Party Prinzessin
aufstand, als…
…der Typ entpuppte, der keinen Mais in seinem Chili mag.
Donnerstag, 4. März, in der Limousine auf dem Heimweg
Sie bestreitet es natürlich. Grandmère, meine ich. Dass sie dieses Theaterstück – Verzeihung, dieses MUSICAL – nur aufführen will, um sich bei John Paul Reynolds-Abernathy dem Dritten einzuschleimen, indem sie seinem Sohn die Hauptrolle gegeben hat.
Aber welches andere Motiv könnte sie sonst haben? Soll ich etwa wirklich glauben, sie täte es – wie sie behauptet –, um mir aus meiner Finanzkrise zu helfen, weil die Leute, um den kleinen von ihr geschriebenen Albtraum zu sehen, Eintritt zahlen müssen und ich die Einnahmen dafür verwenden darf, die leeren Kassen unserer SMV zu füllen?
Ja, klar.
Als das Casting beendet war, bin ich sofort zu ihr marschiert und hab ihr auf den Kopf zugesagt, wie peinlich mir das alles ist.
»Inwieweit bringe ich dich jetzt schon wieder in eine peinliche Situation, Amelia?«, fragte sie unschuldig, sobald alle weg waren und nur noch sie, ich, Lars und der Rest des Personals da waren – und Rommel und Señor Eduardo natürlich. Aber die schliefen beide. Schwer zu sagen, wer von ihnen lauter schnarchte.
»Weil du…« Ich hätte ihn beinahe »den Typen, der keinen Mais im Chili mag« genannt, biss mir aber noch rechtzeitig auf die Zunge. »Weil du John Paul Reynolds-Abernathy dem Vierten die Hauptrolle in deinem Theaterstück gibst, damit sein Vater in deiner Schuld steht und darauf verzichtet, die künstliche Insel Genovia zu kaufen! Ich weiß ganz genau, was du vorhast, Grandmère. Ich habe dieses Halbjahr Wirtschaft in der Schule und weiß alles über Knappheit und Nutzen und solche Sachen. Also gib es zu!«
»›Zopf!‹ ist ein Musical und kein Theaterstück«, war alles, was Grandmère dazu zu sagen hatte.
Aber mehr musste sie dazu auch nicht sagen. Ihr Schweigen sagte schon genug! John Paul Reynolds-Abernathy der Vierte wird benutzt!
Okay, ich gebe zu, dass er sich dessen nicht bewusst zu sein scheint. Und wenn doch, macht es ihm nicht sonderlich viel aus. Seltsamerweise wirkt der Typ, der keinen Mais in seinem Chili mag, abgesehen von seiner Abneigung gegen Getreidekörner nämlich ziemlich fröhlich. JP , wie er von Grandmère genannt werden wollte, ist mit seinen bestimmt ein Meter neunzig fast schon einschüchternd groß (er sieht ein bisschen so aus wie der Bodyguard, den Adam-nicht-mit-Alec-verwandt-Baldwin in »Die Schulhofratten von Chicago« spielt), und seine langen braunen Haare sind viel weniger strähnig und glänzen mehr, wenn sie nicht vom grellen Licht der wenig schmeichelhaften Leuchtröhren in der Cafeteria beschienen werden.
Und aus der Nähe betrachtet, hat JP erstaunlich blaue Augen. Ich konnte sie sogar aus allernächster Nähe betrachten, weil Grandmère uns die Szene vorspielen ließ, in der Rosagunde total ausrastet, weil sie Albion gerade erwürgt hat. Und dann stürmt Gustav ins Schlafzimmer, um seine Geliebte davor zu bewahren, von ihrem frisch gebackenen Gatten geschändet zu werden, nicht wissend, dass sie:
a) den Kerl betrunken gemacht hat, sodass er gar nicht mehr in der Lage ist, sie zu schänden,
– und –
b) ihn getötet hat, nachdem er durch die Unmengen von genovesischem Grappa, den sie ihm verabreicht hatte, ins Koma gefallen war.
Aber na ja. Besser spät als nie.
Ich hab keine Ahnung, weshalb Grandmère mich der Farce des Vorsprechens unterzogen hat, obwohl bestimmt schon feststeht, dass sie Gustav von JP spielen lassen wird (um sich bei seinem Vater einzuschleimen, wobei ich zugeben muss, dass JP wirklich gut war, sowohl schauspielerisch als auch gesanglich – sein »The Safety Dance« von den Men Without Hats war wirklich der Hammer) und die Rosagunde von Lilly. Lilly war eindeutig von allen Mädchen die beste (ihre Version von Garbages »Bad Boyfriend« hat den Saal fast zum Toben gebracht) und hat außerdem die meiste Schauspielerfahrung. Na ja, wegen ihrer Fernsehsendung, meine ich.
Außerdem hat sie Albion echt total überzeugend erwürgt – klar, wenn es an der AES jemanden gibt, dem man zutraut, einen Menschen mit einem Zopf zu erwürgen, dann ja wohl Lilly. Okay, und Amber Cheeseman.
Aber vor Lilly war erst mal ich mit Vorsingen dran.
Grandmère keifte die ganze Zeit: »Mehr Ausdruck, Amelia!« und »Dreh dem Publikum nicht den Rücken zu, Amelia! Dein Hinterteil ist nicht so ausdrucksstark wie dein Gesicht!« (was in der Reihe, in der meine Freunde saßen, mit lautem
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