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Party Girl - Roman

Party Girl - Roman

Titel: Party Girl - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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er es auf dem Granittisch abstellte, hörte sie diesen leisen Ton von etwas Feinem, Empfindlichem, das
    gegen etwas Grobes stößt.
    »Das klingt schön«, flüsterte Mona.
    »Hey . . . ist doch normal«, murmelte Mirko.
    »Nein, ist es nicht. So was hat noch nie jemand zu mir ge sagt.«
    »Siehst du.« Mirko streichelte sie. »Da musste ich erst kommen.«
    Mona merkte, dass auf einmal aus dem Nichts Tränen in ihr hochstiegen. Ihre Augen quollen davon über und die Tränen rollten wie kleine gläserne Perlen über ihre Wangen, ihr Kinn. Mirko würde es jeden Augenblick bemerken, viel leicht hatte er es schon bemerkt.
    Das war so peinlich!
    Sie riss die Augen auf, stammelte irgendetwas und stürzte ins Bad. Sie schloss sich ein, lehnte sich gegen den Türrah men und legte ihre Hand auf das pochende Herz.
    Was ist mit mir los? , dachte sie.
    Dreh ich jetzt durch?
    Wieso heule ich?
    Sie ging zum Waschbecken und drehte den Wasserhahn auf. Sie ließ kaltes Wasser über ihr Gesicht laufen und spür te, wie die heißen Tränen sich mit dem Leitungswasser ver mischten.
    Gleich würde alles wieder gut sein.
    Aber dass er gesagt hatte »Ich glaube, ich muss auf dich aufpassen«, das hatte sie wirklich umgehauen. Das hatte sie sozusagen ohne Deckung erwischt.
    Wann hatte zuletzt jemand auf sie aufgepasst? Wann war sie von jemandem beschützt worden?
    Sie hatte sich, als sie klein war, immer einen großen Bru der gewünscht, jemand, von dem man sich etwas abgucken kann, der einen vor den feindseligen Kindern auf dem Spiel platz beschützt und im Kindergarten, so jemanden hatte sie sich gewünscht. Oder eine große Schwester, mit der man Dinge besprechen konnte, die man die Eltern nicht zu fra gen wagte. Stattdessen hatte sie ihren Vater gehabt. Aber als er gestorben war, hatte sie sich so hilflos und ungeschützt gefühlt, hatte sich zu Hause vergraben und kaum gewagt, auf die Straße zu gehen.
    Ich bin ein vaterloses Kind!
    Sie hatte geglaubt, man würde es ihr an der Nasenspitze ansehen. Sie hatte sich stundenlang im Spiegel betrachtet und auf Merkmale gewartet, die zeigten: So sieht jemand aus, der keinen Vater mehr hat, keinen, der einen be schützt.
    Und Charlotte war so beschäftigt gewesen mit ihrer eige nen Trauer und dem Schmutzskandal in der Presse, dass sie nicht auf Mona achten konnte.
    Dass sie sich so elend fühlte, hatte ihr Angst gemacht, und diese Angst war immer größer geworden.
    Sie dachte, während sie jetzt ihr Gesicht abtrocknete, wie tapfer sie die ganzen Jahre gewesen war. Obwohl sie so viel vermisst hatte. Aber sie hatte ihrer Mutter nie etwas vorge weint.
    Wenn Charlotte gesagt hatte: »Du bist meine Große. Du bist mein großes, starkes Mädchen«, hätte sie jedes Mal am
    liebsten gerufen: »Ich bin nicht groß! Ich bin nicht stark!«
    Aber sie hatte es nie gesagt.
    Sie hängte das Handtuch wieder über den Handtuchhal ter, bürstete ihre Haare und ging zurück.
    Mirko saß im Wohnzimmer und telefonierte. Er hatte ihr den Rücken zugedreht. Im Fernsehen lief der Sportkanal. Fußball.
    »Kann ich noch nicht sagen«, sagte Mirko. »Vielleicht in ein, zwei Stunden. Mein Gott, so lange kannst du ja wohl schon noch warten. Du kriegst Bescheid. Ja, es ist genug da. Komm runter, Bobo! Ich hab dich auf der Liste. Ich vergess dich schon nicht.« Er klappte das Handy zu, steckte es in die Hosentasche und drehte sich um.
    Wenn er überrascht war, dass Mona plötzlich wieder mit ten im Raum stand, so zeigte er es nicht.
    »Alles okay?«, fragte er.
    Sie nickte, ging zum Sofa und kuschelte sich in die Ecke. »Fußball«, sagte sie.
    »Ich kann’s auch ausmachen.«
    »Nein, nein, ist okay. Wer spielt denn?«
    Das Telefon klingelte.
    Beide zuckten zusammen.
    »Euer Telefon?«, fragte Mirko. Er drehte den Ton leiser, während Mona das Telefon unter den Kissen suchte. Das Telefon war aus irgendwelchen Gründen immer unter ir gendeinem Kissen. Sie telefonierte am liebsten auf dem So fa.
    Es war ihre Mutter. Charlotte rief aus dem Hotelzimmer an. Sie hatte an diesem Abend in Prag einen Nachtdreh und es war gut, sagte sie, dass Mona doch nicht gekommen sei, denn alles liefe ziemlich chaotisch ab und die beiden Mäd chen, die ihre Kinder spielten, seien glatte Fehlbesetzun gen. »Sie sehen mir kein bisschen ähnlich!«, rief sie aufge bracht. »Das glaubt kein Mensch, dass das meine Töchter sein sollen! Ich hatte deswegen einen Riesenkrach mit Jeff, aber er sagt, auf der Leinwand später würde man das gar nicht mehr

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