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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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gegangen und hatten ein paar Bücher gekauft, und dabei war mir dieser Gedanke allmählich gekommen. Zunächst hatte ich mir gesagt, es gebe nichts Dümmeres, doch dann war ich nach und nach weich geworden, und schließlich hatte ich mich der vagen Hoffnung ergeben, sie zu sehen.
    Wir fuhren Richtung Südost. Georges hatte diesen Besitz am Rand des Forêt de Meudon vor ungefähr zwanzig Jahren gekauft, kurz nachdem ihm die Jungfrau Maria erschienen war und ihn auf seine Verfehlungen hingewiesen hatte. Er hatte damals gehofft, Edith und ich würden ebenfalls dort einziehen – wir hatten tatsächlich achtzehn Monate darin gewohnt – und bis zu seinem Tod mit ihm zusammenleben. Aber unter diesen Umständen wäre ich früher gestorben als er.
    Als wir vor der Freitreppe anhielten, spürte ich plötzlich, Oli hatte recht, das war eine Schnapsidee. Ich stieg trotzdem aus. Wir schauten uns an. Dann betrachtete ich die Fenster der Fassade, doch kein Vorhang rührte sich.
    »Na komm, stehen wir nicht rum wie die Ölgötzen«, meinte er in scherzendem, wenngleich etwas beunruhigtem Tonfall.
    Ich blickte ihn erneut an. Wir hatten uns beide so oft geirrt.
    »Mmm … Ich glaube, ich hätte auf dich hören sollen. Ich weiß nicht, was ich mir vorgestellt habe, aber ich merke, daß ich hier fehl am Platz bin. Das war nicht gerade ein Geistesblitz, oder?«
    Da er sich nicht dazu entschließen konnte, mich als Schwachkopf zu bezeichnen, bat ich ihn, den Mädchen zu sagen, daß ich auf sie wartete. Er tippte mit der Spitze seines Stocks gegen meinen Arm, dann wandte er sich um und entfernte sich mit jenem steifen Gang, den ihm die Quasi-Verkrüppelung seines linken Beins auferlegte.
    Georges war mittlerweile zweiundsiebzig. Er war zwar ein wenig vom Alter gebeugt, hatte sich aber eine gewisse Haltung bewahrt. Von seiner Magerkeit – er war Vegetarier geworden – und den silbergrauen Haaren abgesehen, hatte er sich kaum verändert. Sein Blick war mir stets ein wenig ordinär vorgekommen. Strahlten seine Augen heute heller, oder verlieh ihnen die Blässe seines ausgemergelten Gesichts diesen Glanz?
    Er war ganz in Weiß, und trotz der Hitze waren sein Kragen und die Ärmel seines Hemds zugeknöpft. Er warf seine Zigarette vor unsere Füße.
    »Verdammt noch mal, Henri-John! Du bist ganz schön dreist!«
    »Ich bitte dich … Lassen wir das.«
    »Also ehrlich, bist du dermaßen stolz auf dich, daß du dich nach allem, was du verbrochen hast, am hellichten Tag hierher wagst?! Du bist in diesem Haus nicht willkommen, mein Freund, laß dir das gesagt sein!«
    »Keine Bange. Ich hatte nicht die Absicht, bei dir einzudringen.«
    »Na, ein Glück! Los, hau ab, ich möchte mal gern wissen, worauf du noch wartest.«
    »Ich warte auf meine Töchter.«
    »Auf deine Töchter? Du elender Kerl, auf deine Töchter. Du hast deine Familie zerstört, weißt du das? Die Russen stehen vor der Tür, die Juden und Freimaurer haben unser ganzes Land verscherbelt, und du hast nichts Besseres zu tun, als den Schwur zu verhöhnen, den du vor Gott abgelegt hast! Na gut, bravo, Glückwunsch! In dieser Zeit, wo wir wild entschlossen zusammenhalten müßten, wo die Familie der einzige Stein ist, mit dem wir etwas wiederaufbauen könnten, läßt du dich mit der erstbesten Nutte ein! ›Wer eine Mauer niederreißt, kann von einer Schlange gebissen werden.‹ Das kannst du im Buch des Predigers Salomo nachlesen!«
    »Sehr gut, ich werde es tun. Ich liebe vor allem die Stelle, wo es heißt: ›Die Frau ist bitterer als der Tod. Ich habe einen Mann unter tausend, aber keine Frau unter allen gefunden‹. Ich bewundere einen Kerl, der so etwas sagt und sich dabei einen ganzen Harem hält. Salomo könnte gut in einem Film von Woody Allen auftreten.«
    »Nun denn, wisse, daß ich deiner Mutter einen langen Brief geschrieben habe, um ihr die Situation zu erklären. Es soll alles ganz klar sein. Geh jetzt, wir haben einander nichts mehr zu sagen.«
    Nach diesen Worten machte er kehrt. Vor der untersten Stufe angelangt, wandte er sich um und verkündete mir, daß er für mein Seelenheil bete und daß eine aufrichtige Reue meinerseits das Wohlgefallen des Herrn fände, und er fügte hinzu: »Weißt du, Henri-John, ich hätte mit meinem eigenen Sohn keine Nachsicht, wenn er sich so verhalten hätte wie du.«
    »Georges, laß dich nicht von deinen Gefühlen übermannen«, rief ich ihm zu.
    Aber ich bezweifelte selbst, daß in diesem Punkt noch irgendeine Gefahr bestand. Er

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