Party Prinzessin
– geradezu genial ! ›Zopf!‹ ist eine klassische Liebesgeschichte zwischen einem jungen Paar, das außerordentliche Schwierigkeiten bewältigen muss, bevor es endlich zusammenkommen kann. Was ›Zopf!‹ allerdings von herkömmlichen Musicals unterscheidet, ist der Umstand, dass die Handlung auf historischen Tatsachen beruht. Alles, was in diesem Stück passiert, hat sich tatsächlich so ereignet. Alles! ›Zopf!‹ beschreibt die Lebensgeschichte einer außergewöhnlichen jungen Frau, die, obwohl sie den Großteil ihres Lebens als gewöhnliche Bürgerliche verbracht hat, eines Tages zur Herrscherin über ein ganzes Volk aufstieg. Sie wurde gebeten, den Thron eines kleinen Landes zu besteigen, von dem ihr wahrscheinlich alle schon gehört habt: Genovia. Der Name dieses tapferen Mädchens? Nun, es handelt sich um keine Geringere als die großartige…«
Nein. O mein Gott, nein. Bitte, lieber Gott, mach, dass es nicht stimmt. Grandmère hat ein Musical über mich geschrieben. Über mein Leben. ICH MUSS STERBEN. ICH KANN MICH EINSARGEN LASSEN. ICH BIN SO WAS VON TOT…
»Rosagunde.«
Sekunde, wer? ROSAGUNDE?
»So ist es«, sagte Grandmère. »Rosagunde, die Ur-ur-urund-so-weiter-Großmutter der jetzigen Prinzessin, die im Angesicht tödlicher Gefahr unglaubliche Tapferkeit an den Tag legte und für ihre Bemühungen zuletzt mit dem Thron des Landes belohnt wurde, das wir heute als Genovia kennen und lieben.«
O. Mein. Gott. Grandmère hat ein Musical über das Leben meiner Urahnin Rosagunde geschrieben. UND SIE WILL ES AN UNSERER SCHULE AUFFÜHREN.
VOR ALLEN SCHÜLERN.
»Im Kern ist ›Zopf!‹ eine Liebesgeschichte. Aber die Geschichte der großen Rosagunde ist weit mehr als nur eine Romanze. Es handelt sich…« Grandmère machte eine Pause, aber weniger der dramatischen Wirkung wegen, als um einen Schluck aus dem Glas auf dem Tisch vor ihr zu nehmen, das eine durchsichtige Flüssigkeit enthielt. Wasser? Oder puren Wodka? Wir werden es nie erfahren. Es sei denn, ich gehe nach vorn und probiere davon. »Es ist – ein Musical!«
O. Mein. Gott. Grandmère hat ein Musical geschrieben, das auf der Lebensgeschichte meiner Urahnin Rosagunde beruht!
Die Sache ist die, ich liebe Musicals. »Die Schöne und das Biest« gehört zu meinen absoluten Lieblingsstücken und ist auch ein Musical.
Aber in diesem Musical geht es um einen Prinzen, der unter einem Zauberbann steht, und um eine kluge Schönheit, die trotzdem lernt, ihn zu lieben.
Und NICHT um einen adeligen Kriegsherrn und ein Mädchen, das ihn erwürgt.
Anscheinend war ich nicht die Einzige, der das sofort klar wurde, weil Lilly nämlich die Hand hob und rief:
»Entschuldigung!«
Grandmère sah irritiert aus. Sie ist es nicht gewohnt, mitten in einer Rede unterbrochen zu werden.
»Bitte hebt euch eure Fragen für hinterher auf«, sagte sie verärgert.
»Eure Hoheit.« Lilly ließ sich nicht beirren. »Wollen Sie uns damit sagen, dass es in ›Zopf!‹ um die Geschichte von Mias Ur-ur-ur-und-so-weiter-Großmutter Rosagunde geht, die im Jahr 568 gezwungen wurde, den westgotischen Kriegsherrn Albion zu heiraten, der Italien eroberte?«
Grandmère sah so gereizt aus wie Fat Louie, wenn ich keine Tunfischbrekkies mehr für ihn habe und ihm stattdessen irgendein anderes Katzenfutter geben muss.
»Genau das will ich euch damit sagen, ja«, sagte Grandmère schmallippig. »Wenn du mir jetzt erlauben würdest, fortzufahren?«
»Klar«, sagte Lilly. »Aber ein Musical? Über eine Frau, die einen Mann heiraten muss, der nicht nur ihren Vater ermordet, sondern sie in der Hochzeitsnacht auch noch gezwungen hat, aus dem Totenschädel ihres Vaters zu trinken, weshalb sie ihn im Schlaf erwürgt? Ich meine, ist das nicht ein bisschen krass für ein Musical?«
»Ach? Und ein Musical, das in einem Militärcamp im zweiten Weltkrieg spielt, ist nicht zu krass? Das fragliche Stück heißt ›South Pacific‹ und ist seit Jahrzehnten unglaublich erfolgreich.« Grandmère sah Lilly mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Und ein Musical über einen Bandenkrieg im New York der Fünfzigerjahre? Ich spreche von ›West Side Story‹…«
Alle im Saal begannen zu murmeln – außer Señor Eduardo, der anscheinend eingedöst war. Ich hab vorher noch nie darüber nachgedacht, aber Grandmère hat irgendwo Recht. Es gibt sehr viele Musicals, die ernste Untertöne haben, wenn man sich die Zeit nimmt, sie zu analysieren. Wenn man wollte, könnte man wahrscheinlich auch
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