Party Girl - Roman
dachte: Du lügst, du hast es keinen Augenblick vergessen, du hast das immer gewusst.
»Ich hab sie mal zufällig gesehen, im Fernsehen«, sagte Mirko. »Meine Mutter findet sie gut. Richtig klasse sogar.« Er lachte in sich hinein. »Wenn meine Mutter wüsste, dass ich hier bin, würde sie mir sofort sagen, ich solle ihr ein Au togramm besorgen.«
»Kein Problem.« Mona lächelte, lief ins Büro ihrer Mutter und nahm eine Karte vom Stapel. Mit der Autogrammkarte in der Hand kehrte sie wieder zurück. Mirko hatte sich nicht bewegt. Er saß auf dem Fußboden, mit angezogenen Knien. Er nahm die Karte, schaute sie einen Augenblick stumm an und legte sie weg. »Nee, lass man«, sagte er, »die Filme, in denen deine Mutter spielt, gehen mir am Arsch vorbei.«
Mona wurde rot. »Du musst sie ja nicht gucken!«, sagte sie ärgerlich.
»Richtig. Ich zapp dann ja auch weiter.«
»Du guckst wahrscheinlich lieber diesen Actionscheiß auf den Privatsendern«, sagte Mona, »wo sie immer Autos und Häuser und Schiffe in die Luft jagen. Und wo die Filme kei ne Handlung haben, Hauptsache Gewalt.«
»Richtig«, sagte Mirko fröhlich. »Früher habe ich gedacht, ich würde mal Stuntman. Aber das ständige Trainieren fin de ich ziemlich langweilig. Und als Stuntman verdient man auch nie die richtig große Kohle. Deine Mutter macht es richtig.« Er redete mit ausladenden Bewegungen. »So eine Wohnung hab ich später auch. Mindestens so groß. Mit ei nem Flatscreen und dem ganzen Technikscheiß, der hier eingebaut ist. Nur auf diese ganze Sicherheitsnummer kann ich gut verzichten, die ist doch kacke.«
»Wieso?«
»Na ja, wenn einer hier reinkommen will, kommt er so wieso rein.«
»Bisher ist aber noch keiner reingekommen.«
Mirko trank seinen ersten Schluck Jasmintee. Er zog eine Grimasse und ließ fast den Becher fallen. »Schmeckt das ekelhaft! Sorry, aber den krieg ich nicht runter. Jetzt könnte ich doch einen kleinen Wodka vertragen.«
Er wartete nicht ab, was sie sagte. Er stand einfach auf, öff nete die Tür zum Flur und schlenderte ins Wohnzimmer. Hob eine Karaffe nach der anderen hoch und studierte die Etiketts. Er drehte sich zu Mona um. »Und Gläser?«
Mona brachte ihm ein Glas, er schüttete sich eine Dau menbreite Wodka ein. Das war okay. Wenn er sich das Glas vollgeschüttet hätte, wäre Mona ausgerastet.
»Du nichts?«
Er schwenkte die Flasche. Mona schüttelte den Kopf.
»Komm, alleine trinken ist langweilig.«
Mona zögerte. Im Kühlschrank waren angebrochene Weinflaschen.
»Ich könnte mir ein Glas Wein holen«, sagte sie.
Mirko lachte. »Du bist süß«, sagte er. Er legte seinen Arm um ihre Schulter und ging mit ihr in die Küche. Er rührte seinen Drink nicht an, bis sie ihren Wein eingeschenkt hat te, dann stieß er mit ihr an.
»Ich hab das Gefühl«, sagte er und lächelte, »dass wir eine verdammt gute Zeit miteinander haben werden.« Er nahm einen kräftigen Schluck, sie nippte nur an ihrem Glas. Sie würde auf keinen Fall zulassen, dass sie sich betranken.
»Weißt du, was?«, sagte er, als er einen zweiten Schluck genommen hatte. »Ich hatte schon so ein Gefühl, als ich dich das erste Mal gesehen hab.«
»Als du mir vor zwei Wochen ein Bein gestellt hast?«, fragte Mona.
Mirko lachte. »Nee, vorher. Schon im Juli. In der U-Bahn. Du bist am Marienplatz in die U3 gestiegen. Das war ein knallheißer Tag. Alle Mädchen liefen in tief ausgeschnitte nen Tops und Miniröcken rum, nackte Beine, nackte Schul tern, bloß du hast ein graues T-Shirt getragen und Jeans. Das fiel richtig auf. Du warst die einzig interessante Frau zwischen all den Anziehpüppchen.«
Er trank noch einen Schluck.
»Du bist an der Universität wieder raus. Ich wollte eigent lich weiter, aber du hast mich irgendwie neugierig gemacht. Ich bin dir nach. Durch den Hofgarten, an die Isar. Bis hier her.«
Mona konnte es nicht glauben. »Du hast mich durch die halbe Stadt verfolgt?«
Mirko grinste. »Wenn du gehst, merkst du überhaupt nicht, was um dich rum passiert. Du merkst nicht mal, wenn dich jemand verfolgt, oder? Man kann dir sogar ein Bein stellen und du siehst das nicht!«
Er kam nah an sie heran und Mona hatte einen Moment lang Angst, dass der Wodkageruch ihr Übelkeit verursachen würde. Aber er roch wie das letzte Mal. Er roch gut. Seine Augen waren wie dunkler Samt.
»Da dachte ich«, sagte er leise, »dass ich auf dich aufpas sen muss.«
Mona schloss die Augen. Er nahm ihr das Glas aus der Hand, und als
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