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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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vor lauter Warten auf den günstigsten und entscheidenden Augenblick konnte ich mich nicht aufraffen. Um mich zu beruhigen, nahm ich mir vor, Ramona so viel zu entlocken, wie ich konnte, selbst wenn sie mir die wilden Umarmungen verweigerte, die wir einst hatten. Ich machte ein solches Theater, daß sie es nicht übers Herz brachte, mich wie einen armen Elenden wieder gehen zu lassen, sie wenigstens liebte mich, sie zumindest wollte, daß ich glücklich wurde und sonst nichts. Bislang hatte ich mich damit begnügt. Dank ihr war das Leben nicht die Hölle, konnte ich es mir leisten abzuwarten, interessierte sich mein Verstand zuweilen für etwas anderes. An den ersten schönen Tagen sprang ich auf ein Fahrrad, das ich selbst repariert hatte, ich fuhr in die Wälder und suchte mir eine Stelle, um ein wenig zu lesen oder zu träumen, denn meine Studie, obwohl es mir dann und wann noch gelang, sie zu vervollständigen – erst am Vorabend hatte ich herausgefunden, daß Karen ihrem Kind weiterhin die Brust gab, um ihren Uterus zu straffen … (?!) –, näherte sich trotz allem ihrem Ende.
    Ich hatte Oli erklärt, was in mir vorging. Ich hatte ihm gesagt, eines Tages werde er mich besser verstehen, letztlich werde er mir recht geben. »Ohne mich loben zu wollen«, hatte ich ihn aufgeklärt, »ich glaube, ich habe das Problem erkannt … Wenn man dabei nur bekloppt wird, dann sollen sie sich alle zum Teufel scheren! Ich will nichts mehr von diesem Stuß hören, ich will bloß von Zeit zu Zeit eine haben, ohne mir Gedanken machen zu müssen, ob ich im Krankenhaus lande oder mich mit einer Verrückten einlasse. Guck dir Alex an, er hatte recht … Meinst du, bei ihm nistet sich eine ein, frag ihn mal, ob es sich lohnt, sich das Leben schwerzumachen, nur um eine zu bumsen! Oli, sieh mich an, ich erzähl keinen Quatsch … Nun, ich kann dir im Moment nicht zuviel verraten, aber ich bin ziemlich optimistisch … Na ja, wenn da nur eine wäre, egal welche, die mir ihre Tür öffnet, ich weiß nicht, sagen wir einmal die Woche, und ich garantiere dir, du wirst nie hören, daß ich mehr verlange. Mein Freund, du würdest glauben, ich sei im Paradies, das schwöre ich dir! Und glaub mir, darüber hinaus wird es nichts geben, es wird niemals die Schwelle ihres Zimmers überschreiten, ansonsten auf Wiedersehen, Madame, ich darf mich empfehlen!«
    Olga fuhr einmal im Jahr aufs Land, um ihre Eltern zu besuchen. Sie blieb dort eine Nacht und kam am nächsten Morgen zurück. Ich dachte seit einigen Tagen darüber nach. Oli drängte mich, sie zu begleiten, aber ich wollte mich nicht hetzen lassen. Ich war mir bewußt, daß ich eine Art Gleichgewicht zwischen dem beruhigenden Nachsinnen über meine erotischen Projekte und den Häppchen, die mir Ramona gewährte, gefunden hatte. Nicht daß ich mich sträubte, meine Chance wahrzunehmen, aber ein klein bißchen Zögern hat noch niemanden umgebracht .
    Dann erfuhr ich, daß Edith und Oli einen Wochenendausflug planten. Und daß sich ein öder Samstag am Horizont abzeichnete, denn ich hatte die Wahl zwischen einem Abendessen in der Stadt – Georges hoffte etwas im ›Théâtre des Nations‹ zu ergattern – und einem Film von Claude Chabrol, und in beiden Fällen konnte ich sicher sein, mich tödlich zu langweilen.
    »Hat jemand Lust mitzukommen?«
    Am Abend vorher fragte sie regelmäßig, wenn auch ohne große Hoffnung, nach Freiwilligen. In den letzten Jahren drehten alle den Kopf weg, jeder hatte sich mindestens einmal geopfert und fühlte sich davon entbunden. Es gab auch kein Kind mehr, das frische Luft hätte gebrauchen können – Suzie, Karens Tochter, war noch ein ganz kleiner Wurm –, und Pferde, Kühe, Hühnerhof zogen nicht mehr. Zudem waren Olgas Eltern alt und stocktaub, und überall war Schlamm, und dazu die Schweine, und die Betten waren feucht, und in der ganzen Bude roch es nach Molkerei und auch nach verbranntem Holz, eine restlos widerliche Mischung, und dann mußte man sich zu Tisch setzen, als ob nichts wäre, nachdem man sich die Hände mit eiskaltem Wasser und einem alten Stück Kernseife, schwarz, rissig, abstoßend, gewaschen hatte, und so weiter und so fort.
    »Ach so … Na ja, warum nicht … Es ist lang her«, hörte ich mich antworten.
    Noch im Zug konnte sie es kaum fassen, meine Begleitung machte sie richtig fidel.
    »Wir werden Äpfel pflücken!«
    »Au ja! Gute Idee!« trumpfte ich auf.
    » Und wir machen Eierkuchen mit Kirschen …«
    »Hand drauf! Ich

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