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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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drücken, um meine Reaktion zu überprüfen. Ich fragte mich, ob man den Teufel mit Beelzebub austreiben konnte, sprich: ob mir ein Abenteuer guttäte oder ob das ein Fehler mehr wäre. Da ich keine Antwort darauf fand, hörte ich auf, mir über das Problem Gedanken zu machen. Zumal es sehr gut sein konnte, daß sich Odile, kaum der Gefahr entronnen, wieder in der Gewalt hatte und nicht mehr das gleiche Interesse bekundete, mich in ihren Armen zu halten. Würde sie sich überhaupt erinnern, daß sie mich während der Landung, als die Maschine so stark vibrierte, daß man schon glaubte, sie werde mitten im Flug auseinanderbrechen, und ein Passagier weiter hinten schrie, wir würden es nicht schaffen, daß sie mich da fest umschlungen und eines ihrer Beine über meine gelegt hatte?
    Wir hatten ein paar Bungalows auf der Insel Kiowa gemietet, eine halbe Stunde von der Stadt entfernt. Es fiel ein sintflutartiger Regen, doch das brachte keinerlei Abkühlung, die Luft war feucht und drückend. Der Himmel war um fünf Uhr nachmittags pechschwarz. Die Straßen waren überschwemmt, man sah nichts. Jeder dachte nur noch daran, sich auf ein Bett zu werfen und nur darauf zu warten, daß die Badewanne vollief.
     
    Giuletta hielt seit bald einer halben Stunde das Badezimmer besetzt. Ich wußte, daß es nichts nutzen würde, gegen die Tür zu trommeln. Oli war zur Rezeption gegangen, um einige Formalitäten zu erledigen und Tische für den Abend zu reservieren. Sie rief mir durch die Tür zu: »Oh! Henri-John! Bitte, bist du so lieb und bringst mir meine Tasche?«
    Ich gab keine Antwort. Ich hatte Odiles Parfüm auf meinem Arm entdeckt und sog es einige Male ein, den Blick zur Decke gerichtet und den Kopf halb leer.
    »Och! Mein Gott! Biiiitte …!«
    In diesem Moment hörte es plötzlich auf zu regnen. Ich stand vom Bett auf, um mich an die breite Fensterfront zu stellen, und ich sah, daß der Himmel ein wenig aufriß, dicke Strahlen schienen hindurch, seltsame, buntschillernde Ströme von ungemein bezaubernder Wirkung. Auf den Tennisplätzen machten sich bereits einige Typen zu schaffen, sie falteten die Planen zusammen und zogen breite Gummirechen hinter sich her, während Männer und Frauen, weiß gekleidet, warteten.
    Ich ging raus, ohne ein Wort zu sagen. Ich ging auf das Licht zu, über Wege, die mit exotischen Pflanzen geschmückt waren, so als wären sie durch einen üppig wuchernden, aber rauh gepflegten Dschungel geschlagen, überquerte kleine, japanisch wirkende Brücken, zwinkerte mit den Augen, wenn mir eine mit Juwelen behängte Frau entgegenkam, und dankte den Typen vom Wachdienst, die ihren Walkie-Talkie abstellten, um mir einen guten Abend zu wünschen.
    Es gab einen riesigen Swimmingpool, blau und klar, wie’s das Herz begehrt, und von einer olympischen Bar flankiert. Man stieg drei Stufen hoch und entdeckte einen zweiten, ebenso großen, jedoch in Form einer Bohne. Der dritte war gigantisch. Ich hatte den Eindruck, es handele sich um ein Herz oder um ein Eishörnchen von der Größe eines Hauses. Obwohl das Gewitter gerade erst aufgehört hatte, war der Ort bereits wieder bevölkert und beinahe sämtliche Barhocker besetzt. Um das Meer zu sehen, mußte man noch ein paar Schritte weitergehen.
    Dort waren keine Scheinwerfer mehr, kein Mensch. Der Lärm der Brandung verschluckte die Musik, das Licht der Swimmingpools wagte sich nicht bis dorthin vor, und alles, was hinter meinem Rücken war, verschwand. Ich hockte mich eine Weile nieder und beobachtete die Strömungen, die Walzen, die diagonal brandeten, die Schaumlinien, die weiter draußen auseinanderbrachen, um erneut und endlos zu verschmelzen. Dann blickte ich zum Himmel auf – er war immer noch dunkel, blauviolett und erhob sich über dem Horizont in einem prachtvollen Berg von Wolken, eine gewaltiger und finsterer als die andere –, und da sah ich zum erstenmal den Flug der Pelikane.
    Finn hatte mir davon erzählt. Als wir eines Tages nach Nantucket gefahren waren, um das Boot eines Typen zurückzubringen, der eilig nach Boston geflogen war, hatte ich eine Bronzefigur gekauft, die einen dieser Vögel darstellte. Ich bin beileibe kein Sammler, und ich habe mich vor diesen Gegenständen, die einem das Leben vermiesen, immer gehütet, aber diesmal zögerte ich keine Sekunde. Wir kamen aus dem Whaling Museum, und ich wollte meinen Töchtern irgend etwas schicken. Ich hatte in einem Antiquitätenladen zwei schöne und grausige Harpunenspitzen ausgesucht, in

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