Party Prinzessin
mal etwas sagen?«
»Was?«
»Für die Dauer der Proben zu ›Zopf!‹ setze ich den Prinzessunterricht aus. Wie findest du das?«
Man konnte am Ton ihrer Stimme hören, wie zufrieden sie mit sich war. Sie war sich so sicher, mich damit in der Hand zu haben.
Aber sie wusste nicht, dass meine Loyalität gegenüber meinen Freundinnen viel stärker ist als mein Hass auf den Prinzessunterricht!
»Netter Versuch«, sagte ich. »Aber ich lerne lieber, wie man in fünfzigtausend Sprachen ›Bitte reichen Sie mir die Butter‹ sagt, als dass ich tatenlos mit ansehe, wie Lilly die Rolle, die sie verdient, nicht bekommt.«
»Ach? Lilly ist mit ihrer Rolle nicht zufrieden?«, fragte Grandmère.
»Ganz genau! Sie ist von uns allen die beste Schauspielerin und sollte die Hauptrolle bekommen! Aber du hast ihr die bescheuerte Rolle von Albions Mätresse gegeben und da hat sie vielleicht gerade mal zwei Sätze zu sagen.«
»Im Theater gibt es keine kleinen Rollen, Amelia«, informierte mich Grandmère. »Nur kleine Geister.«
Hä? Ich verstand kein Wort.
»Ja, ja, alles klar, Grandmère«, sagte ich. »Wenn du nicht willst, dass dein Musical ein kompletter Reinfall wird, dann gib lieber Lilly die Hauptrolle. Sie…«
»Habe ich eigentlich schon erwähnt«, unterbrach Grandmère mich, »wie sehr es mich gefreut hat, deine kleine Freundin Amber Cheeseman kennen zu lernen?«
Mir gefror das Blut in den Adern. Ich blieb wie erstarrt vor der Tür zum T&B-Raum stehen und presste das Handy ans Ohr.
»W… was?«
»Ich frage mich, was Amber dazu sagen würde«, fuhr Grandmère fort, »wenn ich beiläufig fallen lassen würde, dass du das Geld für ihre Abschlussfeier für Recycling-Mülltonnen zum Fenster hinausgeworfen hast.«
Ich war zu geschockt, um etwas zu sagen. Ich stand einfach nur wie versteinert da, während Boris versuchte, sich mit seinem Geigenkasten an mir vorbeizuquetschen. »Äh, lässt du mich mal durch, Mia?«
»Grandmère!« Ich konnte kaum sprechen, weil meine Kehle plötzlich wie ausgetrocknet war. »Das würdest du nicht tun, oder?«
Ihre Antwort erschütterte mich bis ins Mark.
»Aber selbstverständlich würde ich das tun.«
GRANDMÈRE, wollte ich brüllen. DU KANNST DOCH DEINE EIGENE ENKELIN NICHT ERPRESSEN!!!!!!!!!!! WAS BIST DU BLOSS FÜR EIN MENSCH??????
Aber das konnte ich natürlich nicht. Brüllen, meine ich. Weil ich vor dem Klassenzimmer stand. Mit meinem Handy am Ohr. Auch wenn es T&B ist und alle in diesem Kurs sowieso komisch drauf sind, kann man nicht öffentlich so in Handys brüllen.
»Siehst du? Ich habe mir schon gedacht, dass das deine Meinung ändern würde«, schnurrte Grandmère. »Natürlich werde ich deiner Freundin gegenüber kein Wort über den desolaten Zustand eurer Finanzen verlieren. Aber du könntest mir helfen, mein kleines Immobilienproblem zu lösen, wenn du so freundlich wärst, in ›Zopf!‹ mitzuspielen. Weißt du, Amelia, als Rosagundes Nachfahrin kannst du der Rolle viel mehr Authentizität verleihen als deine Freundin – außerdem bist du wesentlich attraktiver als Lilly, die mich bei gewissem Licht immer an einen dieser Hunde mit den platten Schnauzen erinnert.«
An einen Mops! Und ich hab immer gedacht, das wäre nur mir aufgefallen!
»Ich sehe dich dann heute Nachmittag bei der Probe, Amelia«, trällerte Grandmère gut gelaunt. »Ach so, und du würdest gut daran tun, unsere Unterhaltung niemandem gegenüber zu erwähnen, insbesondere keine Einzelheiten darüber, weshalb es sich für dich lohnt, in meinem Musical mitzuspielen – und zwar niemandem gegenüber. NIEMANDEM, auch nicht deinem Vater. Verstanden?«
Dann legte sie auf.
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Ich fasse es nicht. Echt nicht. Klar, ich glaub, ganz tief drinnen hab ich es immer schon gespürt. Aber so offen hat sie es mir noch nie gezeigt.
Jetzt muss ich es mir wohl endlich eingestehen, weil es einfach die Wahrheit ist.
Meine Großmutter ist VON GRUND AUF BÖSE.
Welche Frau greift denn bitte auf Erpressung zurück, nur um ihre Enkelin dazu zu zwingen, ihr gefällig zu sein?
Ich weiß es: Eine Frau, die VON GRUND AUF BÖSE IST.
Oder eine Soziopathin. Das würde mich auch nicht überraschen. Sie weist alle klassischen Symptome auf. Außer dass sie nicht gegen Gesetze verstößt.
Na ja, vielleicht nicht gegen die Gesetze der Justiz, aber dafür bricht sie die Gesetze des moralischen Anstands. Und zwar STÄNDIG.
Nachdem ich das Handy weggesteckt hatte, ertappte ich Lilly dabei, wie sie mich
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