Pas de deux
Problem nachzudenken hätte mich sogleich davon abgebracht, irgend etwas zu unternehmen. Eine Frau willkommen zu heißen, die einem in die Arme fiel, war eine Sache, sie nach ihr auszustrecken, eine andere. Und allzuviel durfte man in dieser Hinsicht nicht von mir verlangen, ich steckte ein wenig in der Haut eines Rekonvaleszenten. Zum Glück hatte ich nicht den Eindruck, daß sie etwas von mir erwartete.
Die Terrasse auf der Rückseite meines Bungalows erstreckte sich ebenerdig bis zu einem dieser blühenden, mit Kanälen verbundenen Teiche, und Odile tauchte ihre Füße hinein, während ich unsere Drinks zubereitete. Ich hatte meine Zimmertür verschlossen, damit wir nicht gestört wurden, ein paar Moospflanzen auf das noch feuchte Holz verteilt und in einem Zug ein Fläschchen Southern Comfort gekippt, dessen drastische Wirkung mir bekannt war. Dann war ich mit zwei großen Gläsern Gin Tonic zu ihr zurückgekehrt, doch im letzten Moment hatte ich mich auf einen Schaukelstuhl abgesetzt.
Ich hatte kein Licht gemacht, zum einen wegen der Mücken. Es war warm. Ich hatte bemerkt, denn die Nacht war nicht ganz pechschwarz, daß über ihrer Oberlippe ein leichter Schweißfilm schimmerte. Das ließ mich keineswegs kalt. Ich ahnte, daß sie, wie alle Tänzerinnen, häßliche Füße hatte, doch dieses Problem hatte sie gelöst, indem sie sie in das dunkle Wasser streckte, und so bot sie mir zwei hübsch anzusehende Beine dar, die sich meinem Blick erst weit über den Knien entzogen.
Da war nichts, was mich hätte beunruhigen können. Vor Gaffern waren wir sicher – mein Zimmer lag zum Golfplatz hin, Loch 14, keine Menschenseele weit und breit, und dahinter erstreckte sich der Wald. Auch vor Giuletta waren wir sicher, für eine Schlüssellochguckerin war sie zu klein. Und ich weigerte mich, an Edith zu denken. Ich war nahe dran, sie für das, was zu passieren drohte, verantwortlich zu machen. Das erleichterte mir die Sache.
Ich witterte also keinerlei Gefahr. Ich wußte nicht genau, worüber wir redeten, aber ich beobachtete sie unentwegt, und ich fragte mich, wonach sie im Leben strebte und was sie gefunden hatte, und was für ein Mensch sie war, und was sie eigentlich dachte. Dann setzte ich mich neben sie, und ich streichelte ihren Arm, während sie von der unglaublichen Vielfalt der Azaleen schwärmte, die ihr bei ihren Spaziergängen am Abend aufgefallen war. Ich sagte: »Und die Gardenien erst …«, dabei beugte ich mich über ihre Lippen.
Mit himmlischer Langsamkeit sanken wir auf den Boden. Da ich ihn stets in der Tasche hatte, spürte ich, wie sich mein Pelikan in meinen Oberschenkel bohrte, aber ich litt schweigend.
Die Luft war so schwül, daß wir bereits schweißgebadet waren, bevor wir irgend etwas gemacht hatten. Ich knöpfte ihr Kleid weit auf, damit ihre Brust freier atmen konnte, und da ich nur den Arm auszustrecken brauchte, tunkte ich mein Taschentuch einen Moment lang ins Wasser, so daß es sich vollsaugen konnte, während sie an meinem Ohr knabberte. Dann drückte ich es oberhalb ihres Bauchs, der, nebenbei gesagt, flach und fest war, auf ihre Haut.
Sie wollte mehr davon. Nichts einfacher als das. Außerdem kühlte ich dabei meine Hand. Ich bewegte sogar mit den Fingerspitzen ein wenig das Wasser, gewahr werdend, daß ein leichtes Plätschern die Illusion einer noch größeren Behaglichkeit schuf, so als hörten wir Eiswürfel in einem Glas Pfefferminzsirup. Mein Taschentuch wanderte zwischen der Wasserfläche und ihren Brüsten, ihren Schenkeln, ihren Schläfen hin und her.
Schließlich rückte ich ihr ein wenig näher. Und hatte plötzlich das Gefühl, daß sie sich mir entwand. Sie schrie verwundert auf. Instinktiv, ohne zu wissen, was los war, umklammerte ich sie. Dann schrie sie entsetzt auf.
Im ersten Moment dachte ich, es handele sich um ein Krokodil. Dann erinnerte ich mich an eine Broschüre, die ich vor unserer Abreise durchgeblättert hatte, und ich erkannte, daß ich einen Alligator vor mir hatte.
Er war noch furchterregender als auf dem Foto, ein wahrer Albtraum. Halb dem Wasser entstiegen, über und über mit Wasserpflanzen behängt, hatte er nach Odiles Kleid geschnappt und zerrte mit seinem ganzen Gewicht daran.
Ich war schleunigst aufgesprungen und stemmte mich dagegen. Die Folge war, daß Odile den Bodenkontakt verlor. Sie rief um Hilfe, doch leider war die Gegend, wie ich kurz zuvor noch befriedigt vermerkt hatte, menschenleer, und mein Arm war nicht lang genug, um das
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