutig zu weit gegangen.
Aber Dana hatte sich auch entschuldigt und sogar diesen blöden Deal für ungültig erklärt. Ellen war zuversichtlich, dass damit mehr Ruhe in ihren Alltag einkehrte. Sie grinste in sich hinein. Sie hätte Dana früher diese Ohrfeige verpassen sollen. Die hatte ja eine durchschlagende Wirkung gehabt. Dana war geradezu geläutert, bettelte fast um Geduld und Nachsicht.
Na ja, nur um kurz darauf wieder in ihre übliche Rolle zu fallen: Fragen, Fragen, Fragen.
Dennoch fühlte Ellen eine Veränderung. Dana schien weniger aggressiv, sogar bereit, ein Nein zu akzeptieren. Vielleicht hatte sie sich deshalb hinreißen lassen, Dana ein paar Brocken Information hinzuwerfen. Nur unbedeutende
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