Party Girl - Roman
hinten. Jasper und Miriam saßen weiter vorne. Sie steckten die Köpfe zusammen. Verena hatte sich mit je mandem verabredet, sie war von der Villa Stuck aus zu Fuß weitergegangen.
Erst als der Bus schon fuhr, stand Jasper plötzlich auf. Monas Herz schlug, sie schaute auf den Boden. Aus dem Fenster. Wieder auf den Boden.
Jasper ließ sich neben sie auf den freien Sitz fallen. Er räusperte sich, er sprach, indem er die Hand vor den Mund hielt.
»Noch mal wegen eben«, sagte er.
»Ja?«, fragte Mona.
»Das ist garantiert kein Scheiß?«
»Was?«
»Die Elefanten. Die sind gut?«
»Würde ich sie sonst nehmen?«, gab Mona zurück. »Ich bin doch nicht lebensmüde.«
Jasper grinste. »Nee, so siehst du nicht aus.« Er musterte sie. »Dabei hätten Miri und ich geschworen, dass du clean bist.«
»Bin ich auch«, sagte Mona. »Ich nehm nur was, wenn es drauf ankommt.«
»Irgendwie kommt es immer öfter drauf an«, sagte Jasper. »Ich mach mir vor allen Dingen Sorgen um Miri.«
Er hielt die Hand immer noch vor den Mund, als habe er Angst, jemand könnte ihm von den Lippen ablesen, worü ber sie redeten.
»Du vertickst das Zeug?«, fragte er.
Mona nickte. Sie schaute aus dem Fenster.
»Und das ist echt kein Mist?«
Mona schaute weiter aus dem Fenster, so musste sie Jasper nicht in die Augen blicken. »Wir sehen uns doch jeden Tag«, sagte sie. »Da wär ich schön blöd, dir schlechtes Zeug anzudrehen, oder?«
Das war nicht schlecht, dachte sie. Wirklich nicht schlecht.
Jasper überlegte. Der Bus beschleunigte und Mona schau te aus dem Fenster. Bald würde sie an ihrer Haltestelle sein. Sie sagte nichts und Jasper schwieg.
Schließlich, als die Tivolibrücke schon in Sichtweite war, fragte er endlich: »Wie viel?«
»Fünf Euro pro Stück«, sagte Mona.
Die Ampel sprang auf Gelb. Der Busfahrer bremste ab. Die Ampel sprang auf Rot. Sie standen. Wieder ein paar Se kunden gewonnen.
»Das ist eigentlich der Rabatt für Stammkunden«, sagte Mona.
War sie das? Hatte sie das wirklich eben gesagt?
Stammkunden! Als wäre sie ein Dealer!
Der Bus fuhr wieder an.
»Und wie viel braucht man für eine Mathearbeit? Miri hat wirklich eine Scheißangst vor der Arbeit. Ich glaube, sie würde ruhiger werden, wenn sie das Zeug genommen hätte. Und wenn’s nur so eine Art Placeboeffekt ist, weißt du? Dass sie weiß, sie hat was genommen. Sie hat irgendetwas getan, um ihre Panik loszuwerden. Verstehst du?«
Mona nickte.
»Hast du das Zeug dabei?«
»Ja.« Mona ließ ihre Hand vorsichtig in die Jackentasche gleiten und fummelte mit den Fingern den Verschluss des Tütchens auf.
»Du willst sie also nur für Miri. Du selbst willst nichts?«
Jasper zögerte. »Na ja, mir würde es auch nicht schaden. Ich hab mir einen Spickzettel gemacht, aber wenn Treuchi mich mit dem erwischt...o.k., also dann für mich auch welche.«
Mona nickte.
»Super.« Er zog sein Portemonnaie raus, nahm zwei Zehn euroscheine und rollte sie zusammen.
Der Busfahrer rief die Station aus.
»Ich muss hier raus«, sagte Mona, als der Fahrer abbrems te und an die Bordsteinkante fuhr. Sie stand auf.
Sie schaute Jasper an und sah, dass er auf einmal Panik be kam. »Fahr noch eine Station mit!«, flehte er. »Bitte!«
Mona ließ sich wieder zurückfallen. Sie duckte sich hinter den Vordersitz, der leer war, klaubte aus der Tüte vier Pillen und zählte sie Jasper in die offene Hand.
Während der ganzen Zeit hatte sie Miriams Lockenkopf im Blick, Miriam schaute sich nicht ein einziges Mal zu ih nen um.
Jasper gab ihr das Geld. Mona ließ es in die andere Jacken tasche gleiten. So selbstverständlich, als habe sie in ihrem Leben noch nie etwas anderes getan.
Jasper sagte kein Wort mehr, sondern ging wieder nach vorn, setzte sich neben Miriam, schaute geradeaus. Auch Miriam schaute unverwandt geradeaus.
Die beiden sind auch Anfänger, dachte Mona und eine Welle der Zärtlichkeit durchfuhr sie, am liebsten wäre sie nach vorn gegangen und hätte Miriam und Jasper umarmt und ihnen erzählt, wie schlimm sie sich fühlte. Wie leer. Wie schwarz.
Aber sie blieb sitzen bis zur nächsten Haltestelle und stieg dann hinten aus.
Als der Bus an ihr vorbeifuhr, sah sie nicht auf.
Vor der Haustür parkte ein anthrazitfarbener SUV mit ge tönten Scheiben. Die hintere Tür war geöffnet und man konnte eine Reihe von Einkaufstüten sehen, alle fein säu berlich nebeneinander. Mona wusste, dass der SUV den Bielers gehörte. Sie hatte einmal beobachtet, wie
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