Party Girl - Roman
Mona.
Mona öffnete die Augen, sah, dass der Morgen schon dämmerte, und vor dem blassen Himmel ein rundes, freundliches Gesicht mit einer Knollennase, Schnurrbart und weißen Haaren, die nach allen Seiten abstanden. Sie ki cherte. »Du siehst aus wie der Weihnachtsmann im Som mer.«
Der Taxifahrer hielt sie an den Schultern fest. Er fasste sie jetzt etwas härter an, als wolle er sie zur Besinnung bringen.
»Schau dich um. Ist das deine Wohnung?«
»Mann, klar ist das ihre Wohnung. Was soll das? Sie kön nen gehen!« Mirko versuchte, den Taxifahrer zur Seite zu schieben, aber der ließ nicht locker.
»Alles in Ordnung zwischen dir und ihm?«, fragte er.
»Ich hab gesagt, hau ab!«, knurrte Mirko. Er zog den Mann von Mona weg. Mona kicherte. Es war komisch, dass zwei Männer sich um sie stritten.
»Jaja«, sagte sie mit wedelnden Armen, »alles in Ordnung, ich wohne hier.«
»Du hast dein Geld, also verschwinde, Mann!« Mirko schob den Fahrer zu dem Wagen zurück, der mit laufendem Motor und offenen Türen am Bordstein parkte.
Mona winkte. »Tschüss! Du bist süß!«
»Ich hab eine Enkeltochter in deinem Alter!«, rief der Fahrer. »Ich mach mir halt Sorgen!«
»Musst du nicht!«, rief Mona. »Alles ist gut!«
Sie warteten, bis der Fahrer den Wagen angelassen hatte und langsam davonfuhr.
Mona streckte Mirko die Arme hin. »Hilfst du mir hoch?«, murmelte sie. »Ich weiß nicht, was mit meinen Bei nen los ist. Reines Gummi.«
Mirko beugte sich zu ihr, legte ihre Arme um seinen Hals und schleifte sie zur Haustür hoch.
»Dein Schlüssel«, sagte er.
»In meiner Tasche.« Mona hob den Arm, damit er besser in ihre Jackentasche greifen konnte.
»Da sind zwei Schlüssel«, sagte Mirko. »Sehen total iden tisch aus.«
»Sind sie auch«, sagte Mona. »Der eine ist der Ersatz schlüssel, den muss ich mal abmachen und irgendwo sicher verstauen.«
Sie dachte einen Augenblick, wie schlau es von ihr gewesen war, keine Tasche mitzunehmen, bestimmt hätte sie die längst irgendwo liegen gelassen. Sie stellte sich vor, dass sie ohne Schlüssel hier angekommen wäre. Keine Chance, in die Wohnung zu kommen, bis Montag, wenn Fernanda wieder auftauchte. Ihr Handy mit Fernandas Nummer hatte sie ausgestellt und in der Wohnung zurückgelassen.
Mirko drückte die schwere Eingangstür auf.
Mona kroch auf allen vieren hinein, über den steinernen Fußboden bis zum Treppenabsatz. Sie zog sich an der Ba lustrade hoch und blieb einen Augenblick mit geschlosse nen Augen stehen, um ihr Gleichgewicht zu finden.
Mirko hatte die Haustür zugedrückt und war jetzt wieder neben ihr, legte seinen Arm um ihre Taille und half ihr Stu fe für Stufe nach oben. Auf jedem Absatz mussten sie eine Pause machen. Mona hatte das Gefühl, dass sie in ihrem Le ben noch nie so viele Stufen hatte bewältigen müssen.
»Ist ja eine Himmelsleiter«, murmelte sie.
»Ja«, entgegnete Mirko trocken, »führt direkt ins Para dies.«
Mona musste darüber so lachen, dass sie auf der Stelle umkippte. Mirko stöhnte auf.
»’tschuldigung«, sagte Mona, als sie ihre Arme wieder um seinen Hals legte, »ich bin schwer wie ein Sack, oder? Mor gen ess ich nichts. Ab sofort mach ich Diät. Nächstes Mal bin ich so leicht wie eine Feder.«
»Nächstes Mal gehst du schön auf deinen eigenen Bei nen«, murmelte Mirko.
Mona kicherte. Sie fand alles, was Mirko sagte, extrem witzig. In ihrem Kopf drehte sich die Musik von der Party auf silbernen Scheiben. Vor ihren Augen tanzten grüne und rote Kreise. Aber es war nicht schlimm. Eigentlich ging es ihr fabelhaft.
Im Treppenhaus war es vollkommen still, aus den ande ren Wohnungen drang kein Geräusch.
»Die pennen alle«, murmelte Mona. »Kannst du dir das vorstellen? Die pennen in so einer Nacht! Hast du die Ster ne gesehen? Wie krass das war?«
Mirko unterbrach sie. »Bleib hier stehen.« Er drückte sie gegen die Wand neben ihrer Wohnungstür.
»Passen die Schlüssel auch für diese Tür?« Er hielt ihr den Schlüssel so nah vor die Augen, dass sie ihn dreifach sah.
Sie kicherte. »Ja, alle drei.«
Mirko schloss die Tür auf, drückte die Klinke herunter. Die Tür rührte sich nicht.
»Scheiße«, fluchte er. »Das geht nicht.«
Mona kicherte. »Der Code«, sagte sie. »Ohne den Code geht gar nichts.«
»Okay, wie ist der Code?«, fragte Mirko.
Mona runzelte die Stirn. Sie wusste, dass sie sich nicht vertun durfte mit der Zahlenreihe. Wenn man einmal die falsche Zahlenkombination eingab, blockierte
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