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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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versuchen, aufrichtig zu sein.
    Aufrichtig sein, das heißt als erstes, daß ich wirklich Lust dazu hatte, und es kann sein, daß ich die Sache beschönige, aber vielleicht ist das keine besonders schlaue Bemerkung, denn kann man Dinge durch Worte beschönigen, na ja, ich meine eine solche Sache?
    Er war sanft und nett. Wer sich nach einer Weile hat gehenlassen, das war ich, ich habe mich gewunden wie ein Aal, habe mich um ihn geschlungen wie eine Schlange. Ich wollte nicht, daß wir in eine Art Märchen tappen, von wegen Geigen im Mondschein usw., ich wollte nicht, daß wir wie die Kinder in unserer Rührung versinken, daß wir Händchen halten und seufzen und uns tief in die Augen schauen. So nicht, hatte ich mir geschworen. Ich wollte, daß das heftig und wortlos wird und sonst nichts. Ich dachte mir, wir könnten ein andermal darüber reden, wenn es Dinge gab, die wir einander zu sagen hatten. Aber in diesem Moment nicht. Noch bevor ich an seine Tür klopfte, wußte ich genau, wie weit ich gehen wollte und über welche Grenze ich mich auf keinen Fall fortreißen lassen würde. Es gibt ein bestimmtes Thema, das weigere ich mich anzuschneiden, weil es mich mehr oder weniger erschreckt, es regt mich auf und macht mir das Leben schwer. Deshalb habe ich mich auch wie ein Luchs vor jedem Leerlauf, vor jeder Pause gehütet, ich habe ihn zum Beispiel daran gehindert, mir über die Wange zu streicheln, ich habe seine Hand gepackt und woanders hingelegt. Ich würde sagen, ich bin gerade noch mal davongekommen. Es tut mir gut, wenn ich daran denke, es beruhigt mich, daß ich ihm nur reinen Sex und nichts anderes gegeben habe, sonst wäre ich jetzt vollends am Boden.
    Vielleicht kam alles von meiner Angst, mich zu weit fortreißen zu lassen. Und ich habe das Gefühl, was ich auf der einen Seite unterdrückt habe, hat sich auf der anderen Bahn gebrochen, das wäre nur natürlich.
    Ich wollte auch, daß es ihm im Gedächtnis bleibt. Ich wollte, daß er, wenn irgend möglich, den Appetit verliert, keinen Schlaf mehr findet. Und mir war klar, das würde nicht einfach sein, ich hatte mir selbst ein Handicap auferlegt, indem ich es nur aufs Bett abgesehen hatte. Also legte ich mich ins Zeug.
    Ich glaube, er hat schnell kapiert, was los war, daß wir nicht da waren, um Süßholz zu raspeln. Und da ich mich seit Tagen darauf vorbereitet hatte, war ich selbst in einem Zustand fortgeschrittener Erregung, wie ich es bislang seltenst erlebt habe. Ganz einfach, ich konnte nicht ruhig liegenbleiben, und ich war dermaßen nervös, daß ich ihm eher hinderlich war, als er anfing, seine Sachen auszuziehen.
    Ich habe darauf verzichtet, diese Nummer mit den besten Augenblicken zu vergleichen, die ich mit David erlebt habe. Ich habe hemmungslos gequiekt und gegrunzt, wo ich doch normalerweise eher zurückhaltend bin, und am Anfang hat mich das ein wenig überrascht. Doch dann haben mich diese merkwürdigen Geräusche begeistert, denn sie bestätigten mir, daß das Ganze aus dem Rahmen fiel und daß wir auf dem Weg waren, den ich mir erhofft hatte.
    Jedes bißchen Luft, das ich einatmete, verwandelte sich in ein Aphrodisiakum, mit anderen Worten: jede Minute, die verstrich, erhitzte mich ein wenig mehr. Was immer er tat, ich reagierte auf der Stelle. Wenn er meine Brüste berührte, wölbte ich mich ihm entgegen, wenn er bloß mit der Hand zwischen meine Beine ging, bebte ich am ganzen Körper. Corinne hatte mir zuweilen von einigen seltenen Erfahrungen erzählt, die sie gemacht habe.
    »Na ja«, hatte sie mir ins Ohr geflüstert, »stell dir einen seltsamen Traum vor, du bist du und doch nicht wirklich du selbst, du spürst ganz komische Dinge, das ist der Anfang, und dann fängst du an, ganz komische Sachen zu tun, na ja, äh … du weißt schon, was ich meine, du hast den Teufel im Leib, meine Beste, nicht mehr und nicht weniger!« Ich hatte immer gedacht, sie phantasiere. Ich hatte vielleicht nicht so viel Erfahrung wie sie, aber einiges wußte ich trotzdem. Ich gab zu, daß das sehr angenehm werden konnte, aber nicht so, daß man ausrastet. Ich ließ sie weiter mit ihren Geschichten herumspinnen, weil ich sie lustig fand. Ich fand das irre, so bescheuert und kindisch klang das.
    Ich habe mit voller Wucht zugeschlagen. Ich glaube nicht, daß mir nur die Wut eine solche Kraft verlieh. Ich glaube nicht, daß er einen Zusammenhang sah zwischen der Wucht meines Schlags und der Lust, die er mir verschafft hat. Als er sich mit einem befriedigten

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